Chasm City
die Maschinen ans Ufer und kippten ihren Fang auf ein Förderband. Das brachte uns in eines der Gebäude, die ich vom Koloss aus gesehen hatte.
In einem belüfteten Empfangsraum wurden die Kapseln von gelangweilten Arbeitern vom Förderband genommen und geöffnet. Sobald sie leer waren, wurden sie in einen Verladebereich gebracht, der ähnlich aussah wie die Einschiffungszone auf dem Raumkoloss. Dort warteten schon neue Passagiere mit ihrem Gepäck. Vermutlich wurden die Kapseln anschließend von den Dreibeinen wieder in die Mitte des Sees gebracht und dann so hoch hinauf gehoben, dass der Koloss sie aufnehmen konnte.
Quirrenbach und ich stiegen aus und folgten dem Strom von Reisenden in ein Labyrinth kalter düsterer Gänge. Die Luft roch so abgestanden, als hätte jeder Atemzug bereits mehrere Lungen durchflutet, bevor er die meine erreichte. Aber sie war atembar, und die Schwerkraft war nicht merklich höher als in der Rostgürtel-Station.
»Ich weiß nicht genau, was ich erwartet hatte«, sagte ich. »Aber das ganz sicher nicht. Keinerlei Begrüßung; keine Sicherheitskontrolle, nichts. Man fragt sich, wie die Einwanderungs- und Zollbehörde aussehen wird.«
»Die Frage erübrigt sich«, sagte Quirrenbach. »Sie haben sie soeben verlassen.«
Ich dachte an die Diamantpistole, die ich Amelia gegeben hatte, weil ich es für ausgeschlossen hielt, sie mit nach Chasm City nehmen zu können.
»Das war alles?«
»Überlegen Sie doch. Es würde Ihnen sehr schwer fallen, irgendetwas nach Chasm City zu bringen, was nicht schon hier ist. Wozu sollte man Reisende auf Waffen kontrollieren? Es gibt so viele in der Stadt, dass es auf eine mehr oder weniger nicht ankommt. Wahrscheinlich würde man eine mitgebrachte Waffe eher beschlagnahmen, um Ihnen gegen Aufpreis ein neueres Modell anzubieten. Auch eine Untersuchung auf Krankheiten hätte wenig Sinn. Zu kompliziert, Besucher stecken sich eher hier an, als dass sie neue Keime einschleppen würden. Vielleicht täten uns ein paar kräftige neue Stämme sogar ganz gut.«
»Uns?«
»Ihnen. Ich habe mich versprochen.«
Wir betraten einen hellen Raum mit großen Fenstern, aus denen man auf den See sah. Der Raumkoloss wurde jetzt mit neuen Kapseln beladen. Über der Rückenflosse des Manta-Schiffes leuchteten die Schubdüsen, die ständig gezündet werden mussten, um die Position zu halten. Jede Kapsel passierte einen violetten Flammenring und wurde sterilisiert, bevor sie im Bauch des Kolosses verschwand. Die Stadt mochte sich nicht dafür interessieren, was hereinkam, aber dem Universum war es offenbar nicht egal, was nach draußen ging.
»Sie können mir vermutlich sagen, wie man von hier in die Stadt kommt?«
»So viel ich weiß, gibt es nur eine Möglichkeit, und das ist der Chasm City-Zephyr.«
Quirrenbach und ich zwängten uns an einem Palankin vorbei, der sich langsam durch den nächsten Verbindungstunnel schob. Der aufrecht stehende Quader war mit schwarzen Halbreliefs geschmückt, die Szenen aus der glorreichen Vergangenheit der Stadt zeigten. Als wir die träge Maschine überholt hatten, warf ich vorsichtig einen Blick zurück und sah in die angstvollen Augen des darin sitzenden Hermetikers: ein bleiches Gesicht hinter dickem grünem Glas.
Einige Servomaten waren als Gepäckträger unterwegs, aber sie wirkten ziemlich primitiv, keine blitzenden Intelligenzmaschinen, sondern klobige, pannenanfällige Roboter mit der Empfindungsfähigkeit eines Hundes. Wirklich intelligente Maschinen gab es außerhalb der Enklaven im Orbit, wo so etwas noch möglich war, nicht mehr. Aber selbst diese plumpen Servomaten galten offensichtlich als wertvoll: sie waren ein Zeichen von noch verbliebenem Wohlstand.
Ich sah auch die Wohlhabenden selbst, so weit sie nicht im Schutz eines Palankins unterwegs waren. Wahrscheinlich hatte keiner von ihnen Implantate von besonderer Komplexität; ganz sicher nichts, was durch Seuchensporen zerstört werden konnte. Dennoch wirkten sie nervös, hasteten in Rudeln vorwärts und verschanzten sich hinter ihren Servomaten.
Vor uns mündete der Tunnel in eine unterirdische Höhle. Hunderte von flackernden Lampen, die in Wandleuchtern steckten, spendeten ein schwaches Licht. Ein warmer, nach Maschinenöl riechender Luftzug strich durch den Raum.
Hier wartete ein schreckliches Ungeheuer.
Es fuhr in vier Doppelgeleisen, die in einem Winkel von neunzig Grad angeordnet waren: eins unten, eins oben, und eins an jeder Seite. Die Geleise hingen ihrerseits
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