Charlston Girl
habe ich es aufgegeben.
»Gehen wir!« Ihre Beine zucken. »Ich kann es kaum erwarten, das Tanzbein zu schwingen!«
Meine Güte. Sie ist wirklich besessen davon. Aber wenn sie meint, Ed und ich tanzen wieder allein vor versammelter Mannschaft, hat sie sich geschnitten.
»Sadie, hör zu«, sage ich entschlossen. »Es ist ein Geschäftsessen. Da wird nicht getanzt. Ich bin hier, um zu arbeiten.«
»Wir werden schon was finden«, sagt sie zuversichtlich. »Man findet immer was zum Tanzen.«
Na. Wenn sie unbedingt meint.
Als ich aussteige, bin ich von Menschen in Abendkleidern umringt, die Hände schütteln und lachen und für die Kameras posieren. Mehrere erkenne ich von den Fotostrecken in Business People. Für einen kurzen Moment wird mir ganz kribbelig vor Nervosität. Doch dann sehe ich Sadie und hebe mein Kinn genau wie sie. Sollen die Leute doch so wichtig sein, wie sie wollen. Ich bin genauso gut. Ich habe meine eigene Firma. Selbst wenn die nur aus zwei Leuten und einer klapperigen Kaffeemaschine besteht.
»Hi, Lara.« Eds Stimme begrüßt mich von hinten, und ich drehe mich um. Da ist er, und er sieht so flott und adrett aus, wie zu erwarten stand. Sein Smoking passt ihm wie angegossen, sein dunkles Haar ist perfekt zurückgekämmt.
Josh trägt nie einen Smoking. Immer zieht er irgendwas Schräges an wie eine Nehru-Jacke und Jeans. Aber Josh ist auch echt cool.
»Hi.« Ich nehme Eds Hand, bevor er auf die Idee kommt, mir einen Kuss zu geben. Nicht dass ich es erwarten würde. Er mustert meinen Aufzug von oben bis unten, mit fragendem Blick.
»Sie sehen so ... nach Zwanziger Jahre aus.«
Gut beobachtet, Einstein. »Ja, nun.« Ich zucke mit den Achseln. »Ich mag Kleider aus den Zwanzigern.«
»Was Sie nicht sagen«, bemerkt er trocken.
»Du siehst zum Anbeißen aus!«, sagt Sadie fröhlich zu Ed. Sie wirft sich ihm an den Hals, schlingt beide Arme um seine Brust und knutscht seinen Hals.
Igitt. Will sie das den ganzen Abend machen?
Wir nähern uns einer kleinen Gruppe von Fotografen, und auf das Zeichen einer Frau mit Headset hin bleibt Ed stehen und rollt mit den Augen. »Entschuldigen Sie. Ich fürchte, das muss sein...«
»Hilfe!«, sage ich panisch, als mich die Kamerablitze blenden. »Was soll ich machen?«
»Bleiben Sie entspannt«, raunt er mir beruhigend zu. »Kopf hoch und lächeln. Keine Sorge, es ist ganz normal, dass es einen verunsichert. Ich musste dafür extra ein Medientraining machen. Beim ersten Mal war ich so steif, dass ich wie eine Puppe von den Thunderbirds aussah.«
Das bringt mich zum Lächeln. Tatsächlich sieht er ein bisschen aus wie einer von den Thunderbirds , mit seinem eckigen Unterkiefer und den dunklen Augenbrauen.
»Ich weiß, was Sie denken«, sagt er, während es blitzt. »Ich sehe sowieso aus wie einer von den Thunderbirds. Ist okay. Ich kann die Wahrheit vertragen.«
»Das habe ich nicht gedacht!«, sage ich wenig überzeugend. Wir ziehen zur nächsten Fotografengruppe weiter. »Wie kommt es eigentlich, dass Sie die Thunderbirds kennen?«
»Soll das ein Witz sein? Die habe ich gesehen, als ich klein war. Ich war hin und weg. Ich wollte Scott Tracy sein.«
»Ich wollte Lady Penelope sein.« Ich blicke zu ihm auf. »Also interessieren Sie sich zumindest etwas für britische Kultur.«
Ich bin mir nicht sicher, ob eine Kindersendung im Fernsehen als »Kultur« durchgeht, aber ich kann mir die Bemerkung nicht verkneifen. Ed wirkt überrascht und holt Luft, als wollte er antworten, doch bevor er es kann, kommt die Frau mit dem Headset, um uns weiterzugeleiten, und er lässt es bleiben.
Auf dem Weg ins Hotel sehe ich mich um, versuche einzuschätzen, welche Leute ich wegen des Jobs bei Leonidas Sports ansprechen könnte. Ich muss schnell meine Runde machen, bevor sich alle zum Essen hinsetzen.
Mittlerweile klebt Sadie an Eds Seite fest, streichelt sein Haar, reibt ihr Gesicht an seinem und fährt mit der Hand über seine Brust. Als wir vor einem Empfangstisch stehen bleiben, taucht sie ab und steckt den Kopf in die Tasche seiner Smokingjacke. Ich bin so irritiert, dass ich zusammenzucke.
»Sadie!«, fauche ich hinter Eds Rücken. »Was machst du da?«
»Ich guck mir seine Sachen an!«, sagt sie und richtet sich auf. »Da war nichts sonderlich Interessantes, nur ein paar Zettel und ein Kartenspiel. Ich frage mich, was er in den Hosentaschen hat... hmm...« Ihr Blick bleibt an seinem Schritt hängen, und fängt an zu leuchten.
»Sadie!«, zische ich
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