Charlotte
reingegangen und hat sofort die Tür zugemacht«, sagte die Frau. »Ich habe nur kurz seinen Rücken gesehen. Er trug einen grauen Mantel.«
»Hat er das Licht eingeschaltet?«, fragte ich.
»Jacobus hat im Schlafzimmer Licht gesehen.«
Ich schaute Jacobus an. »Ich bin rausgegangen«, gab er zu. »Ich wollte mich da nicht einmischen, aber Thea musste Sie ja unbedingt anrufen.«
»Sehr vernünftig«, sagte ich. »Brannte nur im Schlafzimmer Licht?«
»Soweit ich gesehen habe, ja, aber ich bin dann wieder reingegangen. Das geht uns nichts an. Komm, Thea. Ich muss morgen arbeiten.«
»Vielen Dank, Mevrouw«, sagte Nel.
»Ich glaube, er ist weggegangen, während ich mit Ihnen telefoniert habe.«
Mit einem Seufzer wandte sie sich zu mir. »Ich wünsche niemandem den Tod, aber ich bin froh, dass das vorbei ist«, flüsterte sie. »Ich habe die Genossenschaft angerufen und die Wohnung wird in Kürze geräumt. Wahrscheinlich zieht eine Krankenschwester ein, die steht ganz oben auf der Liste.«
»Jetzt reicht es wirklich, Thea.« Der Mann schob seine Frau beiseite und klappte die Tür zu.
Nel kicherte leise. »Ich hoffe, es ist die einzige lesbische Krankenschwester in Amersfoort.«
Ich schloss die Tür zu Molenaars Wohnung auf und wir betraten den Flur. Ein helleres Rechteck in der Dunkelheit: Das musste die offene Tür zum Wohnzimmer sein, in das der Lichtschein der Außenlampe hineinfiel. Ein muffiger Geruch hing in der Wohnung und irgendetwas Undefinierbares, das ich nicht einordnen konnte, vielleicht der Atem des Einbrechers oder die Pflanzen im Wohnzimmer.
»Der Einbrecher kannte sich hier aus«, flüsterte CyberNel. »Er wusste, wo der Schlüssel lag und wo sich die Lichtschalter befanden. Der Nachbar hat Licht im Schlafzimmer gesehen. Was wollte er da?«
»Vielleicht hat er sich schlafen gelegt.«
»Und der Schlüssel?«
»Was weiß denn ich? Warum steht die Wohnzimmertür offen?«
Ich schaltete meine Taschenlampe ein und richtete den Strahl auf den Fußboden. Wir schlichen an der Wohnzimmertür vorbei. Meine Beretta lag wie gewöhnlich im Auto, aber Nel zog ihre Jennings, als wir vor der Schlafzimmertür standen. Ich nickte ihr zu, öffnete die Tür einen Spalt, steckte meine Hand hindurch und schaltete das Licht ein, während ich gleichzeitig die Tür weiter aufstieß.
Niemand hatte sich schlafen gelegt. Alles sah unberührt aus und genauso ordentlich wie vorher, das gemachte Bett, der Kleiderschrank. Ich nahm Nels kleine Pistole und sah mich rasch in der übrigen Wohnung um. Keiner da. Ich schaltete das Licht hinter mir aus und kehrte ins Schlafzimmer zurück. Ich durchsuchte den Schrank. Kleider hingen ordentlich auf Bügeln, die Hosen unter den Jacketts, ein dunkelbrauner Anzug, ein grüner Jägermantel. Unten auf dem Schrankboden eine Sporttasche, Schuhe und Stiefeletten, und in einer Schuhschachtel außerdem ein Paar mit den Schnürsenkeln aneinander geknüpfte Fußballschuhe, denen bei der Polizei niemand Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Hinter einer anderen Schranktür befand sich akkurat in Fächern aufgestapelte Bettwäsche.
Nel kam aus dem Badezimmer. »Ist das trostlos hier«, meinte sie nur.
Ich nickte. »Es könnte jemand gewesen sein, der etwas holen wollte, ein Beweisstück, das den Verdacht auf ihn lenken würde. Vielleicht ein Komplize? Der käme allerdings ein bisschen spät und die Aktion wäre wahrscheinlich überflüssig. Molenaar ist tot.«
»Vielleicht wusste dieser Jemand das nicht«, spekulierte Nel.
»Oder er wusste es und wusste außerdem, dass die Wohnung geräumt werden soll und das Objekt dann gefunden würde. Ein Brief?«
»Ich traue mich kaum, mich aufs Bett zu setzen. Ich fühle mich äußerst unwohl hier. Fällt dir auf, ob irgendetwas fehlt?«
»Nein, aber das hat nichts zu sagen. Und wenn da etwas war, ist es jetzt weg.« Ich schaute auf meine Uhr und ging zur Tür. »Wir haben genug Zeit, nochmal nach Utrecht zurückzufahren.«
»Nach Utrecht?« Nel betrat den Flur. Ich schaltete das Licht im Schlafzimmer aus und wollte gerade die Tür schließen, als hinter mir ein anderes Licht anging. Ich drehte mich mit einem Ruck um und schaute in einen grellen Lichtstrahl, der durch das Schlafzimmerfenster hindurch auf mich gerichtet wurde. Ich schlüpfte rasch in den Flur, zog die Tür zu und griff Nel am Arm.
»Was ist los?«
»Da steht jemand vor dem Fenster. Vielleicht ein Nachbar.«
»Oder der Einbrecher«, flüsterte Nel zurück. Sie hatte ihre Pistole
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