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Charlottes Traumpferd

Charlottes Traumpferd

Titel: Charlottes Traumpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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die längst gelernt hatten, einen unruhigen Sitz und einen klopfenden Schenkel zu ignorieren.
    Won Da Pie dagegen reagierte auf jeden meiner Fehler wie ein Seismograf! Er wurde sofort schneller, legte sich aufs Gebiss oder schlug mit dem Kopf, bis ich das Gefühl hatte, mir würden die Arme aus dem Körper gerissen. Und wenn es Won Da Pie zu arg wurde mit meinen Absätzen, warf er mich kurzerhand ab. Allein bei der ersten Reitstunde hatte ich drei Mal im Dreck gelegen.
    Â»Schritt!«, rief Nicolas endlich, und ich parierte das Pferd dankbar durch. Keine Faser meiner Kleidung war mehr trocken, ich schnappte nach Luft und war dunkelrot im Gesicht. Sollte Reiten nicht eigentlich Spaß machen?
    Â»Sehr angestrengt hast du dich bisher noch nie beim Reiten, hm?«, meinte Nicolas, als ich mich wieder einigermaßen erholt hatte. Ich fühlte mich ertappt und zuckte nur mit den Schultern.
    Â»Egal was man gut können will«, sagte Nicolas, »man muss bereit sein, sich zu quälen. Weitermachen, wenn man meint, dass es nicht mehr geht. Und wollen! Wollen muss man! Verstehst du?«
    Ich nickte kläglich.
    Â»Du sitzt zwar auf den ersten Blick ganz schön auf dem Pferd«, fuhr Nicolas mit beschämender Ehrlichkeit fort, »aber du sitzt nur drauf. Du hast keinerlei Einwirkung auf das Pferd. Willst du es wirklich lernen?«
    Was für eine Frage!
    Â»Ja.« Ich klopfte Won Da Pie den Hals, der noch nicht einmal feucht war.
    Â»Gut.« Nicolas grinste. »Dann machen wir heute Nachmittag noch einmal eine Longenstunde mit Caramel. Ohne Sattel.«
    Ich nickte wieder und saß ab. Fast wären mir die Beine eingeknickt. Mehlsack, dachte ich wieder. So Unrecht hatte Thierry nicht.
    Â»Du Arme«, meinte Sophie mitfühlend, als ich am Nachmittag Caramel für meine Longenstunde putzte und auftrenste, »jetzt hat mein Onkel endlich ein Opfer gefunden.«
    Â»Wieso Opfer?« Ich warf dem Mädchen einen misstrauischen Blick zu.
    Â»Als Reitlehrer ist er berüchtigt«, erklärte Sophie. »Er hat das Reiten beim Cadre Noir gelernt und war dort ein paar Jahre Ausbilder, bevor er sich selbstständig gemacht hat. Ich finde, er ist der beste Reitlehrer, den es gibt. Zwar schindet er einen bis zum Umfallen, aber man kann eine Menge bei ihm lernen. Nur wenn er merkt, dass sich jemand keine Mühe gibt, dann ist derjenige bei ihm untendurch.«
    Vom Cadre Noir, der berühmten französischen Reitschulein Saumur, hatte ich schon gehört und gelesen. Die besten Reiter Frankreichs hatten dort ihre Ausbildung erhalten.
    Â»Hm«, ich streichelte nachdenklich Caramels Nase, »ich muss doch dann ein Graus für ihn sein, so wie ich auf dem Pferd hänge.«
    Â»In vierzehn Tagen ist das nicht mehr so«, versicherte mir Sophie wenig ermutigend. »Entweder du gibst nämlich vorher auf oder du sitzt im Sattel wie eine Amazone.«
    Du hast schon so viele Dinge mit Feuereifer angefangen und dann nie weitergemacht, hörte ich meinen Vater in Gedanken zu mir sagen. Ich erinnere dich nur an das Klavierspielen, Basketball, Judo oder Voltigieren … Ja, mit allem hatte ich angefangen, aber als es schwieriger geworden war, hatte ich wieder aufgehört. Ich war immer zu bequem gewesen, mich tatsächlich für etwas zu quälen. Das, was mir nicht einfach zuflog, hatte ich immer gemieden. Und nun stand ich bei meinem geliebten Reitsport vor der Entscheidung.
    Nicolas hatte recht, wenn er vermutete, dass ich mich bisher niemals richtig angestrengt hatte. Selten hatte ich bei einer Reitstunde mal länger ausgesessen als zwei Runden, weil ich dann Seitenstechen bekam. Immer noch, nach drei Jahren, ritt ich in einer Anfängergruppe. Beate und Billie waren schon längst weiter als ich, und nach dem Sommer würden auch Dorothee, Inga, Oliver und Karsten besser sein! Reichte es mir, gerade mal auf dem Pferd sitzen zu können, um durchs Gelände zu schaukeln, oder wollte ich lernen, ein schwieriges Pferd wirklich zu beherrschen? In meinen Tagträumen, in die ich mich nach einer misslungenenReitstunde zu flüchten pflegte, war ich die Heldin: mutig, souverän, wortgewandt und eine blendende Reiterin. Die Wirklichkeit war deprimierend anders.
    Â»Bist du so weit, Charlotte?«, fragte Nicolas im Vorbeigehen, und ich nickte.
    Ja, ich war so weit. Eine Möglichkeit wie diese würde sich mir niemals wieder bieten! Mit einer Reitstunde pro Woche in

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