Charlottes Traumpferd | Gefahr auf dem Reiterhof
weiß vor Zorn im Gesicht. »Dieses verlogene Miststück«, knirschte sie und richtete sich auf. »Das höre ich mir nicht länger an!«
»Geklaute Sachen?«, wiederholte Herr Stark gerade mit bebender Stimme.
»Ja.« Inga schluchzte jetzt. »Oliver hat irgendwann mal gemerkt, dass sein Zimmerschlüssel auch für das Archiv passt. Und seitdem haben Charlotte und Dorothee immer etwas daraus geklaut.«
Ich zitterte am ganzen Körper, mir wurde übel. Das war eine unglaubliche Lüge! Es war richtig, dass wir mit Olivers Zimmerschlüssel im Vereinsarchiv, das direkt neben dem Raum mit den Schließfächern lag, gewesen waren. Wir hatten uns das alte Archiv des Reitvereins angesehen, die Urkunden und Mitgliederverzeichnisse. Aber ganz sicher hatte niemand von uns irgendetwas gestohlen!
»Es ist wirklich immer wieder etwas verschwunden«, bestätigte Herr Kessler nun. »Ausbinder, ein Martingal, Satteldecken mit Vereinslogo.«
»Jetzt reicht’s!« Doro ergriff meine Hand und zerrte mich hinter sich her. »Das lasse ich mir von dieser verlogenen Kuh nicht gefallen!«
Bevor ich mich’s versah, hatte Doro mich in den Stall geschleift und an die Tür der Sattelkammer geklopft. Herr Kessler öffnete.
»Sie lügt!«, rief meine Freundin aufgebracht und deutete mit dem Finger auf Inga, die sich mit verheultem Gesicht an ihren Vater klammerte, der schützend einen Arm um seine Tochter gelegt hatte. »Alles, was sie gerade gesagt hat, ist gelogen!«
»Moment mal«, begann Ingas Vater. »Wie kommst du dazu …«
Aber Doro fiel ihm ins Wort. Ihre Augen blitzten.
»Sie hat das Schloss an das leere Schließfach gehängt! Sie hat sogar Turnierschleifen geklaut und zu Hause in ihrem Zimmer aufgehängt!«
Herr Schneider starrte erst Doro und mich an, dann ließ er seine Tochter los.
»Ich dachte, diese Schleifen hättest du auf dem Reiterhof mit Corsario bei einem Hausturnier gewonnen«, sagte er und überführte seine Tochter damit ihrer Lügen. Inga öffnete schon wieder den Mund zu einer Erwiderung, aber er ließ sie nicht zu Wort kommen.
»Hör jetzt auf zu lügen, Inga«, sagte er scharf. »Sag die Wahrheit: Hast du diesen Sattel beschädigt? Ja oder nein?«
Inga schüttelte den Kopf, ihr Blick war hasserfüllt.
»Du hast die leere Flasche in meinen Spind getan«, flüsterte ich, weil ich meiner Stimme nicht traute. »Wahrscheinlich gestern Abend. Weil ich nachmittags noch alles ausgeräumt habe, und da war sie nicht drin.«
»Was für eine Flasche?«, erkundigte sich Ingas Vater. Herr Kessler klärte ihn auf. Ebenso über die Zettel, die aus dem Vereinsbriefkasten verschwunden und in Ingas Geheimspind aufgetaucht waren.
»Inga«, sagte er dann ernst, »Leugnen ist doch zwecklos. Alle Beweise sprechen gegen dich.«
Inga verschränkte trotzig die Arme vor der Brust.
Ihr Vater ergriff ihre Schulter und schüttelte sie.
»Ich will, dass du jetzt auf der Stelle die Wahrheit sagst!«, zischte er. »Was ist mit den Vorwürfen, du hättest diese Zettel aus dem Vereinsbriefkasten gestohlen und unterschlagen? Und warum hast du einen anonymen Brief geschrieben?«
Für einen Augenblick war es ganz still in der Sattelkammer.
Dann verzog Inga ihr Gesicht zu einer Grimasse.
»Es ist so ungerecht!«, heulte sie. »Charlotte und Dorothee lästern immer hinter meinem Rücken über mich und machen mich überall schlecht. Die warten, bis ich weg bin, und …«
»Schluss jetzt mit dem Theater!« Herr Schneider ließ sie los, als hätte er sich verbrannt. Unter seiner Sonnenbräune war er blass geworden.
»Dani und Susanne hatten die Idee mit dem Sattel und auch mit den Zetteln«, behauptete Inga tränenüberströmt.
Ich konnte nicht fassen, dass ich sie einmal für eine Freundin gehalten und ihr vertraut hatte!
»Red doch nicht so einen Scheiß!«, unterbrach Doro sie wütend. »Die Idee hattest du ganz allein! Das passt zu dir, diese Hinterhältigkeit! Du hattest nämlich Angst, dass die Leute uns eher wählen würden als dich. Dich kann hier keiner leiden, weil du nur am Lügen, Lügen, Lügen bist! Deine tollen Geschichten von deinem Reiterurlaub sinddoch alle erfunden! Seit Jahren versuchst du, Lotte und mich gegeneinander aufzuhetzen, weil du neidisch auf unsere Freundschaft bist. Und du hast heute Abend diese Party nur deshalb organisiert, weil du dich damit bei den anderen einschleimen wolltest, damit sie dich in den Jugendvorstand wählen. Pfui, Inga, du bist echt das Allerletzte!«
Ingas Gesicht verzerrte sich vor
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