Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chasm City

Chasm City

Titel: Chasm City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
Vom Netzwerk:
Hölle mit dem menschlichen Anstand! Der Teufel soll ihn holen«, brummte Balcazar.
    Sky erhob rasch die Stimme, um seinen Captain zu übertönen. »Ich halte in beiden Fällen auch andere Argumente für denkbar.« Man sah ihn so nachsichtig an wie ein Kind, das versuchte, einen Witz zu erzählen. Kaum jemand von den Anwesenden wusste, wer er war, allenfalls kannte man ihn als den vermeintlichen Sohn von Titus Haussmann. Ihm war das nur Recht: er fand es außerordentlich befriedigend, unterschätzt zu werden.
    »Die Organisation, die sich einst für den Start der Flottille einsetzte«, fuhr er fort, »könnte in irgendeiner Form, vielleicht im Untergrund, zu Hause noch existieren. Sie wäre sicher nach wie vor daran interessiert, uns zu unterstützen, und sei es nur, um sicherzustellen, dass die Anstrengungen von einst nicht vergeblich waren. Vergessen Sie nicht, wir könnten die einzige interstellare Expedition geblieben sein, dann wären wir die einzige Hoffnung der Menschheit, jemals einen anderen Stern zu erreichen.«
    Omdurman strich sich den Bart. »Das ist natürlich möglich. Wir sind wie eine große Moschee, die sich noch im Bau befindet: ein Jahrhundertwerk, dessen Vollendung keiner der daran Beteiligten jemals erleben wird…«
    »Zur Hölle… zur Hölle mit ihnen!«
    Omdurman stockte, tat aber so, als hätte er nichts gehört. »… dennoch fänden diejenigen, die wissen, dass sie vor der Fertigstellung sterben müssen, vermutlich eine gewisse Befriedigung darin, etwas zum Gelingen des Werkes beigetragen zu haben, und wäre es nur ein winziges Steinchen in der letzten Ecke eines Mosaiks. Die Schwierigkeit ist, dass wir so verflixt wenig darüber wissen, was zu Hause wirklich geschehen ist.«
    Zamudio lächelte. »Selbst wenn man uns ausführlichere Berichte schickte, wüssten wir immer noch nicht, inwieweit wir ihnen vertrauen könnten.«
    »Das heißt, wir stehen wieder am Anfang«, sagte Armesto von der Brasilia. Er war der jüngste Captain; nicht viel älter als Sky. Sky beobachtete ihn aufmerksam, wie um sich die Umrisse seines potenziellen Gegners einzuprägen, auch wenn das Bild erst in Jahren oder Jahrzehnten Gestalt annehmen würde.
    »Ebenso könnte ich mir Motive vorstellen, aus denen man uns töten möchte«, sagte Sky. Dann wandte er sich an Balcazar. »Natürlich nur, wenn Sie gestatten?«
    Der Captain fuhr auf, als wäre er am Einnicken gewesen.
    »Nur zu, Titus, mein lieber Junge.«
    »Nehmen wir an, wir wären nicht das einzige Ass im Ärmel.« Sky beugte sich vor, die Ellbogen fest auf die Mahagoniplatte gestützt. »Seit unserem Aufbruch ist ein Jahrhundert vergangen. Vielleicht entwirft man inzwischen schnellere Schiffe; sie könnten sogar schon gestartet sein. Vielleicht gibt es Parteien, die den Schwan für sich beanspruchen möchten und deshalb zu verhindern suchen, dass wir ihn erreichen. Natürlich könnten sie mit uns um die Zielwelt kämpfen, aber sie hätten vier große Schiffe gegen sich, und wir haben Nuklearwaffen.« Man hatte Atomsprengköpfe an Bord genommen, um damit nach der Ankunft auf Journey’s End die Landschaft der Zielwelt zu verändern – Pässe durch die Gebirge zu sprengen oder Häfen in die Küsten zu brechen –, aber sie konnten durchaus auch als Waffen eingesetzt werden. »Wir wären kein leichtes Ziel. Folglich wären solche Parteien natürlich sehr daran interessiert, uns zur Selbstzerstörung zu überreden.«
    »Wollen Sie damit sagen, dass gleich viel dafür spricht, der Botschaft zu vertrauen, wie ihr nicht zu vertrauen?«
    »Richtig. Das Gleiche gilt für die zweite Botschaft, die uns davor warnt, die Umbauten vorzunehmen.«
    Der Antriebstheoretiker hüstelte. »Er hat Recht. Wir können nichts anderes tun, als die technischen Anweisungen selbst auf ihren Wert zu überprüfen.«
    »Das wird nicht einfach sein.«
    »Und wir gehen ein gewaltiges Risiko ein.«
    So ging es hin und her; man spielte sich die Argumente für und gegen das Eingehen auf die Botschaft zu, ohne zu einem Ergebnis zu gelangen. Jede Partei unterstellte der anderen, sie halte wertvolle Informationen zurück – was ja auch stimmte, dachte Sky –, aber da keine Namen genannt wurden, endete das Spitzengespräch nicht in offener Feindschaft, sondern nur in einem vagen Unbehagen. Alle Schiffe verpflichteten sich, einander auch weiterhin alle Analysen der Botschaften zugänglich zu machen. Außerdem sollte eine Sonderkommission mit Experten aus der. ganzen Flottille gegründet werden,

Weitere Kostenlose Bücher