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Chasm City

Chasm City

Titel: Chasm City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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Zentrum des Geschehens gelangen und sogar den Anschein erwecken, als gehörten Sie dazu.«
    Irgendwann brachte Quirrenbach die Gondel zum Stehen. Er hatte sie, ohne dass ich es bemerkte, auf eine trockene Landzunge gesteuert, die vor einer morschen Mauer mit grauen Schimmelwiesen aus dem Wasser ragte.
    »Hier müssen wir aussteigen«, sagte er.
    »Kommen Sie bloß nicht auf dumme Gedanken«, warnte ich. »Oder ich verarbeite Sie zu einem interessanten Element der Raumgestaltung.«
    Dennoch überließ ich ihm die Führung. Die Gondel blieb auf der Schlammbank zurück. Wir waren offenbar nicht die Ersten, die sie als Landeplatz benützten. Wie die tiefen Kufeneindrücke verrieten, hatten hier schon öfter Gondeln geparkt.
    »Folgen Sie mir«, sagte Quirrenbach. »Es ist nicht weit.«
    »Kommen sie oft hierher?«
    Zum ersten Mal klang seine Stimme aufrichtig. »Nur, wenn es unbedingt sein muss. Ich spiele keine tragende Rolle in der Traumfeuer- Connection, Tanner. Ich bin nur ein kleines Rädchen. Gewisse Leute dürften nicht einmal erfahren, dass ich Sie bis an diese Stelle gebracht habe, sonst wäre ich ein toter Mann. Würden Sie bitte möglichst diskret vorgehen?«
    »Das kommt darauf an. Ich sagte Ihnen doch, ich möchte einige Antworten.«
    Vor der Mauer blieb er stehen. »Ich kann sie unmöglich bis ins Zentrum des Geschehens begleiten, Tanner – bitte sehen sie das endlich ein. Es ist einfach nicht möglich. Am Besten gehen Sie alleine. Und kommen Sie bloß nicht auf die Idee, hier Ärger machen zu wollen. Dazu bräuchten Sie mehr als ein paar Schießeisen.«
    »Und wohin führen Sie uns jetzt?«
    An Stelle einer Antwort fasste er in den schleimigen Belag auf der Mauer und zog eine Schiebeklappe beiseite.
    Über unseren Köpfen öffnete sich ein zwei Meter langes rechteckiges Loch.
    Ich war auf manches gefasst – Quirrenbach hätte die Gelegenheit zur Flucht nützen können –, aber ich stieg als Erster hinauf. Dann half ich Quirrenbach und danach Chanterelle. Zebra kam als letzte und sah sich noch einmal um.
    Aber niemand war uns gefolgt, und die einzigen Augen, die uns beobachteten, gehörten den Tunnelratten.
    Hinter der Klappe befand sich ein niedriger, rechteckiger, mit Stahlblech ausgeschlagener Tunnel, in dem wir uns nur geduckt und auf allen vieren bewegen konnten. Mir schien er Hunderte von Metern lang zu sein, aber wahrscheinlich waren es nur ein paar fünfzig oder sechzig. Ich hatte jede Orientierung verloren, aber mein Instinkt beharrte darauf, wir hätten uns die ganze Zeit über auf den Rand des Abgrunds zu bewegt. Vielleicht befanden wir uns bereits außerhalb des Moskitonetzes, und über uns, nur durch ein paar Meter Felsgestein von uns getrennt, gab es nur giftige Atmosphäre.
    Doch irgendwann, mein strapazierter Rücken begann, mit heftigen Schmerzen gegen diese Behandlung zu protestieren, gelangten wir in einen größeren Raum. Anfangs war es dunkel, doch dann schaltete Quirrenbach ein System von uralten Deckenlampen ein.
    Aus einer Wand kam ein mattsilbernes Rohr mit einem Durchmesser von drei bis vier Metern, ähnlich einer Pipeline, lief durch den ganzen Raum und verschwand gegenüber. Von diesem Rohr ging seitlich ein zweites ab, das genau so dick war, aber in einer glatten Metallkappe endete.
    »Sie wissen natürlich, was das ist«, sagte Quirrenbach und wies auf das längere Rohr.
    »Nicht genau«, sagte ich. Ich hatte erwartet, dass einer der anderen etwas dazu sagte, aber sie schienen auch nicht klüger zu sein.
    »Sie haben es oft genug gesehen.« Er ging auf das Rohr zu. »Es ist ein Teil der städtischen Atmosphäreaufbereitung.
    Hunderte von solchen Rohren führen in den Abgrund hinab zu den Cracking-Anlagen. Einige enthalten Luft. Andere Wasser. Wieder andere überhitzten Dampf.« Er klopfte mit dem Finger an das Rohr, und erst jetzt fiel mir auf, dass in den abzweigenden Teil eine ovale Schiebeklappe eingelassen war, die etwa die gleiche Größe hatte wie die Klappe in der Mauer. »Dieses hier enthält normalerweise Dampf.«
    »Und was enthält es jetzt?«
    »Ein paar Tausend Atmosphären. Kein Grund zur Beunruhigung.«
    Quirrenbach legte beide Hände auf die Klappe und schob sie auf. Sie ließ sich leicht bewegen. Darunter kamen dunkelgrünes, gewölbtes Glas und ein blanker Silberrahmen mit eingelassenen Schaltern zum Vorschein. Die Beschriftung der Schalter musste sehr alt sein; sie war in einer Sprache gehalten, die nicht Norte war, aber eine gewisse Ähnlichkeit damit

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