Chasm City
zischend den Weg frei, als sich die Gondel der Wasseroberfläche näherte.
»Ich hatte Recht, nicht wahr?«, fragte ich Quirrenbach. »Sie und Vadim, Sie waren ein Team?«
»Genauer gesagt, ich war der Herr und er mein Sklave, Tanner.« Er handhabte die Gondel mit beachtlichem Geschick und bremste die Sturzfahrt unmittelbar vor dem Aufprall auf dem schlammigen Wasser ab. »Vadims Nummer – geistig minderbemittelt, aber bärenstark? Das war keine Nummer.«
»Habe ich ihn umgebracht?«
Er rieb sich einen seiner blauen Flecken. »Mit Traumfeuer war letztlich alles wieder zu reparieren.«
Ich nickte. »Das hatte ich mir fast gedacht. Also, was ist dieses Traumfeuer, Quirrenbach. Sie müssen es doch wissen. Wird es synthetisch hergestellt?«
»Das hängt davon ab, was Sie unter synthetisch verstehen«, sagte er.
»Er hat also den Verstand verloren«, sagte Sky. »Er saß hier fest und wusste, dass er nicht mehr heil nach Hause kommen würde. Was soll daran geheimnisvoll sein?«
»Glaubst du, diesen Lago gab es wirklich?«
»Schon möglich. Aber darauf kommt es nicht an. Wir müssen auf jeden Fall reingehen, nicht wahr? Wenn wir den Mann finden, wissen wir wenigstens, dass Oliveira so weit die Wahrheit gesagt hat. Hört zu!« Sky appellierte an die Vernunft seiner Freunde. »Was wäre, wenn er Lago getötet hätte? Sie könnten ja in Streit geraten sein. Vielleicht hat ihn der Mord an seinem Freund in den Wahnsinn getrieben?«
»Immer vorausgesetzt, dass er tatsächlich wahnsinnig war«, sagte Gomez. »Nicht nur ein völlig normaler Mensch, der mit sich mit einem grauenvollen Erlebnis auseinander setzen musste.«
Wenige Minuten später legten sie von Oliveiras Shuttle ab. Den Toten ließen sie so zurück, wie sie ihn vorgefunden hatten. Vorsichtig, mit sanften Schubstößen flogen sie auf die unbeschädigte Seite des Flottillenschiffs.
»Die Schäden beschränken sich ausschließlich auf die andere Seite«, sagte Gomez. »Sie sehen ganz anders aus als die Verbrennungen, die bei der Explosion der Islamabad an der Santiago entstanden sind, aber die Ausmaße sind ganz ähnlich, findet ihr nicht?«
Sky nickte. Im Geiste sah er wieder den Schatten seiner Mutter, der sich in den Rumpf gebrannt hatte. Auch die Caleuche wies schwere Schäden auf, aber sie mussten durch eine Katastrophe ganz anderer Art entstanden sein.
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass es da einen Zusammenhang geben sollte«, sagte er.
Von der Konsole kam ein Klingelsignal – eines der provisorischen Warnsysteme, die Norquinco eingebaut hatte. Sky warf einen Blick auf seinen Freund. »Was ist? Gibt es Probleme?«
»Nicht mit der Technik, aber… hm… doch, es ist ein Problem aufgetreten. Wir wurden soeben von einem Phasenradar erfasst.«
»Wo kam der Strahl her? Von der Flottille?«
»Aus dieser Richtung, aber nicht genau. Ich denke, es muss ein anderes Shuttle sein, Sky – und es fliegt einen ähnlichen Kurs wie wir.«
»Wahrscheinlich folgt es unserer Schubspur«, sagte Gomez. »Nun sag schon – wie viel Zeit bleibt uns noch?«
»Um das festzustellen, müsste ich meinerseits einen Radarstrahl ausschicken. Vielleicht ein Tag, vielleicht auch nur sechs Stunden.«
»Verdammt. Gut, wir gehen rein. Mal sehen, was wir finden.«
Sie hatten die unbeschädigte Seite der Kommandosphäre erreicht und suchten nach einer geeigneten Andockluke. Sky wollte das Shuttle nicht ins Innere der Caleuche bringen, aber es gab genügend Punkte an der Oberfläche, wo man es verankern konnte, um anschließend das Schiff zu Fuß zu betreten. Normalerweise hätte das größere Schiff auf den Anflug des Shuttles reagiert und eine der Luken aktiviert; Lichter hätten aufgeleuchtet, und die Luke hätte Halteklammern ausgefahren und auf den letzten Metern die Steuerung übernommen. Wenn die Caleuche noch einen Rest von Energie gehabt hätte, wären diese Andocksysteme auch nach Jahrzehnten der Untätigkeit zum Leben erwacht. Doch obwohl das Shuttle seine Anflugwarnung zirpte, geschah nichts.
»Na schön«, sagte Sky. »Wir machen es wie Oliveira und verwenden die Greifer.«
Er steuerte das Shuttle über eine Luke und schoss die Greifleinen ab. Sie bohrten sich lautlos in den Rumpf der Caleuche. Dann zog sich das Shuttle selbsttätig wie an einem Spinnenfaden auf den Rumpf zu. Die Haken fassten offenbar nicht allzu gut – sie gaben nach, als steckten sie in lebendem Fleisch –, aber sie würden ihren Zweck fürs Erste erfüllen. Selbst wenn sich das Shuttle
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