Charlottes Traumpferd | Gefahr auf dem Reiterhof
Springreiten aussieht!«
Die Männer bauten einen Oxer, eine Triplebarre und einen Steilsprung auf. Meine Mitstreiter von der Springquadrille verließen die Bahn. Kein einziger Zuschauer wich von seinem Platz, im Gegenteil: Es wurden noch mehr. Ich befürchtete schon, dass Won Da Pie wieder wild werden könnte, wenn er alleine in der Halle zurückbleiben musste, aber er war ganz gelassen und ging im Schritt mit gespitzten Ohren. Herr Kessler erklärte mir, in welcher Reihenfolge ich die Hindernisse springen sollte. Zuerst waren die drei Sprünge nicht viel höher als vorhin bei der Quadrille. Won Da Pie sprang, ohne sich auch nur anzustrengen. Dann wurden die Hindernisse erhöht.
»Nun sehen Sie einen kleinen Parcours, der ungefähr den Abmessungen der Klasse A entspricht«, kommentierte HerrStark. Wieder hatten mein Pferd und ich keine Probleme. Die Zuschauer klatschten und ich lobte Won Da Pie.
»Möchtest du es noch etwas höher versuchen?«, fragte Herr Kessler mich.
Mein Blick fiel auf Alex, der neben Nicole an der Bande lehnte. Ich erinnerte mich an seine Worte bei der ersten Springstunde. »Oder hast du etwa Schiss?«
Ja, ich hatte Schiss, wenigstens ein bisschen! Aber ich wollte nicht nach diesen kleinen Sprüngen aufhören. Ich wollte es mir selbst beweisen, dass Won Da Pie und ich mehr konnten.
»Klar«, sagte ich also zu Herrn Kessler, der zufrieden nickte. So hoch war ich noch nie gesprungen! Gar nicht nachdenken, sagte ich mir.
Won Da Pie zögerte keinen Augenblick. Ich hatte das Gefühl, dass es ihm jetzt erst richtig Spaß machte. Er war konzentriert, zog die Hindernisse an, und ich wusste jedes Mal vorher, dass es genau passte.
Ich hatte ein großartiges Gefühl auf seinem Rücken, spürte, wie er sich fliegen ließ. So also fühlte sich das Springen wirklich an! Keine Stange fiel hinunter und plötzlich wollte ich mehr.
»Sehr gut«, ertönte die Stimme von Herrn Kessler aus den Lautsprechern. »Das war’s! Danke, Charlotte und Won Da Pie, das habt ihr …«
»Ich würde es gerne noch etwas höher versuchen«, unterbrach ich den Reitlehrer und konnte selbst kaum glauben, dass ich so etwas sagte. Da standen sie alle: Simon, Dani, Annika, Isa, Merle, Susanne, Beate, Alex und Nicole, dieHände schon zum Applaudieren erhoben. Auch meine Eltern erkannte ich in der ersten Reihe, neben dem Ehepaar Gregori.
»Okay.« Herr Kessler nickte, winkte Gunter und alle Sprünge wurden nochmals um drei Löcher erhöht.
»Meine Damen und Herren!« Herr Stark räusperte sich. »Bitte treten Sie alle ein paar Meter zurück und ziehen Sie die Absperrung mit. Für diese Höhe braucht das Pferd ein wenig mehr Platz. Der Steilsprung ist nun etwa eins dreißig hoch, der Oxer ebenfalls und dazu ungefähr eins fünfzig breit. Die Triplebarre ist etwa eins fünfzig tief und an der hintersten Stange eins dreißig hoch. Das entspricht den Abmessungen eines M-Springens!«
Ich wartete, bis die Zuschauer mehr Platz gemacht hatten. Es wurde totenstill in der Halle, die Weihnachtsmusik war verklungen. Ich ließ Won Da Pie auf dem Zirkel galoppieren. Die Zuschauer nahm ich gar nicht mehr wahr, es gab nur noch mein Pferd und mich und diese drei Hindernisse, die höher waren als alles, was ich jemals bei uns auf dem Reitplatz gesehen hatte. Selbst Herr Lauterbach war mit Gento früher nicht so hoch gesprungen! Da kam schon der Steilsprung. Ich hielt Verbindung zum Pferdemaul, ließ mein Bein am Pferdebauch liegen, spürte, wie Won Da Pie anzog. Schon waren wir auf der anderen Seite. Nun folgte die Triplebarre. Mit gespitzten Ohren galoppierte mein Pferd hin, wir flogen hoch hinüber. Es war ein wundervolles Gefühl! Jede Angst fiel von mir ab. Im flotten Galopp kamen wir durch die Ecke, ich sah den Oxer und erkannte, dass es optimal passen würde, wenn ich noch einmalden Galoppsprung etwas verkürzte. Ich hielt nur leicht die Hand dran und Won Da Pie reagierte sofort auf diese feine Hilfe. Die letzten drei Galoppsprünge zog er an, und schon lag der Oxer hinter uns. Was für ein großartiger Moment! Ich strahlte über das ganze Gesicht und klopfte meinem Pferd dankbar den Hals. Die Zuschauer applaudierten und pfiffen begeistert. Sie waren ziemlich beeindruckt. Herr Kessler grinste stolz wie ein Honigkuchenpferd. Ich parierte durch zum Schritt.
»Supergeil!«, rief Doro mir zu. »Echt spitze!«
»Du hast wirklich Mumm, Steinberg.« Sogar Alex ließ sich zu einem anerkennenden Kommentar herab.
Wenn ihr alle wüsstet,
Weitere Kostenlose Bücher