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Charlottes Traumpferd

Charlottes Traumpferd

Titel: Charlottes Traumpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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Steigbügel verloren. Dazu hast du ihn dauernd mit deinen Absätzen gekitzelt. Versuch es noch einmal!«
    Won Da Pie war wahrhaftig kein Schulpferd! Sein Galopp war weit ausgreifend und schwungvoll. Daran musste ich mich erst gewöhnen. Fast wäre ich auch beim zweiten Versuch heruntergefallen.
    Â»Genug für heute«, sagte Nicolas, als ich das Pferd gerade rechtzeitig durchparieren konnte. »Morgen ziehst du Reithose und Stiefel an, dann wird es besser gehen.«
    Â»Ich darf ihn wieder reiten?«, fragte ich freudig überrascht. Nach dieser Vorstellung hatte ich befürchtet, Nicolas würde mich höchstens noch einmal auf Caramel reiten lassen.
    Â»Natürlich«, antwortete der Reitlehrer. »Abgesehen davon, dass du die Einzige zu sein scheinst, die er auf seinem Rücken duldet, hast du es gar nicht so schlecht gemacht. Also – morgen früh, zehn Uhr. Okay?«
    Â»Okay!« Ich strahlte und klopfte Won Da Pie überglücklich den Hals. Das war besser als jeder Reitabzeichenlehrgang im Reitstall!

Der Wecker zeigte Viertel nach fünf, als ich aufwachte. Noch vier Stunden, bis ich in den Club fahren konnte, um Won Da Pie zu reiten! Ich war so aufgeregt wie vor meiner ersten Springstunde und hatte in der Nacht wirres Zeug geträumt. Eine Weile versuchte ich noch, wieder einzuschlafen, und wälzte mich unruhig hin und her, bis Cathrin mich in die Seite boxte.
    Â»Mann, du hast mich geweckt«, murmelte sie schlaftrunken. »Wie spät ist es?«
    Â»Halb sechs«, antwortete ich.
    Â»Was ist denn?«
    Â»Nichts. Schlaf weiter.«
    Ich stand auf, schlüpfte in Shorts, Sweatshirt und Flipflops und schlich aus dem Zimmer. Vorsichtig öffnete ich die Tür, um meine Brüder, die im Nachbarzimmer auch noch tief und fest schliefen, nicht zu wecken. Einen Moment blieb ich oben auf der Treppe stehen und atmete tief die frische, kühle Luft ein. Die Sonne war noch nicht aufgegangen, es herrschte ein seltsam unwirkliches Zwielicht. Über den Kartoffeläckern und den Salzsümpfen hingen zarte Nebelschleier. Ich liebte diese frühe Stunde, bevor der Tag begann. Der Kies knirschte unter meinen Füßen, als ichum das Haus herumging. Die hellblauen Schlagläden vor den Fenstern und der Tür waren geschlossen, also setzte ich mich in einen der Liegestühle, dessen Stoff feucht war vom Tau der Nacht. Im Osten schob sich die Sonne langsam über den Horizont und tauchte den Himmel in ein rosafarbenes Licht. Die Sterne verblassten, irgendwo krähte ein Hahn. Ich dachte über Won Da Pie nach und darüber, dass der Tag, an dem ich ihn verlassen musste, unerbittlich näher rückte.
    Irgendwann schlief ich ein und wachte erst anderthalb Stunden später auf, als die Haustür aufging und Alissa mich fröhlich anbellte. Beim Frühstück bekam ich nur ein Stück Baguette mit Butter herunter und schwang mich schließlich um acht Uhr aufs Fahrrad. Wozu noch lange hier herumsitzen und mir die blöden Bemerkungen von Phil anhören?
    Die Reitstunde mit Won Da Pie geriet zu einer mittleren Katastrophe, daran änderten auch Reithose und Stiefel nichts. Ich war nervös und unkonzentriert, und dass Véronique, Cécile, Sophie, Rémy und sogar Thierry zuschauten, machte es nicht besser. Schon nach einer Viertelstunde rann mir der Schweiß in die Augen. Wie der letzte Anfänger trabte ich auf dem falschen Fuß leicht, plumpste dem Pferd immer wieder ungeschickt in den Rücken und war kaum mehr als ein hilfloser Beifahrer.Nicolas gab mir geduldig Tipps, aber schließlich verließ mich die Kraft. Ich ließ die Zügel lang und klopfte Won Da Pie den Hals.
    Â»Das war doch für den Anfang gar nicht schlecht«, lobte Nicolas. »Er ist nicht ganz einfach zu reiten und viel sensibler als die Schulpferde, die du bisher geritten hast, nicht wahr?«
    Ich nickte und lächelte.
    Â»Ha! Der Mehlsack lernt’s nie«, sagte Thierry, gerade so laut, dass ich es hören konnte. Er grinste verächtlich und sprang vom Zaun, auf dem er gehockt hatte.
    Mehlsack! Wie konnte er nur so gehässig sein? Mir schossen die Tränen in die Augen und ich saß eilig ab. Gerade eben war ich noch so stolz gewesen! Sie alle hier waren freundlich zu mir. Alle, bis auf Thierry! Was hatte ich ihm getan, dass er so gemein zu mir war?
    Ich führte Won Da Pie aus dem Paddock, sattelte ihn ab und versorgte ihn. Véroniques

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