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Chasm City

Chasm City

Titel: Chasm City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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nur die Delphine sehen.«
    »Ach, es ging also um die Delphine?« Die Frage klang überrascht, als hätte Skys Vater eigentlich eine andere Antwort erwartet. »Ich dachte, du interessierst dich für die Toten, Sky – für unsere geliebten Momios.«
    Das ist schon wahr, dachte Sky – aber immer eins nach dem anderen.
    »Und jetzt bist du traurig«, fuhr sein Vater fort. »Weil sie nicht so waren, wie du sie dir vorgestellt hattest, richtig? Mir tun sie auch Leid. Sleek und die anderen sind krank im Kopf. Es wäre gnädiger, sie alle einzuschläfern, stattdessen lässt man sie weiterhin Junge bekommen, und jede Generation ist…«
    »Psychisch noch mehr gestört«, ergänzte Sky.
    »… ja.« Sein Vater sah ihn merkwürdig an. »Psychisch mehr gestört als die vorhergehende. Nun, dein Wortschatz hat sich ja erstaunlich vergrößert. Es wäre doch ein Jammer, diese Entwicklung zu unterbrechen, findest du nicht auch? Stattdessen müssen wir alles tun, um dich weiter zu fördern, nicht wahr?« Er fuhr Sky mit der Hand durchs Haar. »Und deshalb bleibst du vorerst in deinem Kinderzimmer, junger Mann. Es steht unter einem besonderen Bann, dort kann dir nichts passieren.«
    Es war nicht so, als hätte Sky das Kinderzimmer gehasst, er hielt sich nicht einmal ungern darin auf. Aber wenn man ihn dort unter Arrest stellte, empfand er das zwangsläufig als Strafe.
    »Ich möchte mit meiner Mutter sprechen.«
    »Deine Mutter befindet sich außerhalb des Schiffs, Sky, du kannst also nicht zu ihr laufen, um sie umzustimmen. Außerdem weißt du genau, dass sie dir nichts anderes sagen würde als ich. Du hast nicht gehorcht, und dafür brauchst du einen Denkzettel.« Er wandte sich kopfschüttelnd an Constanza. »Und nun zu dir, junge Dame. Ich finde, du solltest für eine Weile nicht mehr mit Sky spielen. Was hältst du davon?«
    »Wir spielen doch nicht«, sagte Constanza und sah ihn trotzig an. »Wir unterhalten uns und erkunden unsere Umgebung.«
    »Richtig«, sagte Titus mit einem schweren Seufzer, »und dabei besucht ihr Bereiche des Schiffes, die euch ausdrücklich verboten sind. Das muss nun einmal bestraft werden.« Seine Stimme war milder geworden, wie immer, wenn er dazu ansetzte, eine wirklich wichtige Frage zu erörtern. »Dieses Schiff ist unsere Heimat – die einzige wahre Heimat, die wir haben – und wir müssen so tun, als würden wir für immer hier leben. Dazu gehört, dass wir uns sicher fühlen, wo das angebracht ist – dass wir aber auch wissen, wo wir besser nicht hingehen. Nicht, weil es dort Ungeheuer gäbe, das ist albern, aber weil dort Gefahren lauern – auch für Erwachsene. Maschinen und Energieanlagen. Roboter und Fallschächte. Glaubt mir, ich habe erlebt, was passieren kann, wenn sich Menschen an Orte wagen, wo sie nichts zu suchen haben, und das ist gewöhnlich alles andere als erfreulich.«
    Sky glaubte seinem Vater aufs Wort. Als Leiter der Sicherheitswache an Bord eines Schiffs, das wenig unter politischen oder sozialen Spannungen zu leiden hatte, musste sich Titus Haussmann vor allem mit Unfällen und sehr selten auch einmal mit einem Selbstmord befassen. Titus hatte seinem Sohn nie bis ins Einzelne geschildert, wie man auf einem Schiff wie der Santiago zu Tode kommen konnte, aber Sky besaß genügend Phantasie, um sich den Rest selbst zu ergänzen.
    »Es tut mir Leid«, sagte Constanza.
    »Das kann ich mir denken, aber es ändert nichts daran, dass du meinen Sohn auf verbotene Wege geführt hast. Ich muss wohl ein Wörtchen mit deinen Eltern sprechen, Constanza, sie werden über dein Verhalten nicht gerade erfreut sein. Jetzt lauf nach Hause, in ein bis zwei Wochen reden wir vielleicht noch einmal darüber. Einverstanden?«
    Sie nickte stumm und verließ die Kreuzung, wo Titus sie abgefangen hatte, durch einen der vielen gewundenen Korridore. An sich war es nicht weit zur Wohnung ihrer Eltern – im größten Wohnbereich der Santiago lag alles ziemlich nahe beieinander –, aber die Planer hatten es geschickt vermieden, bis auf die Kriechgänge für die Notversorgung und die Bahnlinien in die Säule allzu direkte Verbindungen zu schaffen. Die regulären Korridore waren so vielfach gewunden, dass sie das Schiff sehr viel größer erscheinen ließen, als es tatsächlich war. Auf diese Weise konnten zwei Familien fast nebeneinander wohnen und doch das Gefühl haben, in verschiedenen Vierteln zu leben.
    Titus begleitete seinen Sohn in ihre eigene Wohnung zurück. Sky bedauerte, dass seine

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