Chasm City
sofort genau wusste, wo er sich befand, als er mit dem Captain das Shuttle verließ. Sie waren von einer bewaffneten Eskorte in Empfang genommen worden, obwohl sie eher Staatsgäste als Gefangene waren, aber bei weniger strenger Überwachung hätte er sich ohne Hilfe und vielleicht sogar, ohne gesehen zu werden, überall auf dem Schiff zurechtfinden können. Er kannte sämtliche Sackgassen und Abkürzungen auf der Santiago wie seine Hosentasche, und vermutlich war die Palästina in dieser Hinsicht eine genaue Kopie seines Heimatschiffes. Doch von der elementaren Topologie einmal abgesehen, war dieses Schiff in jeder Hinsicht ein klein wenig anders. Es war, als befände man sich in einer Welt, die in den profansten Einzelheiten ganz minimal von der gewohnten Umgebung abwich. Der Einrichtungsstil war ein anderer, Schilder und Markierungen waren in unbekannter Schrift und Sprache gehalten, wo die Santiago leere Wände hatte, waren sie hier mit Schlagworten und Bildern bemalt. Die Besatzung trug andere Uniformen, die Rangabzeichen waren Sky nicht geläufig, und wenn die Leute miteinander sprachen, verstand er fast gar nichts. Sie hatten andere Instrumente und salutierten bei jeder sich bietenden Gelegenheit geradezu aggressiv schneidig. Ihre Körpersprache war wie eine etwas falsch gespielte Melodie. Die Innentemperatur war höher als auf der Santiago, die Luftfeuchtigkeit ebenfalls – und es roch nach Küchendünsten. Das war nicht direkt unangenehm, aber es verstärkte das Gefühl von Fremdheit. Vielleicht bildete er es sich nur ein, aber selbst die Schwerkraft kam ihm höher vor, jeder Schritt polterte auf den Fußboden wie ein Hammerschlag. Vielleicht hatte die Palästina ihre Rotationsgeschwindigkeit ein klein wenig erhöht, um bei der Ankunft auf Journey’s End einen Vorteil vor den anderen Kolonisten zu haben. Vielleicht wollte man auch nur, dass niemand sich beim Spitzengespräch allzu wohl fühlte, und hatte deshalb auch gleich die Heizung hoch gedreht. Aber vielleicht bildete er sich das auch wirklich nur ein.
Beim eigentlichen Spitzengespräch waren deutliche Spannungen zu spüren, aber sie waren nicht so stark, dass Sky um die Gesundheit seines Captains hätte fürchten müssen – falls von Furcht die Rede sein konnte. Balcazar war inzwischen wach geworden, sein Geist war fast völlig klar. Das Beruhigungsmittel, das Rengo ihm verabreicht hatte, war so bemessen, dass es zum Zeitpunkt der Ankunft in der Wirkung nachließ. Sky stellte fest, dass einige der anderen hochrangigen Besatzungsmitglieder kaum weniger gebrechlich waren als sein eigener Captain; auch sie wurden von biomedizinischen Apparaturen versorgt und von ihren Assistenten bemuttert. Eine ganze Kollektion von ächzenden, keuchenden Schrottmühlen ganz besonderer Art war hier versammelt, fast als hätten sich die Maschinen verabredet und ihre menschlichen Wirte nur mitgeschleppt.
Natürlich hatte man hauptsächlich über die Botschaften von zu Hause gesprochen. Alle waren sich einig, dass alle beide tatsächlich aus der Heimat stammten, auch wenn sich niemand für ihren Wahrheitsgehalt verbürgen wollte. Man ging also nicht davon aus, dass es sich um einen aufgelegten Schwindel handelte, mit dem ein Schiff den Rest der Flottille über den Tisch ziehen wollte. Jeder Frequenzbereich in den beiden Funksprüchen war dank der interstellaren Elektronenwolken zwischen Sol und der Flottille relativ zu seinem Nachbarn einer bestimmten Verzögerung unterworfen. Dieses ›Schmieren‹ hätte sich nur sehr schwer überzeugend fälschen lassen, selbst wenn man das Sendegerät für die Botschaften weit genug hinter den Schiffen hätte abwerfen können. Das sechste Schiff wurde nicht erwähnt, auch Skys Captain spielte mit keinem Wort darauf an. Vielleicht war es wirklich so, dass man nur auf der Santiago von seiner Existenz wusste. Mit anderen Worten, es war ein Geheimnis, das man hüten sollte.
»Natürlich«, sagte der Antriebstheoretiker, »könnte es auch ein Schwindel sein.«
»Aber warum sollte uns jemand Informationen schicken, die abträglich für uns sind?«, fragte Zamudio, der Kommandant des Gastgeberschiffes. »Was immer uns widerfährt, braucht zu Hause niemanden zu kümmern. Warum also sollte man uns schaden wollen?«
»Das gilt genauso für alle Daten, die uns nützen«, gab Omdurman zu bedenken. »Warum also sollte man uns solche Informationen schicken? Es sei denn, man wollte ganz gewöhnlichen menschlichen Anstand unterstellen.«
»Zur
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