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Chasm City

Chasm City

Titel: Chasm City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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befördern könnten, ganz zu schweigen von einer lebenden.«
    »Daran hatte ich auch schon gedacht«, sagte er. »Und ich habe einige Vorarbeiten geleistet. Kommen Sie mit, Tanner, ich will Ihnen etwas zeigen.«
    Ich erschrak zu Tode.
    Wir gingen durch mehrere Verbindungskorridore in den Vivarienbereich im Keller des Reptilienhauses. Dort standen Hunderte von großen Schaukästen, in denen mit Luftbefeuchtern und Temperatursteuerung ein angenehmes Klima für Reptilien hergestellt werden konnte. Die meisten Gäste, die in diesen Kästen hätten wohnen sollen, krochen sonst im Halbdunkel über den Waldboden. In den Vivarien hätten sie eine artgerechte Umgebung mit genau den richtigen Pflanzen vorgefunden. Das größte dieser Habitats bestand aus einer Reihe von terrassenförmigen Felsentümpeln und war für ein Boa Constrictor-Pärchen bestimmt, doch die Tiere waren schon vor Jahren im Embryonenstadium geschädigt worden.
    Eigentlich gab es auf Sky’s Edge keine Reptilien im engeren Sinne. Auch auf der Erde war diese Gattung nur eine von unzähligen Möglichkeiten gewesen, unter denen die Evolution hatte wählen können.
    Auf der Erde waren die Tintenfische die größten wirbellosen Tiere, auf Sky’s Edge dagegen hatten die wirbellosen Lebensformen auch das Festland erobert. Warum das Leben hier gerade diese Entwicklung genommen hatte, konnte niemand genau sagen, man vermutete jedoch, dass eine unbekannte Katastrophe die Ozeane auf etwa die Hälfte ihrer Fläche hatte schrumpfen lassen, sodass riesige neue Trockenflächen entstanden. Damit hatte das Leben am Rand der Ozeane einen gewaltigen Anreiz bekommen, sich auf die Verhältnisse zu Lande einzustellen. Die Wirbelsäule war einfach nie erfunden worden, die Evolution hatte sich langsam, mit blinder Beharrlichkeit einen Weg gesucht, auf dem sie nicht gebraucht wurde. Die Lebewesen auf Sky’s Edge waren rückgratlos im wahrsten Sinne des Wortes. Bei den größten Tieren – den Hamadryaden – bekam der Körper seine Festigkeit nur durch den Druck von Flüssigkeiten, die von Hunderten im ganzen Körper verteilten Herzen durch den Kreislauf gepumpt wurden.
    Aber die Hamadryaden waren Kaltblüter, sie passten ihre Körpertemperatur ihrer Umgebung an. Auf Sky’s Edge gab es keinen Winter, folglich hatte keine Selektion auf warmblütige Säugetiere stattgefunden. Und die Kaltblütigkeit war die Eigenschaft, die am meisten an Reptilien erinnerte. Sie führte dazu, dass sich die Tiere auf Sky’s Edge langsam bewegten, in unregelmäßigen Abständen fraßen und ein hohes Alter erreichten. Für die größten Exemplare, die Hamadryaden, gab es den Tod, wie wir ihn kannten, überhaupt nicht. Sie durchliefen nur eine Metamorphose.
    Der letzte Verbindungskorridor mündete in den größten Kellerraum. Dort wurde das Jungtier gehalten. Ursprünglich hatte man hier eine Familie von Krokodilen unterbringen wollen, aber die lagen vorerst auf Eis. Der für sie vorgesehene Ausstellungsraum war gerade groß genug für die junge Hamadryade. Zum Glück war sie in Gefangenschaft nicht merklich gewachsen. Wenn Cahuella allerdings ernsthaft daran dachte, eine Präadulte einzufangen, mussten wir mit Sicherheit einen riesigen Raum anbauen.
    Ich hatte das Jungtier seit einigen Monaten nicht mehr gesehen. Ich fand es, wenn ich ehrlich war, nicht allzu interessant. Irgendwann kam man dahinter, dass das Vieh nicht gerade ein Ausbund an Aktivität war. Wenn es gefressen hatte, rollte es sich zusammen und fiel in einen todesähnlichen Schlaf. Hamadryaden hatten keine Raubtiere zu fürchten, sie konnten sich erlauben, in aller Ruhe ihre Nahrung zu verdauen und Energie zu speichern.
    Jetzt standen wir vor der tiefen Grube mit den weißen Wänden, die ursprünglich für die Krokodile bestimmt gewesen war. Rodriguez, einer von meinen Männern, beugte sich über den Rand und fegte den Boden, der so tief unten war, dass er einen zehn Meter langen Besen brauchte. Die glatten Wände waren weiß gefliest. Manchmal musste Rodriguez in die Grube hinunter, um etwas zu reparieren, und um diese Aufgabe hatte ich ihn noch nie beneidet, obwohl sich das Jungtier hinter einer Barriere befand. Es gab eben Orte, an denen man sich lieber nicht aufhielt, und dazu zählte mit Sicherheit eine Schlangengrube. Rodriguez grinste unter seinem Schnurrbart, zog den Besen heraus und hängte ihn hinter sich an die Wand neben ein Sortiment von Werkzeugen mit ebenso langen Stielen: Zangen, Betäubungsharpunen, Stachelstöcke

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