Charlottes Traumpferd | Gefahr auf dem Reiterhof
Leiden erlöst wird. Glaubt es mir.«
»Wir sollten uns von Arabella verabschieden«, sagte Frau Uhde und in ihren Augen blinkte es verdächtig. Mochte es auch noch so vernünftig sein, was sie da sagte, sie war eine Pferdenärrin wie wir alle und der Abschied fiel ihr schwer.
Inga ging mir in der Schule aus dem Weg, und auch im Reitstall tat sie so, als ob ich Luft sei. Sie nahm es uns übel, dass wir ihr nichts von Arabella erzählt hatten und sie erst erfahren hatte, was los war, nachdem der Pferdemetzger die Stute abgeholt hatte und ein neues Schulpferd, ein junger Grauschimmelwallach, in Arabellas Box stand. Darüber hinaus strafte Inga auch Oliver und Karsten mit Missachtung und steckte im Stall nur mit den Älteren zusammen. Mir war das ganz recht, denn ich war noch immer ziemlich geschockt von Ingas Ausbruch. Auch Doro konnte sich nicht erklären, weshalb sie so auf mich losgegangen war.
Mittlerweile hatte Herr Friedrichs die Pickelfotos von mir gemacht und ich hatte dafür tatsächlich hundert Euro bekommen. Nachdem ich eine ganze Weile überlegt hatte, was ich mit dem Geld anfangen sollte, hatte ich mich schließlich dafür entschieden, ein Handy zu kaufen. Meine Eltern waren einverstanden und Mama war mit mir ins Einkaufszentrum gefahren, wo ich für mein Geld ein absolut cooles Smartphone kaufte, dazu eine Prepaidkarte, die ich selbst aufladen konnte.
Fast jeder im Stall und aus meiner Clique besaß ein Handy; ich war so ziemlich die Einzige ohne gewesen, aber ichhatte auch nicht wirklich eins gebraucht, doch dafür war meins nun das coolste. Ich konnte theoretisch damit im Internet surfen und E-Mails empfangen und senden, wobei meine Eltern ein paar Sperren aktiviert hatten. Am besten gefiel mir, dass ich Fotos und sogar Videos aufnehmen und zu Hause auf den Computer laden konnte.
Am kommenden Freitag sollten die Wahlen für den Jugendvorstand stattfinden. Doro und ich hatten uns beide beworben, ebenso Inga, Cordula, Beate, Simon, Jutta, Susanne, Annika und Dani. Nach der Schule erwischte ich gerade noch den Bus um Viertel nach zwölf. Bille saß irgendwo in der Mitte, und als sie mich sah, winkte sie wild. Ich quetschte mich zwischen den anderen Schülern durch, die wie die Ölsardinen aneinandergedrängt im Gang des Schulbusses standen. Endlich hatte ich Bille erreicht.
»Hey, Lotte.« Sie kramte in ihrem Ranzen und zog die neueste Ausgabe der Reiter Revue hervor. »Ich wollte es dir schon in der Pause zeigen, aber da habe ich dich nirgendwo gesehen.«
Sie blätterte eine Seite auf und deutete auf eine Anzeige.
»Schau mal, was ich gefunden habe!«
»Alteingesessener Reitverein im Rhein-Main-Gebiet mit Privatpferden und gut gehendem Schulbetrieb sucht zum 1. Januar Reitlehrer/-in FN mit Erfahrung in Unterrichtserteilung …« Ich überflog den Text der Stellenanzeige. »Interessenten wenden sich bitte mit aussagekräftigem Lebenslauf an den RFV Bad Soden.«
»Sie haben offiziell noch nichts davon gesagt«, empörte sich Bille.
»Alles heimlich, still und leise, genau wie das mit Arabella!«
»Auf jeden Fall wissen wir jetzt, dass wir das Abschiedsalbum nicht umsonst machen«, erwiderte ich. Aber irgendwie war das schon ein Ding! Herr Kessler ließ sich nichts anmerken und auch die Herren vom Vorstand taten ganz so, als sei alles in bester Ordnung.
»Ich bin mal gespannt, was da für einer kommt.« Bille verstaute das Heft, das eigentlich ihrem Vater gehörte, wieder in ihrem Ranzen. »Schlimmer als Alex kann ein Neuer ja kaum werden.«
Ich fand Alex gar nicht mehr so übel, aber das sagte ich nicht laut. Bille hatte spätestens seit der misslungenen Reitabzeichenprüfung ein echtes Trauma, was ihn betraf.
Der Bus legte sich rasant in eine Kurve und ich musste mich mit beiden Händen festhalten, um nicht zu Boden zu gehen.
»Kommst du heute Nachmittag zur Jugendvorstandswahl?«, fragte ich meine Freundin.
»Klar.« Bille nickte. »Und Ingas Party heute Abend wird sicher witzig. Ihre Eltern sind ja nicht da. Sie hat echt den ganzen Stall eingeladen – sogar das Kleeblatt und auch Nicole, Merle und Isa!«
»Ach ja?« Diese Neuigkeit traf mich wie ein Faustschlag in den Magen. Inga machte eine Party und lud jeden aus dem Stall ein! Nur mich nicht. Kein Wunder, eigentlich.
»Geht Doro auch hin?«, fragte ich mit einem Frosch im Hals.
»Ich glaube schon«, erwiderte Bille arglos. »Genau wieOliver und Karsten. Bringst du Badezeug mit? Schneiders haben doch ein Schwimmbad.«
Erst jetzt
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