Chasm City
Brummen der Maschine war ohrenbetäubend. Die Nachtschwärmer sahen wortlos zu; das Traumfeuer und die Instrumente, mit denen sie es sich verabreicht hatten, waren verschwunden. Wenig später schoben die Techniker ihre Maschine zurück. Darunter war der Boden blitzblank. Ein Mann fegte den ganzen Bereich mit einem Gerät, das wie eine Mischung aus Besen und Minensucher aussah. Nach ein paar Schwüngen hob er den Daumen und folgte seinen Kollegen, die hinter der immer noch brummenden Maschine in die Halle zurückkehrten.
Die Nachtschwärmer blieben noch, aber nach dem Zwischenfall war ihnen offenbar die Lust auf weitere Unternehmungen vergangen. Wenig später waren sie alle in zwei Privatgondeln verschwunden, ohne dass ich Gelegenheit gefunden hätte, mich anzuhängen.
Dafür sah ich da, wo das Mondgesicht gestanden hatte, etwas auf dem Boden liegen. Zunächst dachte ich, es wäre eine von den Traumfeuer- Ampullen, doch als ich näher trat – noch hatte niemand anderer es gesehen – erkannte ich, dass es ein Empirikum war. Es musste ihm wohl herausgefallen sein, als er das Kästchen mit dem Traumfeuer wieder in die Tasche schob.
Ich kniete nieder und hob es auf. Ein schmaler, schwarzer Zylinder ohne jede Markierung mit Ausnahme einer kleinen silbernen Made am oberen Ende.
Bei Vadim hatte ich neben seinem Vorrat an Traumfeuer eine ganze Reihe ähnlich aussehender Empirika gefunden.
»Tanner Mirabel?«
Nur eine Spur von Neugier schwang in den Worten mit.
Ich sah mich um. Die Stimme war von hinten gekommen. Der Sprecher trug einen schwarzen Mantel, der gerade so viele Zugeständnisse an die Baldachin -Mode machte wie unbedingt nötig. Sein Gesicht war grau, und er schaute so ernst drein wie ein Leichenbestatter, der einen schlechten Tag hatte. Seine soldatisch stramme Haltung setzte sich bis in die deutlich hervortretenden Nackenmuskeln hinein fort.
Ein Mann, mit dem nicht zu spaßen war, wer er auch sein mochte.
Seit er meine volle Aufmerksamkeit gewonnen hatte, sprach er leise und bewegte kaum die Lippen. »Ich arbeite für einen professionellen Sicherheitsdienst« sagte er. »Wenn ich mit meiner Neurotoxin-Waffe auf Sie schieße, sind Sie in weniger als drei Sekunden tot. Sie macht keinen Lärm und fällt überhaupt nicht auf. Sie hätten nicht einmal Zeit, in meine Richtung zu schauen.«
»Genug der Artigkeiten«, sagte ich.
»Sie begreifen also, dass ich ein Profi bin wie Sie«, sagte der Mann und nickte zum Nachdruck. »Auch ich wurde dazu ausgebildet, so effizient wie möglich Menschen zu töten. Ich hoffe, das gibt uns eine gemeinsame Basis, sodass wir vernünftig miteinander reden können.«
»Ich weiß nicht, wer Sie sind und was Sie wollen.«
»Wer ich bin, braucht Sie nicht zu kümmern. Selbst wenn ich es Ihnen sagen wollte, müsste ich lügen, und was hätten Sie dann davon?«
»Zugegeben.«
»Gut. Sie können mich also Pransky nennen. Die zweite Frage ist leichter zu beantworten. Ich soll Sie zu jemandem begleiten, der Sie gern sprechen möchte.«
»Und wenn ich keine Begleitung wünschet«
»Sie haben die Wahl.« Er sprach immer noch so leise und ruhig wie ein junger Mönch, der sein Brevier las. »Aber dann sollten Sie mit einer Dosis Tetrodotoxin rechnen, die stark genug ist, um zwanzig Menschen zu töten. Natürlich kann ich nicht ausschließen, dass die biochemische Zusammensetzung Ihrer Membranen nicht mit der von anderen Menschen – oder höheren Wirbeltieren – zu vergleichen ist.« Er lächelte und ließ dabei blendend weiße Zähne aufblitzen. »Aber das werden Sie leider selbst beurteilen müssen.«
»Wahrscheinlich würde ich ein solches Risiko nicht eingehen wollen.«
»Sehr vernünftig.«
Pransky winkte mich mit der flachen Hand an dem nierenförmigen Karpfenteich vorbei, der so etwas wie ein Zentrum in diesem Teil des Gebäudes darstellte.
»Bevor Sie zu dreist werden«, sagte ich, ohne mich von der Stelle zu rühren, »sollten Sie vielleicht wissen, dass auch ich bewaffnet bin.«
»Das ist mir bekannt«, sagte er. »Wenn Sie wollen, kann ich Ihre Waffe sogar spezifizieren. Und ich kann Ihnen auch sagen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass eine von Ihren Eiskugeln mich tötet, bevor ich Ihnen das Gift injiziere, und ich glaube nicht, dass Sie von Ihren Chancen sehr beeindruckt wären. Weiterhin möchte ich Sie darauf hinweisen, dass sich zwar Ihre Waffe derzeit in Ihrer rechten Tasche befindet, nicht aber ihre Hand, was die Wirksamkeit Ihrer Drohung doch sehr
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