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Charlston Girl

Charlston Girl

Titel: Charlston Girl Kostenlos Bücher Online Lesen
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Ich habe Sadie besucht.«
    Mir bleibt die Spucke weg.
    Treffer! Absoluter Volltreffer! Ich sollte Privatdetektivin werden.
    »Aber wieso hast du dich als Charles Reece ausgegeben?«
    »Lara.« Onkel Bill seufzt langmütig. »Ich habe da draußen viele Fans. Ich bin prominent. Es gibt so einiges, was ich nicht laut hinausposaune. Arbeit für karitative Zwecke, Krankenhausbesuche...« Er spreizt die Hände. »Charles Reece ist der Name, den ich benutze, wenn ich anonym bleiben möchte. Kannst du dir den Aufstand vorstellen, wenn bekannt würde, dass Bill Lington persönlich erscheint, um eine alte Dame zu besuchen?« Freundlich zwinkert er mir zu, und einen Moment lang kann ich nicht anders, als sein Lächeln zu erwidern.
    Da ist was dran. Onkel Bill ist ein echter Megastar. Ein Pseudonym anzunehmen, sieht ihm ähnlich.
    »Aber warum hast du niemandem aus der Familie davon erzählt? Bei der Trauerfeier hast du gesagt, du hättest Tante Sadie nie besucht.«
    »Ich weiß.« Onkel Bill nickt. »Und ich hatte meine Gründe dafür. Ich wollte dem Rest der Familie keine Schuldgefühle machen und auch nicht, dass sich jemand dafür rechtfertigen musste, dass er sie nicht besucht hat. Besonders dein Vater. Er kann schon mal... aufbrausend werden.«
    Aufbrausend? Dad ist nicht aufbrausend.
    »Dad ist okay«, sage ich knapp.
    »Oh, er ist super«, sagt Bill sofort. »Ein absolut fantastischer Mensch. Aber sicher ist es nicht einfach, Bill Lingtons Bruder zu sein. Ich kann es ihm nachfühlen.«
    Entrüstung brandet in mir auf. Er hat recht. Es ist nicht leicht, Bill Lingtons großer Bruder zu sein, weil Bill Lington so ein arrogantes Arschloch ist.
    Ich hätte ihn nicht anlächeln sollen. Ich wünschte, ich könnte das Lächeln wieder zurücknehmen.
    »Dad braucht dir nicht leidzutun«, sage ich so höflich, wie es mir möglich ist. »Er tut sich selbst auch nicht leid. Er hat es im Leben zu was gebracht.«
    »Weißt du, ich habe angefangen, deinen Dad als Beispiel in meinen Seminaren zu zitieren.« Onkel Bill klingt wie ein Märchenonkel. »Zwei Jungen. Derselbe Hintergrund. Dieselbe Erziehung. Der einzige Unterschied zwischen den beiden war, dass einer von ihnen etwas wollte. Einer von beiden hatte einen Traum.«
    Er hört sich an, als übte er eine Rede für irgendeine Promo-DVD ein. Mein Gott, ist das ein eitler Fatzke. Wer sagt eigentlich, dass alle Welt Bill Lington sein möchte? Manche Leute haben vielleicht den Traum, nicht weltweit auf Kaffeebechern abgebildet zu sein.
    »Nun, Lara.« Er konzentriert sich auf mich. »Es war mir eine Freude, dich zu sehen. Sarah wird dich hinausbegleiten...«
    Das war‘s? Meine Audienz ist beendet? Ich bin noch nicht mal bis zu der Sache mit der Kette gekommen.
    »Da ist noch was!«, sage ich eilig.
    »Lara...«
    »Es geht ganz schnell. Versprochen! Ich habe mich nur gefragt ... als du Tante Sadie besucht hast...«
    »Ja?« Ich sehe, dass er versucht, die Ruhe zu bewahren. Er blickt auf seine Armbanduhr und drückt auf seine Computertastatur.
    Oh Gott. Wie soll ich es sagen?
    »Weißt du irgendwas über...« Ich stolpere über meine eigenen Worte. »Ich meine, hast du rein zufällig... oder aus Versehen ... eine Kette mitgenommen? Eine lange Halskette mit Glasperlen und einem Libellen-Anhänger?«
    Ich erwarte den nächsten herablassenden Seufzer, einen leeren Blick und eine abschätzige Bemerkung. Ich erwarte nicht, dass er erstarrt. Ich erwarte nicht, dass sein Blick plötzlich stechend und argwöhnisch wird.
    Während ich diesem Blick standhalte, stockt mir der Atem. Er weiß, wovon ich rede. Er weiß es genau.
    Im nächsten Moment ist aller Argwohn verflogen, und er ist wieder ganz die hohle Höflichkeit in Person. Fast könnte man meinen, ich hätte mir das eben eingebildet.
    »Eine Kette?« Er nimmt einen Schluck Kaffee und tippt etwas auf seiner Tastatur. »Du meinst eine, die Sadie gehört hat?«
    In meinem Nacken kribbelt es. Was ist hier los? Ich habe in seinen Augen gesehen, dass er wusste, wovon ich spreche. Ich weiß es genau. Wieso tut er plötzlich so, als wüsste er von nichts?
    »Ja, es ist nur ein altes Schmuckstück, das ich gern wiederfinden möchte.« Mein Instinkt sagt mir, ich sollte mich cool und unbekümmert geben. »Die Schwestern im Pflegeheim sagten, es sei verschwunden, also...« Ich warte darauf, dass Onkel Bill reagiert, doch seine leere Maske gibt nichts preis.
    »Interessant. Was willst du damit?«, fügt er jovial hinzu.
    »Ach, nichts Besonderes. Ich

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