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Chasm City

Chasm City

Titel: Chasm City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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Schiffes stillschweigend beschlossen zu vergessen, dass du jemals existiert hast. Wie fühlt man sich, wenn man aus dem Gedächtnis der Öffentlichkeit gelöscht wird?«
    »Sie erinnern sich doch an mich?«
    »Richtig.« Sky nickte zu der fahlen, aerodynamischen Gestalt hin, die am anderen Ende des Raumes in einem Becken aus grünem Panzerglas schwebte. »Ich und er. Aber das besagt nicht viel, nicht wahr? Wenn sich nur die Folterknechte an einen erinnern?«
    »Es ist besser als nichts.«
    »Die Leute sind natürlich misstrauisch.« Er dachte an Constanza, den einzig wahren Dorn in seinem Fleisch. »Wenigstens waren sie misstrauisch, wenn sie überhaupt darüber nachdachten. Immerhin hast du meinen Vater getötet. Gibt mir das nicht sogar das moralische Recht, dich zu foltern?«
    »Ich habe nicht…«
    »Aber natürlich.« Sky lächelte. Er stand an dem primitiven Kontrollpult, über das er die Implantate des Saboteurs ansprechen konnte, und befingerte gelangweilt die klobigen schwarze Knöpfe und die verglasten Analoganzeigen. Die Anlage war selbst gebaut, er hatte sich die Teile dafür überall auf dem Schiff zusammengesucht und ihr dann den Namen ›Gotteskasten‹ gegeben. Denn letzten Endes war sie nichts anderes als ein Gerät, das Gott in den Schädel des Killers hinein praktizierte. In den ersten Tagen hatte er dem Mann damit nur Schmerzen zugefügt, doch dann – nachdem seine Persönlichkeit zerstört war – hatte er begonnen, sie nach seinen eigenen Vorstellungen mit kontrollierten Dosen neuraler Ekstase wieder aufzubauen. Im Augenblick tröpfelte nur ein winziges elektrisches Rinnsal in den Schläfenlappen des Infiltrators, und in diesem Nullzustand grenzten dessen Empfindungen für Sky eher an Agnostizismus als an Ehrfurcht.
    »Ich weiß nicht mehr, was ich getan habe«, sagte der Mann.
    »Nein, das glaube ich dir. Soll ich dich daran erinnern?«
    Der Saboteur schüttelte den Kopf. »Vielleicht habe ich Ihren Vater getötet. Aber jemand muss mir die Möglichkeit dazu gegeben haben. Jemand muss meine Fesseln durchschnitten und das Messer neben mein Bett gelegt haben.«
    »Es war ein Skalpell, und das ist unendlich viel feiner als ein Messer.«
    »Sie wissen das natürlich besser.«
    Sky drehte einen der schwarzen Knöpfe ein Stück weiter und beobachtete, wie die Zeiger der Analoganzeigen zitternd nach oben schnellten. »Warum hätte ich dir ermöglichen sollen, meinen eigenen Vater zu töten? Hältst du mich für wahnsinnig?«
    »Er lag ohnehin im Sterben. Sie hassten ihn für das, was er Ihnen angetan hatte.«
    »Und woher willst du das wissen?«
    »Sie haben es mir gesagt, Sky.«
    Das war natürlich nicht auszuschließen. Es machte Spaß, den Mann so lange in Angst und Verzweiflung zu versetzen, bis er seine Ausscheidungsorgane kaum noch beherrschen konnte, um dann den Druck zu mildern. Das konnte er mit der Anlage erreichen, wenn er wollte, er konnte aber auch ein paar chirurgische Instrumente auspacken und sie dem Gefangenen zeigen.
    »Er hatte mir doch nichts angetan, wofür ich ihn hassen müsste.«
    »Nein? Jetzt widersprechen Sie sich. Sie waren immerhin der Sohn von zwei Unsterblichen. Wenn Titus sich nicht eingemischt – Sie Ihren Eltern nicht geraubt hätte –, würden sie immer noch schlafen wie die anderen Passagiere.« Der Saboteur fuhr in seinem leicht archaischen Akzent fort: »Stattdessen müssen Sie Jahre Ihres Lebens auf diesem elenden Schiff verbringen, Sie werden dabei immer älter, setzen jeden Tag Ihr Leben aufs Spiel und können nie gewiss sein, ob Sie Journey’s End jemals erreichen werden. Und womöglich hat Titus sich ja auch geirrt. Vielleicht sind Sie gar nicht unsterblich? Mit Sicherheit werden Sie das erst in vielen Jahren sagen können.«
    Sky drehte den Knopf noch etwas weiter. »Findest du, dass ich so alt aussehe, wie ich wirklich bin?«
    »Nein…« Die Unterlippe des Saboteurs begann zu zittern. Er zeigte die ersten Symptome der Ekstase. »Aber das könnte auch an Ihren guten Genen liegen.«
    »Ich werde es darauf ankommen lassen.« Sky drehte den Strom noch höher. »Du weißt, dass ich dich hätte foltern können.«
    »Ohhh ja… ich weiß. O mein Gott, ich weiß es.«
    »Aber ich habe es nicht getan. Ist das jetzt ein einigermaßen starkes religiöses Erlebnis?«
    »Ja. Ich fühle die Gegenwart… da ist etwas… etwas… aaaah. Jesus. Ich kann jetzt nicht sprechen.« Krampfhafte Zuckungen, die nichts Menschliches mehr hatten, überliefen das Gesicht des

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