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Charlottes Traumpferd | Gefahr auf dem Reiterhof

Charlottes Traumpferd | Gefahr auf dem Reiterhof

Titel: Charlottes Traumpferd | Gefahr auf dem Reiterhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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den Wallach auf das Hindernis zu, vor dem ich mich so gefürchtet hatte. Mein Pferd zögerte keinen Moment.
    »Linke Hand: Mauer!«, hörte ich das Kommando. Won Da Pie spitzte die Ohren. Die Mauer war ganz schön hoch! Eben, in der ersten Springstunde, hatte niemand über die Mauer springen müssen. Bevor ich weiter nachdenken konnte, lag sie schon hinter uns. Ich grinste vor Glück und klopfte meinem Pferd den Hals.
    »Und jetzt die Wälle, Steinberg!«, rief Alex. »Wenn du dich traust!«
    Die Wälle! Die war ich auch noch nie gesprungen! Ich blieb im Sattel sitzen, ließ die Hand ruhig. Won Da Pie legte von selbst an Tempo zu und spitzte die Ohren, ich musste mich nur von ihm mitziehen lassen. Der erste Wall, ein Galoppsprung, der zweite Wall – geschafft! Überglücklich klopfte ich Won Da Pie den Hals und strahlte über das ganze Gesicht. Glücklicher hätte ich nicht sein können, selbst wenn ich soeben den Großen Preis von Wiesbaden gewonnen hätte. Mit einem Pferd wie Won Da Pie musste ich keine Angst mehr vor dem Springen haben. Er konnte wirklich alles!
    »Endlich mal ein Springpferd hier im Stall«, sagte Alex, als ich neben ihm zum Schritt durchparierte. »War ganz ordentlich, Steinberg. Du hängst zwar noch wie ein Mehlsack im Sattel, aber wenigstens behinderst du dein Pferd nicht.«
    Das kam einem Kompliment doch ziemlich nahe! Die anderen Reiter der Springstunde ritten schon am hingegebenen Zügel trocken.
    »Orthmann!«, rief Alex Simon zu, der mit den anderen am Rande des Springplatzes stand. »Macht euch mal nützlich! Alle Hindernisse drei Loch höher!«
    Simon, Dani, Annika und Merle kamen auf den Platz und führten Alex’ Anweisung aus. Alex blickte mich an.
    »Du springst noch einmal den Parcours, Steinberg.«
    Ich hatte sofort wieder einen Kloß im Hals. Lieber wäre ich nach diesem Erfolgserlebnis vom Pferd gestiegen, aber ich wollte vor Alex und den Zuschauern auch nicht als Feigling dastehen.
    »Wie hoch ist das denn jetzt?«, traute ich mich zu fragen.
    »Ungefähr so hoch wie ein S-Springen, Gnädigste«, spottete Alex.
    Ich warf Herrn Kessler einen Blick zu. Als er mir aufmunternd zunickte, sagte ich: »Okay. Ich versuch’s.«
    »Na, das ist doch was!« Alex rieb sich die Hände. »Fertig, Männer?«
    Er bezeichnete uns grundsätzlich als »Männer«, auch wenn außer Simon und ihm selbst kein einziger Angehöriger des männlichen Geschlechts auf dem Platz war.
    »Moment!«, rief Annika, die noch mit den verrosteten Auflagen kämpfte.
    Ich schluckte und holte tief Luft. Dann ließ ich Won Da Pie angaloppieren. Noch mal den ganzen Parcours! Jetzt sahen die Sprünge schon wie richtige Hindernisse aus. Und wieder kannte mein Pferd kein Zögern! Sicherlich war er bessere Reiter als mich gewöhnt, aber ich gab mir jede Mühe, ihn beim Springen nicht zu stören. Als er einmal zu früh wegsprang, gab ich ihm instinktiv den Kopf frei,damit er sein Gleichgewicht wiederfinden konnte. Diesen einen Sprung musste ich noch einmal wiederholen, dann war Alex zufrieden.
    »Gutes Pferd«, sagte er, wie üblich sparsam mit jeder Art von Lob. »Wenn du so weitermachst, kann noch was aus dir werden, Steinberg.«
    »Danke, Herr General«, erwiderte ich mit neu gewonnenem Selbstvertrauen und grinste. »Ich werde mir Mühe geben.«

Die Tage vergingen wie im Flug und irgendwann hörte ich auf, darüber nachzudenken, weshalb Thierry mir nicht auf meine E-Mail geantwortet hatte. Auch um mein Facebook-Konto kümmerte ich mich nicht mehr, denn ich hatte genug anderes im Kopf. In der Schule strengte ich mich an und versuchte, die Hausaufgaben zu erledigen, bevor ich nachmittags in den Stall ging. Dienstags, mittwochs und donnerstags schaffte ich es nur selten vor fünf Uhr, weil ich so lange Schule hatte, und dann wurde es oft acht Uhr, bis ich zu Hause war. Ich freute mich auf die Wochenenden, an denen ich mehr Zeit hatte. Am Samstag wollte ich dann auch gleich morgens um acht in den Stall gehen. Die Sonne schien strahlend vom wolkenlosen Septemberhimmel, die Vögel zwitscherten in den großen Linden in unserem Garten. Ein himmlisches Wetter zum Reiten! Mein Vater machte mir allerdings einen Strich durch die Rechnung.
    »Wir hatten eine Abmachung getroffen, als wir Won Da Pie gekauft haben«, erinnerte er mich beim Frühstück. »Durch das Pferd werden nicht deine häuslichen Pflichten vernachlässigt.«
    »Ich mache doch alles«, verteidigte ich mich. Zweimal die Woche den Frühstückstisch decken, zweimal

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