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Charlston Girl

Charlston Girl

Titel: Charlston Girl Kostenlos Bücher Online Lesen
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können: »Ich glaube, mir ist ein Irrer auf den Fersen« und er wäre nicht ermordet worden. Der Erste Weltkrieg hätte nicht stattgefunden. Und Sadie hätte ihren Liebsten anrufen und sie hätten alles klären können...
    »Lebt er noch?« Plötzlich packt mich Hoffnung. Es ist wahnwitzig. »Wir könnten ihn auftreiben! Wir könnten ihn googeln, wir könnten nach Frankreich fahren. Ich wette, wir würden ihn finden...«
    »Er starb jung«, fällt Sadie mir ins Wort, mit belegter Stimme. »Zwölf Jahre nachdem er England verlassen hatte. Sie haben seinen Leichnam nach Hause geholt und im Dorf beigesetzt. Damals lebte ich schon im Ausland. Aber ich war sowieso nicht zu der Beerdigung eingeladen. Und ich wäre auch nicht hingegangen.«
    Ich bin so bestürzt, dass ich kein Wort herausbringe. Er hat sie nicht nur verlassen, er ist gestorben. Das ist eine schreckliche Geschichte mit einem traurigen Ende, und ich wünschte, ich hätte nie gefragt.
    Sadie wirkt abgespannt, als sie aus dem Fenster blickt. Ihre Haut scheint mir noch blasser als sonst, und sie hat dunkle Schatten unter den Augen. In ihrem silbergrauen Kleid sieht sie aus wie ein zerbrechliches Geschöpf. Plötzlich kommen mir die Tränen. Sie hat diesen Maler geliebt. Das ist offensichtlich. Mit ihrem Übermut und ihrer Widerborstigkeit will sie nur verbergen, dass sie ihn wirklich geliebt hat. Vermutlich ihr Leben lang.
    Wie konnte er ihre Liebe nicht erwidern? Mistkerl. Wenn er noch am Leben wäre, würde ich ihn suchen und ihm eine reinhauen. Selbst wenn er ein tatteriger, tausend Jahre alter Greis mit zwanzig Enkeln wäre.
    »Das ist so traurig.« Ich wische mir die Nase. »Das ist so schrecklich traurig.«
    »Es ist nicht traurig«, erwidert sie, und ihre alte Schnodderigkeit kehrt zurück. »So ist es nun mal. Es gibt andere Männer, es gibt andere Länder, und es gibt ein anderes Leben, das man führen kann. Aber daher weiß ich es.« Plötzlich fährt sie zu mir herum. »Ich weiß es, und du musst mir glauben.«
    »Was weißt du?« Ich kann ihr nicht folgen. »Was soll ich glauben?«
    »Du wirst das mit deinem Kerl nie regeln können. Mit diesem Josh.«
    »Warum nicht?« Trotzig starre ich sie an. War ja klar, dass sie Josh ins Spiel bringt.
    »Weil du es dir wünschen kannst, so lange du willst.« Sie wendet sich ab, umschlingt ihre Knie. Ich kann die knochige Linie ihrer Wirbelsäule durch das Kleid sehen. »Aber wenn er dich nicht will... dann kannst du dir ebenso gut wünschen, der Himmel wäre rosa.«

15
    Ich bin nicht in Panik. Obwohl schon Mittwoch ist, und ich noch immer keine Lösung habe und Janet Grady auf dem Kriegspfad ist.
    Irgendwie bin ich über die Panik hinaus. Ich befinde mich in einem eher abgehobenen Zustand. Wie ein Yogi.
    Den ganzen Tag weiche ich Janets Anrufen schon aus. Kate hat ihr gesagt, ich bin auf dem Klo, beim Lunch, dann im Klo eingesperrt, und schließlich hörte ich sie verzweifelt sagen: »Ich darf sie nicht stören, wirklich nicht... Janet, ich weiß nicht, wer der Kandidat ist, bitte drohen Sie mir nicht...«
    Zitternd legt sie den Hörer auf. Offenbar hat Janet übelste Laune. Ich glaube, sie ist etwas besessen von dieser Shordist. Genau wie ich. Lebensläufe schweben vor meinen Augen, und das Telefon fühlt sich an wie an meinem Ohr festgeschweißt.
    Gestern hatte ich einen Geistesblitz. Zumindest kam es mir vor wie ein Geistesblitz. Vielleicht war es die reine Verzweiflung. Tonya! Sie ist hartgesotten und eisern und all das. Sie wäre Janet Grady absolut gewachsen.
    Also habe ich sie angerufen und beiläufig gefragt, ob sie eigentlich irgendwann wieder arbeiten will, nachdem die Zwillinge nun zwei geworden sind. Ob sie schon mal daran gedacht hätte, ins Marketing zu gehen? Vielleicht in die Sportbekleidungsbranche? Tonya war bei Shell in ziemlich leitender Position, bevor sie die Zwillinge bekam. Ich wette, ihr Lebenslauf ist echt beeindruckend.
    »Aber ich mache Karrierepause«, hielt sie dagegen. »Magda! Nicht DIESE Fischstäbchen! Du musst ganz unten in der Tiefkühltruhe suchen...«
    »Du hast doch bestimmt schon genug Pause gehabt. Eine Frau mit deinen Talenten... du kannst es sicher kaum erwarten, wieder arbeiten zu gehen.«
    »Eigentlich nicht.«
    »Aber zu Hause verblödet man doch, oder?«
    »Überhaupt nicht!« Sie klang empört. »Weißt du, ich gehe jede Woche mit den Jungs zur musikalischen Früherziehung. Das ist für Kinder und Erwachsene anregend, und da habe ich noch andere tolle Mütter

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