Charlotte
dich. Nel van Doorn?«
»Meine Freundin.« Ich stand auf und nahm den Hörer an. »Nel?«
»Ich hoffe doch sehr, dass du noch vor deinem achtzigsten Geburtstag lernst, dass ein Handy in die Tasche gehört und nicht ins Auto«, sagte CyberNel. »Ich habe gesucht wie verrückt, um die Nummer von Mevrouw Catsius herauszufinden, und bin inzwischen einfach schon mal losgefahren. Sorry passt auf Hanna auf.«
»Losgefahren? Wohin denn?«
»Nach Amersfoort. Die Nachbarin hat angerufen. Es ist jemand in der Wohnung von Molenaar.«
»Jetzt?«
»Ja, sie sagt, er sei noch drin. Sie hat mir den Weg erklärt und ich habe meine Pistole mitgenommen. Soll ich erst bei dem alten Mann vorbeifahren?«
»Nein, auf keinen Fall! Ich mache mich sofort auf den Weg. Warte vor den Häusern auf mich, falls du früher da bist. Geh auf keinen Fall rein! Hast du gehört?«
»Ja, Chef. Darf ich ihm denn ins Bein schießen, wenn er versucht abzuhauen?«
»Nel!«
Sie hatte schon aufgelegt. Ich drehte mich um. »Ich muss weg. Ich weiß nicht, wie lange es dauert. Bis wann kann ich noch einmal vorbeikommen?«
»Wir gehen spät ins Bett«, sagte Sprenger. »Aber du hast ja schon so gut wie die ganze Geschichte gehört.«
»Da bin ich mir nicht so sicher.« Ich schaute Charlotte an. »Sie behaupten, Runing sei unschuldig, er sei nie hier gewesen und habe Elisabeth nach ihrer Kündigung nicht mehr getroffen. Er kann also nicht Charlottes Vater sein. Trotzdem haben Sie bei der Fälschung der Geburtsurkünde mitgewirkt. Ich bin wirklich nicht hierher gekommen, um Sie in Schwierigkeiten zu bringen, aber diese Art von Betrug verjährt nicht, im Gegenteil. Ich muss unbedingt wissen, was sonst noch dahinter steckt.«
Schweigend erwiderte Charlotte meinen Blick.
Sprenger seufzte. »Ich bringe dich zur Tür. In der Zwischenzeit können wir dann schon mal unseren Rechtsanwalt anrufen.«
13
Natürlich war die Straße vor den Mietshäusern zugeparkt. Ich sah, dass Nel ihren Lieferwagen zwischen zwei Autos hindurchgezwängt und auf den Rasen am Kopfende des dritten Häuserblocks gestellt hatte. Sie stand wartend daneben. Ich quetschte den BMW durch dieselbe Lücke.
»Du hättest zu Hause bleiben sollen«, sagte ich, legte ihr den Arm um die Schulter und drückte sie liebevoll an mich.
»Ich fand das spannender als fernzusehen. Wo genau ist es?«
Ich nahm sie an der Hand und gemeinsam schlichen wir über den Plattenweg. In den Hauseingängen brannten Lampen. Ich sah kein Licht in der Wohnung des seligen Stef Molenaar, wohl aber bei der Nachbarin. Nel hatte eine Hand in der Jackentasche, wo sie, wie ich annahm, ihre ziemlich lächerliche kleine Jennings-Pistole verborgen hielt.
Sie bezog Posten neben Molenaars Tür, wie jede gute Expolizistin es getan hätte. Ich hob den Geranienkasten hoch und leuchtete mit der Taschenlampe. Der Schlüssel lag an seinem Platz. Hinter uns ging die Tür einen Spalt auf.
»Er ist weg«, flüsterte die Nachbarin.
Sie hielt ihren blauen Morgenmantel vorn zusammen und ihre sehnigen Füße steckten in grau karierten Pantoffeln.
»Haben Sie ihn gehen sehen?«
»Nein, aber der Schlüssel liegt doch wieder da, oder? Den hat er benutzt, um hineinzukommen. Es tut mir Leid …« Sie schaute Nel neugierig an. »Habe ich mit Ihnen telefoniert?«
»Ja, Mevrouw«, sagte Nel. »Ist die Polizei schon da gewesen?«
»Dort habe ich nicht Bescheid gesagt. Ich habe in den Nachrichten gehört, dass Meneer Molenaar tot ist, und wusste also, dass er es nicht sein konnte, sonst hätte ich Sie nicht angerufen. Meneer Winter hatte mich gebeten … Er ist doch auch von der Polizei?«
Jemand zog die Nachbarin an der Schulter zurück und ein Mann sagte mürrisch: »Jetzt reicht es, Thea. Du hast deine Pflicht getan.«
Das musste Jacobus sein, ihr Mann. »Einen Augenblick, Meneer. Ich wüsste gern, was Ihre Frau genau gesehen hat.«
Der Mann öffnete die Tür etwas weiter. Er sah unzufrieden aus, ein dunkler Typ mit dichten Augenbrauen und einer Hornbrille. Sein kariertes Oberhemd schien er hastig in die Hose gestopft zu haben. »Thea war in der Diele und plötzlich hörte sie etwas. Sie schaute durch den Spion und sah jemanden in die Wohnung hineingehen, das ist alles.«
Nel lächelte der Frau ermutigend zu. »Haben Sie den Mann erkannt?«
»Erkannt?« Der Gedanke erschreckte die Frau.
»War es vielleicht der Freund mit den Gladiolen?«
»Das habe ich sie schon gefragt«, antwortete der Mann. »Sie weiß es nicht.«
»Er ist
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