Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Charlotte Und Die Geister Von Darkling

Charlotte Und Die Geister Von Darkling

Titel: Charlotte Und Die Geister Von Darkling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Boccacino
Vom Netzwerk:
den Rücken zuwandte, doch nur einen Augenblick, denn als Kirchgang bezeichneten die Leute in Blackfield unsere täglichen Besuche auf dem Friedhof. Die meisten scheuten sich, die Dinge beim Namen zu nennen, abgesehen von Susannah, die normalerweise kein Blatt vor den Mund nahm.
    »Schön.« Ich lächelte ihr zu und vermied jeden vorwurfsvollen Blick wegen ihrer Tätlichkeit gegen die Puppe, welche diese nach einem Tag unkooperativer Teilnahme an der hohen Kunst des Schneiderns vermutlich ohnehin verdient hatte. »Und wie geht es Ihnen?«
    Die Frage befreite die Gefühle, die Susannah erfolgreich unterdrückt hatte. Sie packte die Puppe so fest, dass ich glaubte, sie würde das Metallgestänge verbiegen. Sie setzte sich mit einem müden Seufzen wieder an ihren Arbeitsplatz, und strich erneut eine Strähne des roten Haars aus den Augen.
    »Schrecklich, Charlotte, einfach nur schrecklich!« Ich nahm neben ihr Platz. Wir saßen inmitten all der Stoffballen, die Paul gedankenvoll mit seinen Händen prüfte, wobei er halb zuhörte und halb seinen eigenen mürrischen Gedanken nachhing. James zog Nadeln aller Formen und Größen aus ihren Kissen und steckte sie mit dem Ungestüm, das kleinen Jungs zu eigen ist, in Stühle und Tischplatten, absolut entschlossen, sich nicht von dem öden Gespräch der Erwachsenen langweilen zu lassen. Susannah fuhr fort.
    »Brickner kam ins Geschäft, um mir zu sagen, um mir zu sagen , dass ich mir alles nur eingebildet hätte   … das hysterische Geschwätz einer verängstigten Frau. Können Sie sich das vorstellen?« Sie fuchtelte mit den Händen, während sie sprach, bevor sie sich fing und sie sinken ließ. »Na ja, ich denke, das fällt Ihnen nicht schwer. Aber ich war nicht hysterisch, zumindest zu diesem Zeitpunkt nicht. Ich weiß, was ich gesehen habe. Von wegen wildes Tier.« Susannah lehnte sich ernüchtert zurück. Sie musterte mich mit fragendem Blick, wartete, dass ich etwas sagte.
    »Ganz ohne Zweifel glaube ich Ihnen, und das halbe Dorf ebenso.« Sie schien über meine Worte ehrlich erleichtert zu sein. Was immer ihr durch Konstabler Brickners unfundierte Überzeugung abhanden gekommen war, wurde jetzt durch eine neue, festere Zuversicht als je zuvor ersetzt.
    »Warum glaubt mir dann Brickner nicht?«
    »Einfache Menschen brauchen einfache Erklärungen«, erwiderte ich, bevor ich mich bremsen konnte. Paul lachte unterdrückt. Susannah lächelte kurz und wurde gleich wieder ernst.
    »Nicht um meinetwillen möchte ich, dass man mir glaubt, verstehen Sie. Es geht mir nicht darum, Recht zu bekommen. Aber sie verdient es, dass die Wahrheit ans Licht kommt.« Sie nickte dazu und blickte auf die Buben, auf etwas hinter ihnen;eine alte Erinnerung an Nanny Prum, die vielleicht vor ein paar Monaten an derselben Stelle gesessen und sich mit ihr über ein sicherlich weniger sensationelles Thema als Mord unterhalten hatte.
    »Ich könnte mir vorstellen«, sagte ich und wählte meine Worte vorsichtig, um keine zu großen Hoffnungen zu wecken, »dass Mr. Darrel vielleicht ähnlich denken würde.«
    »Ob man ihn dafür gewinnen könnte, mit Konstabler Brickner zu sprechen?«
    »Ob gewinnen, weiß ich nicht, aber er könnte sicherlich darauf angesprochen werden.«
    Susannah sprang von ihrem Stuhl auf und umarmte mich.
    »Oh, ich danke Ihnen, Charlotte!«
    »Es besteht kein Grund, mir zu danken. Warten Sie, bis ich etwas wirklich Nützliches angestellt habe!« Ich drückte sie kurz und entzog mich dann ihren Armen. Ich erhob mich, um mich mit den Kindern auf den Weg zu machen, bevor ich Opfer ähnlicher Gefühlsanwandlungen werden konnte, wie die arme Schneiderpuppe, die nun verbogen auf der Seite lag. Paul half mir, James von den Schneiderscheren wegzuzerren, bevor er sie kaputt machen konnte. Wir drei setzten unseren Weg durch Blackfield und schließlich den Hügel hinauf fort, auf dem hinter einer Reihe von sich herbstlich färbenden Bäumen Everton stand.
    Ich schickte die Buben ins Haus und spazierte durch den Wald im hinteren Teil des Anwesens, bis ich das flache Stück Boden fand, wo Nanny Prum ihr Ende gefunden hatte. Selbst der Einzug des Herbstes ließ deutlich den seltsamen Ring aus abgestorbenem Gras und verdorrten Pflanzen erkennen, der die Stelle umgab, an der sie gestorben war. In der Mitte waren Flecken ihres getrockneten Blutes zu erkennen, so dunkel wie die Schatten, in denen das Lächeln des Mannes in Schwarz verborgen lag.

DRITTES KAPITEL
    Die Herrin von Everton
    Mr.

Weitere Kostenlose Bücher