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Charlotte

Charlotte

Titel: Charlotte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Thijssen
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hereinkam. Er warf meinen Ausweis vor mich auf den Tisch, zog sich einen Stuhl heran, setzte sich uns gegenüber und sagte: »Jetzt erklär mir erst mal, was ihr in dieser Wohnung zu suchen hattet.«
    Nel wurde wach. Ich sagte: »Wir arbeiten im Auftrag von Molenaars Rechtsanwalt und vertreten daher in Extension den Bewohner des Appartements, quasi im Namen des Anwalts.«
    Wasman legte den Kopf spöttisch schief und lachte. Er war ein gesund aussehender blonder Dreißiger mit klaren blauen Augen und ein paar Kilo zu viel um die Taille. Er schien guter Laune zu sein, als habe sein Besuch in der Wohnung unerwartete Resultate erbracht. »Tu mir einen Gefallen«, sagte er. »Rechtsanwalt Faber gab sich alle Mühe, euch zu decken, aber meiner Meinung nach hatte er keine Ahnung, was ihr da getrieben habt.«
    »Hast du meinen Chef angerufen?« Schließlich duzte er mich auch.
    Wasman seufzte und antwortete: »Ich habe den Ausweis überprüft, aber ich klingle doch nicht mitten in der Nacht einen Exstaatsanwalt vom Kaliber Meulendijk für solchen Firlefanz aus dem Bett.«
    »Dann sind wir also aufeinander angewiesen«, bemerkte ich.
    Er schaute mich nachdenklich an. »Wie seid ihr da reingekommen?«
    Ich holte den Schlüssel hervor. »Ganz normal, mit dem Schlüssel.«
    »Und woher habt ihr den?«
    »Wie ich schon sagte, ich arbeite für Molenaars Rechtsanwalt.« Nel hatte Recht, er wusste nichts von dem Blumenkasten. »Der Mord an Runing ist unserer Meinung nach noch nicht geklärt.«
    »Mal ganz abgesehen von der eventuellen Schädigung seines Rufs«, sagte Nel, die wieder hellwach war. »Molenaars Angehörige haben ein Recht zu wissen, ob er schuldig oder unschuldig war.«
    Wasman lachte abfällig. »Unschuldig?« Er schlug sein Notizbuch bei einer leeren Seite auf und griff nach einem Kugelschreiber. »So«, sagte er. »Kriege ich jetzt noch was zu hören oder wollt ihr eine Nacht drüber schlafen, in zwei getrennten Zellen?«
    »Hast du mich auch überprüft?«, fragte CyberNel.
    »Natürlich. Du bist CyberNel.« Seine Augen verrieten einen Anflug von Freundlichkeit. Jeder Polizeibeamte, der die zentralen Polizeicomputer benutzte, begegnete früher oder später den Symbolen von CyberNels Firewalls und Antivirusprogrammen. Sie war bei den örtlichen Polizeibehörden außerhalb Amsterdams bekannter als ich.
    Nel lächelte ihn an. »Ich dachte, jemand aus Heelsum würde die Ermittlungen leiten.«
    »Nein, es wurde anders geregelt.«
    »Ich glaube, in Heelsum gibt es keine Kripo«, sagte ich. »Gehört das nicht zum Bezirk Arnheim?«
    »Runing wohnte in Culemborg und Inspecteur Verrips und ich haben den Fall von Anfang an bearbeitet.« Der Moment ging vorüber und Wasman wurde wieder ungeduldig. »Wir arbeiten eng zusammen mit Heelsum, Amersfoort und dem Rest des Universums.«
    »Kam der Hinweis aus Culemborg?«
    Wasman legte seinen Stift hin, beugte sich nach vorn und verschränkte die Hände unter dem Kinn. »Ich hoffe, ich kann heute Nacht noch irgendwann mal nach Hause.«
    »Wenn ich alles erzähle, gehst du nach Hause und ich kann sehen, wo ich bleibe«, sagte ich freundlich. »Ich kenne das, ich war selbst zu lange in diesem Beruf. Ich schlage vor, wir machen fifty-fifty, dann haben wir beide etwas davon.«
    »Wir sind doch hier nicht auf dem Pferdemarkt.«
    »Meine Pistole will ich auf jeden Fall wiederhaben«, sagte Nel. »Kam der Anruf aus Culemborg?«
    Wasman musste unwillkürlich lachen. »Trainiert ihr das zu Hause, dieses Geschachere?«
    »Wir haben dir alles gesagt«, versprach ich.
    »Wo hab ich das nur schon mal gehört?« Er seufzte. »Ein Anrufer meldete sich etwa vor einer Stunde bei uns in Culemborg mit dem Hinweis, dass das Gewehr, mit dem Runing erschossen wurde, sich auf dem Oberboden in Molenaars Appartement befinde.«
    »Und, war es dort?«
    Er schaute Nel an. »In der Zwischendecke im Badezimmer.«
    »Eine Mauser?«
    »Ich glaube, die Mauser. Sie ist schon unterwegs ins Labor.«
    Nel und ich wechselten einen Blick. »Wurde das Gespräch aufgezeichnet?«, fragte ich.
    »Ja, die waren geistesgegenwärtig genug.«
    »War es ein Mann oder eine Frau?«
    »Wenn ich Michael Jackson höre, glaube ich auch, das wäre eine Frau. Ich habe mir das Band drei Mal angehört, und ich vermute, es war ein Mann.«
    »Wann war das?«
    »Gegen halb zwölf.«
    »Eine Stunde nach unserem Einbrecher«, sagte Nel.
    »Welcher Einbrecher?«, fragte Wasman.
    Ich erzählte ihm von dem Anruf der Nachbarin, was sie gesehen hatte

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