Charlston Girl
was Dummes!« Gleich darauf öffnet mir der Wachmann das Tor und beugt sich aus seinem Fenster.
»Ich habe mit Sarah gesprochen. Die weiß nichts von einem Schirm, aber sie kommt runter.«
»Ich gehe ihr entgegen, damit sie sich die Mühe sparen kann!«, sage ich fröhlich und marschiere an ihm vorbei, bevor er protestieren kann. Okay, die erste Hürde habe ich hinter mir.
»Sag mir Bescheid, sobald er wegsieht«, raune ich Sadie zu. »Sag: jetzt!«
»Jetzt!«, sagt sie plötzlich, und mit einem Satz biege ich geduckt vom Weg ab. Ich mache ein paar Schritte übers Gras, dann lasse ich mich fallen, rolle hinter eine Hecke und bleibe liegen, wie in einem Actionfilm.
Mein Herz wummert wie verrückt. Es ist mir sogar egal, dass ich mir eine Laufmasche geholt habe. Durch die Hecke sehe ich, wie Sarah eilig die Auffahrt heruntergeknirscht kommt, offensichtlich beunruhigt.
»Wo ist sie?«, höre ich ihre Stimme vom Tor her.
»... hab sie eben noch gesehen...« Der Wachmann klingt ratlos.
Ha!
Oder eigentlich: nicht ha! Sie könnten jeden Augenblick ihre Rottweiler auf die Suche schicken.
»Wo ist es?«, flüstere ich Sadie zu. »Führ mich hin! Aber pass auf!«
Wir machen uns auf den Weg über den Rasen zum Haus, hasten von der Hecke zum Wasserfall, dann zur preisgekrönten Skulptur. Jedes Mal erstarre ich, wenn jemand die Auffahrt herunterkommt, aber bisher hat mich noch keiner gesehen.
»Da!« Wir biegen um eine Ecke, und Sadie nickt zu den Balkontüren im ersten Stock hinauf. Diese führen auf eine Terrasse und über steinerne Stufen in den Garten hinunter. Ich muss gar nicht am Efeu hochklettern. Fast bin ich etwas enttäuscht.
»Halt die Augen auf!«, raune ich Sadie zu. Ich schleiche zu den Stufen, streife meine Schuhe ab und laufe lautlos hinauf. Vorsichtig nähere ich mich den offenen Terrassentüren. Mir stockt der Atem.
Da ist sie.
Sie liegt auf der Frisierkommode, gleich hinter der Für. Eine lange, schimmernde Doppelreihe aus gelben, schillernden Perlen, mit einer liebevoll gearbeiteten Libelle, perlmuttverziert und strassbesetzt. Es ist Sadies Kette. Schillernd und magisch, genau wie Sadie sie beschrieben hat, obwohl sie länger ist, als ich sie mir vorgestellt hatte, und ein paar Perlen sind schon etwas mitgenommen.
Während ich sie so betrachte, geht mir der Anblick doch nah. Nach all der Zeit. Nach all der Suche, der Hoffnung, den heimlichen Zweifeln, ob es sie auch wirklich noch gibt... da ist sie. Nur zwei Schritte entfernt. Ich könnte mich praktisch vorbeugen und sie mir nehmen, ohne das Zimmer zu betreten.
»Sie ist... zauberhaft.« Ich drehe mich zu Sadie um, mit leicht erstickter Stimme. »Das ist bestimmt das Schönste, was ich je...«
»Nimm sie!« Frustriert rudert sie mit den Armen, dass ihre Perlen klimpern. »Hör auf zu quatschen! Nimm sie!
»Okay, okay!«
Ich werfe die Terrassentüren auf, trete zögerlich ein und greife nach der Kette, als ich plötzlich Schritte vor dem Zimmer höre, die sich dem Zimmer nähern. Eine Nanosekunde später fliegt die Tür auf. Scheiße. Da kommt jemand.
In Panik ziehe ich mich auf den Balkon zurück und ducke mich.
»Was machst du?«, will Sadie unten wissen. »Hol die Kette!«
»Da drinnen ist jemand! Ich warte, bis er weg ist!«
Im nächsten Augenblick ist Sadie auf der Terrasse und steckt den Kopf durchs Glas hinein.
»Ein Zimmermädchen.« Wütend sieht sie mich an. »Du hättest dir die Kette schnappen sollen!«
»Ich hole sie gleich, wenn das Mädchen weg ist! Mach keinen Stress! Halt einfach die Augen offen!«
Ich weiche an die Wand zurück und bete, dass das Zimmermädchen oder wer da auch sein mag, nicht auf die Terrasse heraustritt, um frische Luft zu schnappen. Wie verrückt überlege ich mir Ausreden, falls sie es doch tut.
Plötzlich setzt mein Herz aus, als ich sehe, dass sich die Terrassentüren bewegen. Allerdings öffnen sie sich nicht. Sie schließen sich mit festem klink. Gleich darauf höre ich, wie ein Schlüssel gedreht wird.
Oh nein.
Oh nein, oh nein.
»Sie hat dich ausgeschlossen!« Sadie huscht ins Zimmer, dann wieder heraus. »Jetzt ist sie weg! Du kommst nicht mehr rein! Du kommst nicht mehr rein!«
Ich rüttle an der Terrassentür, aber die ist verriegelt und verrammelt.
»Du Idiot!« Sadie ist außer sich vor Wut. »Du dämlicher Idiot! Wieso hast du sie nicht einfach genommen?«
»Ich wollte doch!«, erwidere ich bockig. »Du hättest lieber nachsehen sollen, ob jemand kommt!«
»Und was wollen wir
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