Charlotte
verschwand mit der Klappleiter im Flur. Die beiden Hälften schepperten gegen seine Uniformhose.
Der Kripobeamte schaute mich herausfordernd an und nickte dem Kollegen zu. »Setz sie schon mal ins Vernehmungszimmer. Keine Telefonate.«
Widerstand war zwecklos und wir traten hinaus in den Hauseingang, während der Polizist die Tür hinter uns schloss. Ich sah ein Lichtglitzern im Spion der Nachbarin, konnte mir aber nicht vorstellen, dass Thea die Polizei gerufen hatte. Der Streifenwagen stand in zweiter Reihe geparkt auf der Straße vor dem Haus. Sie mussten ohne Blaulicht gefahren sein, sonst hätten wir sie vielleicht bemerkt.
Der Polizist öffnete die hintere Tür.
»Unsere Autos stehen da vorne«, sagte ich. »Wäre es nicht praktischer, wenn wir sie mitnehmen würden?«
»Das Befahren öffentlicher Straßen mit den Händen auf dem Rücken ist bei Strafe verboten«, antwortete der Beamte. »Los, steigen Sie schon ein.«
Das war gar nicht so einfach und auch das Sitzen war unbequem. Das einzig Angenehme an der Fahrt war die Wärme von Nel, die dicht an mich geschmiegt saß.
»Ihr seid doch von der Polizei Amersfoort«, fragte Nel nach einer Weile. »Wie kommt ihr dann hierher?«
Der Polizist schüttelte den Kopf. »Sie werden im Präsidium schon merken, wie die Polizei arbeitet.«
»Ich weiß, wie die Polizei arbeitet«, erwiderte Nel. »Kripoleute fahren nicht einfach so in Streifenwagen mit, also habt entweder ihr oder die Kripo einen Tipp bekommen. Ich bin früher selbst Polizistin gewesen.«
»Na klar.«
»War es ein anonymer Hinweis?«, fragte ich.
Der Mann verfiel in halsstarriges Schweigen und wir lehnten uns zurück und ließen uns durch das dunkle Amersfoort kutschieren. »Ich hoffe, dass sie uns nicht für zweimal vierundzwanzig Stunden festhalten«, sagte Nel leise.
»Du kannst doch darauf pochen, dass du stillst.« Da ich sie nicht beruhigend tätscheln konnte, rieb ich meine Schulter an ihrer. »Wenn sie darauf nicht eingehen, kann Sorry mit dem Zug kommen und sie ins Gefängnis bringen.«
Nel lachte nicht. »Wir arbeiten für seinen Rechtsanwalt«, flüsterte sie. »Das bedeutet, dass wir Stef Molenaar vertreten, in Extension.«
»In Extension?«
»Und deshalb sind wir absolut dazu berechtigt, uns in Molenaars Wohnung aufzuhalten. Wir hatten sogar einen Schlüssel.«
»Jeder konnte einen Schlüssel haben, man brauchte nur die Geranien hochzuheben.«
»Aber davon wusste die Polizei nichts«, flüsterte Nel.
Ich schaute auf den Rücken des Beamten, der in sein Funkgerät sprach. »Die Polizei hat Molenaars Schlüssel und Kopien für jeden, der an den Ermittlungen arbeitet«, sagte ich. »Sie haben den Schlüssel nur nicht benutzt, weil jeder Polizist, der Leute in einer leer stehenden Wohnung antrifft, sie auffordern würde, die Tür zu öffnen, einfach zu seiner eigenen Sicherheit.«
»Das weiß ich selbst, ich meine, dass die Polizei nichts von dem Blumenkastenschlüssel weiß. Also hättest du den Schlüssel vom Rechtsanwalt bekommen haben können. Um die Legitimität geht es mir.«
»Du hast vielleicht Sorgen«, flüsterte ich und dachte bei mir, dass junge Mütter und ruchlose CyberNels herzlich wenig gemeinsam hatten.
Die nächtliche Beleuchtung im Amersfoorter Polizeipräsidium war genauso makaber wie in allen übrigen Polizeipräsidien der Welt, ein bleichblauer Schein, in dem sich die Nachtschicht bewegte wie Fische in einer überfluteten Gruft.
Der Wachhabende wollte uns registrieren und Beamte standen bereit, unsere Gürtel und Schnürsenkel einzufordern. Unsere Eskorte erklärte jedoch, wir würden nur festgehalten, um von dem Kripobeamten aus Culemborg verhört zu werden, und wir dürften eine Tasse Kaffee bekommen.
Er brachte uns in ein neonbeleuchtetes Vernehmungszimmer, nahm uns die Handschellen ab und fügte hinzu, ein Kollege stehe draußen auf dem Flur für den Fall, dass wir auf dumme Gedanken kämen.
»Wird es lange dauern?«, fragte Nel.
»So lange es eben dauert«, antwortete der Beamte.
»Er wird die beiden abholen müssen«, sagte ich, als wir allein waren.
Nel setzte sich an den Tisch und legte den Kopf auf die Arme. Ich betrachtete das Porträt ihrer Majestät, der einzige Unterschied zum Sprechzimmer im Gefängnis. Eine Polizistin brachte uns Kaffee. Nel trank einen Schluck aus dem Pappbecher, verzog das Gesicht und schlief ein. Ich trank und wartete. Der Kaffee war ganz in Ordnung.
Ich saß an Nel gelehnt da, als Wasman eine halbe Stunde später
Weitere Kostenlose Bücher