Chasm City
mit solcher Kälte auf den Tod der Nebelspringer reagiert, dass ich mich fragte, ob ich nicht besser den Schweinen hätte Gesellschaft leisten sollen, die sie erwähnt hatten.
Andererseits konnte ich eine solche Chance nicht einfach ausschlagen. »Ist es richtig, dass Sie irgendwann in den Baldachin zurück wollen?«
Sie sah mich erfreut an. »Wenn Sie uns begleiten möchten, ist das absolut kein Problem. Ich bestehe sogar darauf.«
»Aber Sie brauchen sich nicht verpflichtet zu fühlen. Sie waren ohnehin schon sehr großzügig. Aber wenn es Ihnen nichts ausmacht…«
»Nicht im Geringsten. Steigen Sie ein.«
Die Tür der Gondel öffnete sich. Fischetti stieg in die Fahrerkabine, wir anderen gingen nach hinten. Wir hoben ab; ich gewöhnte mich allmählich an die Gondelbewegung, auch wenn ich sie noch immer nicht wirklich angenehm fand. Der Boden blieb rasch unter uns zurück; wir erreichten den Baldachin mit seinen Maschen, die Gondel suchte sich ihren Weg entlang der großen Kabelstränge, und die Fahrt wurde ruhiger.
Doch dann kamen mir endgültig Zweifel, ob ich mein Glück nicht doch besser bei den Schweinen hätte versuchen sollen.
»Nun, Tanner – wie hat es Ihnen gefallen?«, fragte Sybilline.
»Wie Sie sagten, es war eine tolle Aussicht.«
»Gut. Sie brauchen die Energie. Genauer gesagt, Sie werden sie brauchen.« Sie griff flink in ein Fach hinter der Plüschpolsterung der Gondelwand und zog eine hässliche kleine Pistole heraus. »Nun, Sie sehen ja wohl selbst: dies ist eine Waffe, und sie ist auf Sie gerichtet.«
»Der Kandidat bekommt zehn von zehn Punkten für scharfe Beobachtung.« Ich sah mir die Waffe an. Sie war aus Jade gemacht und mit kleinen roten Dämonen verziert. Die Mündung starrte mich an wie ein kleines, schwarzes Auge. Sybilline hielt sie mit ruhiger Hand.
»Ich will damit sagen«, fuhr Sybilline fort, »sie sollten nicht auf dumme Gedanken kommen.«
»Wenn Sie mich töten wollten, hätten Sie dazu schon ein Dutzend Mal Gelegenheit gehabt.«
»Richtig. Der Gedankengang hat nur einen logischen Fehler. Wir wollen Sie tatsächlich töten. Aber nicht einfach irgendwie.«
Eigentlich hätte ich sofort Angst haben sollen, als sie die Waffe zückte, aber mein Verstand musste die Situation erst verarbeiten und entschied erst nach einigen Sekunden, dass sie wohl tatsächlich so schlimm war, wie sie mir erschien.
»Was haben Sie mit mir vor?«
Sybilline nickte Waverly zu. »Kannst du es hier machen?«
»Die Instrumente habe ich, aber im Luftschiff wäre es mir lieber.« Waverly nickte ebenfalls. »Du kannst ihn doch bis dahin in Schach halten?«
Ich fragte noch einmal, was sie mit mir vorhätten, aber plötzlich interessierte sich niemand mehr dafür, was ich zu sagen hatte. Ich saß ganz schön in der Klemme, so viel war sicher. Waverlys Behauptung, er hätte geschossen, um mich vor den Schweinen zu schützen, hatte mich nie so völlig überzeugt, aber wer war ich, dass ich ihm widersprochen hätte? Ich sagte mir immer wieder vor, wenn sie mich töten wollten…
Schöner Satz. Aber Sybilline hatte Recht, mein Gedankengang enthielt einen logischen Fehler…
Bald hatten wir das eingeschlossene Luftschiff erreicht. Als wir darauf zuhielten, konnte ich das riesige, hoch über der Stadt thronende Gebilde ausgezeichnet sehen. Im näheren Umkreis gab es keine Baldachin- Lichter, die Äste, in denen es festsaß, schienen unbewohnt. Mir fiel wieder ein, dass man es als besonders diskret gerühmt hatte.
Wir landeten. Inzwischen hatte sich auch Waverly eine Waffe geholt, und als ich die Verbindungsrampe zur Luftschiff-Gondel betrat, richtete Fischetti eine dritte auf mich. Ich hätte nur noch eine einzige Möglichkeit gehabt: seitlich von der Brücke zu springen.
Aber so verzweifelt war ich nicht. Noch nicht.
Im Innern der Gondel führte man mich zu dem Stuhl zurück, auf dem ich erst vor wenigen Stunden aufgewacht war. Diesmal schnallte Waverly mich fest.
»Nun mach schon«, drängte Sybilline. Sie hatte die Hüfte seitlich ausgestellt und hielt die Pistole mit einer Hand wie eine zierliche Zigarettenspitze. »Es ist schließlich keine Gehirnoperation.«
Sie lachte. Waverly ging ein paar Minuten lang um meinen Stuhl herum und ließ immer wieder ein Knurren hören, das fast empört klang. Dann und wann betastete er mit sanften Fingern meine Kopfhaut. Endlich holte er, scheinbar befriedigt, von hinten irgendwelche medizinisch aussehenden Instrumente hervor.
»Was haben Sie mit mir
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