Charmant und unwiderstehlich
Mischung aus Entsetzen und Fassungslosigkeit. „Ich? Meinen Sportwagen verkauft? Nie und nimmer. Den Wagen habe ich nur übers Wochenende gemietet, damit ich das Holz transportieren kann.“ Melissa konnte sich nicht länger beherrschen. Sie prustete los und lachte aus vollem Halse. Der Pick-up von Uncle Ed rostete immer noch in der verfallenen Scheune vor sich hin, und Izaak benutzte immer noch das alte Fuhrwerk seines Vaters, wenn er Holz transportieren musste. Nur ein Costain brachte es fertig, dazu extra einen Wagen zu mieten.
„Was ist los?“ fragte er irritiert. „Darf ich mitlachen?“ Sie schüttelte den Kopf. „Du würdest es sowieso nicht verstehen.“
„Versuchs doch einfach“, schlug er vor und schob ihr herausfordernd das unrasierte Kinn entgegen.
Genervt seufzte sie auf. „Okay. Du hast nicht die geringste Ahnung, wie neunzig Prozent der Menschen hier leben. Oder ist dir auf dem Weg hierher ein Rover oder ein BMW begegnet? Außerdem, glaubst du wirklich, dass Gary sein sauer verdientes Geld jemals für überflüssigen Luxus verschleudert hätte?“ Brad ließ seinen Blick zwischen ihr und dem Rover hin-und herschweifen und lächelte sie an. „Okay. Das nächste Mal miete ich einen Chevy. Aber meinen BMW verkaufe ich nicht.“
Melissa nickte und zwang sich zu einem Lächeln. Plötzlich fiel ihr auf, dass Brads Charme noch viel gefährlicher für sie war, wenn er nicht auf Biegen und Brechen versuchte, charmant zu sein. Die Entdeckung traf sie vollkommen unerwartet.
Der Mann hatte das Zeug, sie wirklich um den Verstand zu bringen.
Aufmerksam inspizierte sie seine Arbeit. „Sieht gut aus. Danke. Ich gestehe, dass ich mir manchmal schon Gedanken darüber gemacht habe, ob die Bretter in ein paar Monaten mein Gewicht wohl noch aushalten werden. Sie waren wirklich ziemlich verrottet. Du hast ganze Arbeit geleistet. Aber das Holz würde ich dir gern bezahlen.“
Er schüttelte den Kopf. Das Haar fiel ihm auf die Stirn. „Betrachte es als Geschenk für das Baby. Und die körperliche Arbeit hat mir Spaß gemacht. Ich verbringe sonst nicht viel Zeit an der frischen Luft.“ Nach all der Arbeit durfte Melissa ihn nicht gehen lassen, ohne ihn zum Abendessen einzuladen. Außerdem würde Aunt Dora sie bis in ihre Träume hinein verfolgen, wenn sie es nicht tat. Und ungestörter Nachtschlaf war ihr heilig.
„Möchtest du zum Essen bleiben?“ fragte sie.
„Das wäre großartig.“ Er lächelte sie an und verdrehte ihr damit wieder den Kopf.
„Du kannst auch duschen, wenn du willst“, bot sie ihm an.
„Nichts, was mir im Augenblick lieber wäre“, erwiderte Brad. „Ich habe Kleidung zum Wechseln im Rover.“
Ein paar Minuten später stand Melissa in der Küche und bereitete das Abendessen zu. Nach einer halben Stunde gesellte sich Brad zu ihr. „Sieht lecker aus“, meinte er und setzte sich auf den Platz, den sie ihm angewiesen hatte.
Genau wie du, schoss es ihr unwillkürlich durch den Kopf, während sie ihren Blick über den Tisch schweifen ließ. Sie hatte noch ein wenig Roastbeef im Kühlschrank gehabt. Dazu gab es Bratkartoffeln, eine große Schüssel mit buntem Gemüse, selbst gebackenes Brot von Margaret Abramson und frische Butter. Das meiste stammte aus seinem Einkauf, aber trotzdem befürchtete sie, dass ihm das Essen in den teuren Restaurants besser schmecken würde als die karge Mahlzeit bei ihr in der Küche.
„Ich habe mich noch gar nicht für den Einkauf neulich bedankt“, meinte sie.
„Das musst du auch nicht“, wehrte er ab.
„Brad, es geht mir finanziell wirklich nicht so schlecht, wie du vielleicht glaubst.
Für die Renovierung der Scheune habe ich ein bisschen Geld zur Seite gelegt. Die Waren für die ersten Verkaufswochen im Antiquitätenladen habe ich fast alle zusammen. Ich habe wirklich alles, was ich brauche. Als Uncle Ed krank wurde, musste ich meine Pläne vorübergehend auf Eis legen. Dann ist er gestorben, und nach der Beerdigung haben Gary und Leigh mich gefragt, ob ich ihr Kind austragen würde. Sie hätten den Zeitpunkt nicht besser wählen können, weil ich in den Monaten, in denen ich mich um Uncle Ed gekümmert habe, sowieso nicht habe arbeiten können.“
„Deswegen hat dein Onkel dir die Farm vermacht, nicht wahr? Weil du bereit warst, alles für ihn zu opfern. Natürlich hatten Leigh und Gary sich genau den richtigen Zeitpunkt ausgesucht. Aber für dich muss es eine schwierige Entscheidung gewesen sein. Es ist bestimmt nicht leicht für
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