Charlie + Leo
ich ihr. Sie würde mich nicht verraten, das spüre ich.
»Auch Leo nicht?«, frage ich vorsichtig. Sicher ist sicher.
»Nein«, antwortet sie. »Natürlich nich t … versprochen.«
Es entsteht eine kleine Pause, in der wir uns beide etwas verlegen ansehen.
»Du mags t … sie seh r … oder?«, sagt Marie schließlich.
Ich nicke.
»Woher weißt du das?«, frage ich.
»Da s … sieht man«, antwortet sie. »Du drehst dic h … sehr of t … zu uns u m … Und da s … machst d u … bestimmt nich t … wegen mi r … Du beobachtes t … sie.«
»Oje«, seufze ich. »Ist das so offensichtlich?«
»Keine Sorg e … Ich glaube nich t … dass sie e s … gemerkt hat.«
Na, das ist doch beruhigend. Oder auch nicht. Ich meine, ich bin natürlich froh, dass Leo nichts davon gemerkt hat, aber das heißt ja gleichzeitig auch, dass sie mich bis jetzt überhaupt nicht bemerkt hat, und das ist wiederum kein gutes Zeichen.
»Ich mag sie auc h … irgendwie«, sagt Marie. »Auch wenn si e … ein Miststück ist.«
Ich muss lachen, weil ich noch nie gehört habe, wie Marie ein Schimpfwort benutzt.
»Was hat sie denn gemacht?«, frage ich grinsend.
»Vorhi n … bei de r … Klassensprecherwahl«, fängt sie an zu erzählen. »Da wollte ich j a … erst nich t … Und dann hat si e … zu mir gesag t … dass ich die Wah l … annehmen sol l … Das würde ic h … schon schaffe n … hat sie gesag t … Und dass si e … mir helfen würd e … wenn mich jeman d … auslacht ode r … blöd anmacht.«
Ich wusste es. Das schönste, schlechtgelaunteste Mädchen der Welt hat eine sehr liebenswürdige Ader. Harte Schale, weicher Kern. Und wieder bin ich noch ein bisschen mehr in sie verliebt. Aber weshalb Marie sie als Miststück bezeichnet hat, ist mir noch nicht so ganz klar.
»Ja, aber das war doch ziemlich cool von ihr«, wundere ich mich.
»J a … fand ich auch«, sagt Marie. »Aber als ich mic h … dann immer noch nich t … getraut hab e … hat sie gesag t … wenn ich die Wah l … nicht annehm e … dann schüttet sie mi r … jeden Morge n … Niespulve r … in meine Tüte.«
Ich versuche es zu unterdrücken, muss aber trotzdem ein bisschen lachen. Die Vorstellung, wie Marie in ihre Tüte niest, ist einfach zu witzig.
»Sorry«, sage ich entschuldigend. »Das ist natürlich ganz schön fies.«
»Ja«, sagt Marie und lächelt. »Aber lusti g … ist es auc h … Du kannst als o … ruhig lachen.«
Wir lachen beide, bis der Gong uns daran erinnert, dass die nächste Stunde beginnt.
Marie steckt ihre Tüte zurück in die Tasche und ich bin ein bisschen stolz darauf. Ich jage ihr offenbar keine Panik mehr ein, das ist schön. Und sie ist echt sehr in Ordnung. Und witzig ist sie auch. Und ich wette, ich bin der Einzige in der Klasse, der das weiß. Außer Leo natürlich, die weiß das auch, da bin ich mir sicher. Schon cool, was so passieren kann, wenn man sich mal mit jemandem unterhält, mit dem man vorher nie etwas zu tun hatte. Das funktioniert natürlich nicht imme r – mit Lazlo oder Antoinette könnte ich mich wahrscheinlich zehn Stunden lang allein unterhalten und sie wären immer noch Idioten. Aber manchmal lohnt es sich eben doch, wie bei Marie.
»Danke, dass du mir das erzählt hast«, sage ich zu ihr, als wir zu unserem Klassenraum abbiegen. »Und dass du mich nicht verrätst.«
Jetzt wird Marie ein bisschen rot, lässt aber ihre Tüte stecken.
»Und weißt du was?«, rede ich weiter. »Auch wenn dich eigentlich alle nur aus Spaß gewählt habe n – ich glaube, du wirst die beste Klassensprecherin, die wir je hatten.«
»J a … genau«, sagt sie. »Jetz t … verarschst du mic h … aber.«
»Nein, echt nicht!«, erwidere ich. »Du schaffst das! Du musst dich nur ein bisschen mehr trauen.«
»Ach so«, sagt Marie und grinst. »Du meins t … so wie du dich traus t … Leo anzusprechen?«
»Okay, Punkt für dich«, sage ich und muss ebenfalls grinsen. »Aber du weißt ja, es ist immer leichter, gute Ratschläge zu geben, als sie selbst zu befolgen.«
Die Tür zu unserem Klassenzimmer steht offen. Wir bleiben etwa drei Meter neben dem Türrahmen stehen, sodass man uns von drinnen nicht sehen kann.
»Wir können uns ja einfach vornehmen, dass wir uns ab jetzt beide ein bisschen mehr trauen«, sage ich. »Und wer sich bis zum Wochenende mehr getraut hat, kriegt vom anderen ein Eis. Okay?«
»Okay«, sagt Marie und nickt. »Aber kei n … Erdbee r … Vor Erdbeeren hab ic h …
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