Charlottes Traumpferd | Gefahr auf dem Reiterhof
lächelte ermutigend. »Das wird schon. Er hat eben mehr Temperament als die Schulpferde, die du bisher gewöhnt warst. Nur nicht die Geduld verlieren.«
»Das werde ich sicher nicht.« Ich atmete tief durch und mir gelang schon wieder ein unsicheres Lächeln. »Vielen Dank, Isa.«
»Keine Ursache.« Sie zwinkerte mir zu und verließ die Bahn. Ich ließ Won Da Pie noch zehn Minuten im Schritt gehen, bis seine Atmung sich wieder beruhigt hatte und das Fell trocknete.
»Puh!«, machte Doro, als sie mir die Bandentür öffnete. »Der hat ja ganz schön Power.«
»Wirst du ihn morgen reiten?«, wollte Bille wissen.
»Klar«, erwiderte ich lässig, aber meine Selbstsicherheit war nur gespielt. Was sollte ich bloß tun, wenn Won Da Pie so mit mir durch die Reitbahn raste?
Am Sonntag fasste ich mir endlich ein Herz und schrieb Thierry eine E-Mail. Es war gar nicht so einfach, denn ich hatte so viel zu erzählen, und das war in einer fremden Sprache ziemlich kompliziert. Natürlich hätte ich Mama um Rat fragen können, aber sie musste ja nicht wissen, dass ich mich bei Thierry meldete.
Meine ersten beiden Reitstunden im Sattel von Won Da Pie hatten unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden. Ich hatte mit Herrn Kessler am Samstag- und Sonntagmorgen jeweils gleich früh um acht Uhr eine Einzelstunde verabredet, weil ich erst mal keine Zuschauer haben wollte. Aber Won Da Pie hatte sich zu meiner Erleichterung nicht anders als auf Noirmoutier benommen und ich hatte mich sehr wohl auf ihm gefühlt. All das schrieb ich Thierry, dann bat ich ihn, seiner Schwester, Nicolas und Véronique schöne Grüße auszurichten. Mein Herz klopfte und ich hatte ganz feuchte Hände, als ich nach fünfmaligem Durchlesen schließlich auf »Senden« klickte. Ich hatte noch nie einem Jungen eine E-Mail geschrieben! Papa und Mama waren nicht zu Hause und Phil hatte den Auftrag bekommen, darauf zu achten, dass ich nicht stundenlang im Internet surfte. Doch mein großer Bruder hockte selbst in seinem Zimmeran seinem Laptop und hatte Besseres zu tun, als auf die Uhr zu gucken. Ich nutzte die Gelegenheit, mich bei Facebook anzumelden. Die älteren Jugendlichen im Reitstall waren dort alle aktiv, genauso wie Phil und viele meiner Klassenkameradinnen. Bisher hatte mich das nie interessiert, aber ich hatte schon so viel darüber gehört, dass es für mich kein Problem war, mir einen Account einzurichten.
Minuten später bekam ich eine Bestätigungsmail und dann suchte und fand ich Thierry. Zu meiner Enttäuschung hatte er seine Seite so geschützt, dass sie nichts über ihn preisgab außer seinem Profilbild. Sollte ich ihm eine Freundschaftsanfrage senden? Ich starrte auf den Monitor und kaute nachdenklich auf der Unterlippe. Er würde gleich feststellen, dass ich noch keine Freunde hatte. Das war total peinlich. Nein, ich musste erst einmal andere Freunde haben, bevor ich das tat.
Alissa begann freudig zu bellen, ein Zeichen dafür, dass meine Eltern nach Hause kamen. Schnell loggte ich mich aus und fuhr den Computer herunter. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass drei Stunden vergangen waren.
Am Montagnachmittag fuhren Doro und ich mit meiner Mutter nach Hofheim in ein Reitsportgeschäft. Ich konnte mir nicht dauernd Sattel und Trense von einem Schulpferd ausleihen, Won Da Pie brauchte sein eigenes Sattelzeug. Dafür hatte ich mein Sparbuch geplündert. Immerhin besaß ich tausend Euro, die ich in den letzten Jahren für ein Pferd gespart hatte. Isa hatte mir eine Trense verkauft, die noch ganz neu war, ihrem Pferd aber nicht passte.
Thierry hatte noch nicht geantwortet. Nicht mal Doro hatte ich von meiner Mail an ihn erzählt, nur von Facebook, woraufhin sie sich auch angemeldet hatte, genauso heimlich wie ich.
Im Reitgeschäft wurde ich beinahe mein ganzes Geld los. Ich kaufte Gamaschen für vorn und hinten, ein Lederhalfter, zwei Führstricke, zwei Satteldecken und einen neuen Putzkasten mit allem notwendigen Zubehör, angefangen vom Hufkratzer bis zum Schweifspray. Longe, Longiergurt, Peitsche, Dreieckszügel, eine Decke – schon war der Großteil meines Geldes aufgebraucht. Den Sattel wollten meine Eltern bezahlen; ein wirklich guter Sattel kostete immerhin etwa tausend Euro.
»Normalerweise sollte der Sattel dem Pferd vor Ort angepasst werden«, erklärte uns der Mann vom Reitgeschäft. »Wenn Sie möchten, komme ich morgen Nachmittag vorbei und wir probieren Ihrem Pferd verschiedene Sättel an.«
Isa hatte mir geraten, einen
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