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Charlston Girl

Charlston Girl

Titel: Charlston Girl Kostenlos Bücher Online Lesen
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kennengelernt.«
    »Du willst mir erzählen, du würdest lieber zur musikalischen Früherziehung gehen und Cappuccino trinken, als Top-Marketing-Direktor zu werden?« Ich habe versucht, einen ungläubigen Unterton einzuflechten, denn selbst ich würde im Moment hundert Mal lieber zur musikalischen Früherziehung gehen und Cappuccino trinken, als mich mit dem hier zu beschäftigen.
    »Ja«, sagte sie ausdruckslos. »Würde ich. Wieso fragst du mich eigentlich, Lara?« Plötzlich wurde sie wachsam. »Was ist los? Hast du ein Problem? Denn du weißt doch, dass ich immer für dich da bin, wenn irgendwas schiefläuft...«
    Oh Gott. Nicht dieses geheuchelte Mitgefühl.
    »Gar nichts läuft schief. Ich wollte meiner großen Schwester nur einen Gefallen tun.« Das ließ ich kurz nachklingen, dann fügte ich hinzu: »Und diese Mütter, die du bei der musikalischen Früherziehung kennengelernt hast. Von denen war früher wohl keine Top-Marketing-Direktorin, oder?«
    Man sollte doch meinen, dass von acht ehemals berufstätigen Müttern wenigstens eine Marketing-Direktorin mit Erfahrung im Einzelhandel sein sollte, die umgehend wieder an die Arbeit gehen möchte. Sollte man meinen.
    Egal. So viel zu meiner tollen Idee. So viel zu allen meinen Ideen. Der einzige Kandidat, den ich gefunden habe, ist ein Typ in Birmingham, der wechseln würde, wenn er wöchentlich mit dem Hubschrauber pendeln könnte und Leonidas Sports dafür aufkäme. Was nie und nimmer passieren wird. Ich bin geliefert. Alles in allem sollte man meinen, jetzt sei nicht gerade der beste Zeitpunkt, sich aufzurüschen und zu einer Party zu gehen.
    Nichtsdestotrotz sitze ich hier in einem Taxi, bin aufgerüscht und gehe zu einer Party.
    »Wir sind da! Park Lane!« Sadie späht aus dem Fenster. »Bezahl den Fahrer! Gehen wir!«
    Grelles Blitzen von Kameras dringt in unser Taxi, und ich höre das Stimmengewirr von Gästen, die einander begrüßen. Ich sehe, wie ein Pulk von etwa zehn Leuten in Abendkleidung den roten Teppich vor dem Spencer Hotel erreicht, in dem das Business People- Dinner stattfindet. Nach der Financial Times zu urteilen, werden hier heute Abend vierhundert der renommiertesten Geschäftsleute Londons versammelt sein.
    Ich war kurz davor abzusagen, und zwar aus mehreren Gründen:
    Ich bin wieder mit Josh zusammen und sollte nicht mit anderen Männern ausgehen.
    Ich bin zu fertig von der Arbeit.
    Ich meine: echt fertig.
    Janet Grady könnte dort sein und mich anschreien.
    Clive Hoxton ebenso.
    Ganz zu schweigen von...
    Ich muss mich den ganzen Abend mit Mister Sorgenfalte unterhalten.
    Doch dann ging mir ein Licht auf. Vierhundert Geschäftsleute, alle im selben Raum. Ein paar von denen sind doch bestimmt Top-Marketing-Leute. Und ein paar von denen suchen bestimmt einen neuen Job. Hundert Pro.
    Das also ist mein allerletzter Rettungsversuch. Heute Abend, bei diesem Dinner, werde ich einen Kandidaten für Leonidas Sports finden.
    Ich sehe noch mal in meinem Abendtäschchen nach, ob ich auch genügend Visitenkarten dabeihabe, und betrachte mein Spiegelbild im Fenster. Es bedarf wohl keines besonderen Hinweises, dass Sadie sich um mein Outfit gekümmert hat. Ich trage ein schwarzes Paillettenkleid aus den Zwanzigern, mit Fransen an den Armen und perlenbesetzten, ägyptisch wirkenden Verzierungen an den Schultern. Darüber ein Cape. Meine Augen sind schwarz angemalt, ich trage ein langes, goldenes Schlangenarmband und sogar ein Paar originale Seidenstrümpfe, wie Sadie sie früher hatte. Und auf meinem Kopf sitzt eine glitzernde Strickmütze, die Sadie auf irgendeinem Flohmarkt gefunden hat.
    Heute Abend fühle ich mich allerdings erheblich selbstbewusster. Schließlich werden auch alle anderen gestylt sein. Und obwohl ich gegen die Mütze protestiert habe, finde ich insgeheim doch, dass ich echt cool aussehe. Irgendwie mondän und retro.
    Auch Sadie ist aufgetakelt, im Fransenkleid, ganz türkis und grün, mit einer Stola aus Pfauenfedern. Sie trägt mindestens zehn Halsketten, und auf ihrem Haar sitzt ein unfassbar alberner Kopfschmuck mit einem diamantenen Wasserfall, der bis über ihre Ohren fällt. Unablässig klappt sie ihr Abendtäschchen auf und zu und macht auf mich einen fast fiebrigen Eindruck. Im Grunde ist sie so, seit sie mir diese Geschichte von ihrem toten Liebhaber erzählt hat. Ich habe versucht, mehr darüber herauszufinden, hatte aber keine Chance. Jedes Mal schwebt sie einfach davon, verschwindet oder wechselt das Thema. Inzwischen

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