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Chasm City

Chasm City

Titel: Chasm City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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verschwand.«
    Chanterelle wandte sich Zebra zu. »Was ist passiert?«
    Zebra antwortete ganz ruhig. »Meine Schwester hatte wohl zu viele unbequeme Fragen nach dem Traumfeuer gestellt. Irgendwann fielen dann Gideons bezahlte Schläger über sie her, und seither möchte ich wissen, warum. Sie wollte die Produktion nicht einmal stilllegen, nur mehr über die Quelle herausfinden.«
    »Es ist ganz sicher nicht das, was Sie erwarten«, sagte Quirrenbach mit einem flehentlichen Blick auf mich. Wir entfernten uns vom Grand Central Terminal, wo wir Voronoff und die Gorillas abgesetzt hatten. »Haben Sie ein Herz, Tanner. Nehmen Sie Vernunft an. Sie haben, noch dazu als Fremder, wirklich keine Veranlassung, einen privaten Kreuzzug anzufangen. Sie haben keine Veranlassung – und übrigens auch kein Recht – sich in unsere Angelegenheiten zu mischen.«
    »Er braucht auch keinen besonderen Grund«, sagte Zebra.
    »Spar dir die rechtschaffene Empörung, Zebra. Du nimmst das Zeug doch selbst.«
    Sie nickte. »Wie ein paar tausend andere auch, Quirrenbach. Vor allem deshalb, weil uns kaum etwas anderes übrig bleibt.«
    »Alternativen gibt es immer«, sagte er. »Die Welt sieht ohne Implantate etwas trüber aus? Na schön; dann findet man sich eben damit ab. Und wenn einem das nicht behagt, kann man immer noch unter die Hermetiker gehen.«
    Zebra schüttelte den Kopf. »Ohne die Implantate sterben wir an Altersschwäche; jedenfalls die meisten von uns. Mit ihnen müssen wir die Hälfte unseres Lebens im Innern einer Maschine verbringen. Tut mir Leid, aber beides halte ich nicht für erstrebenswert. Schon gar nicht, wenn es eine dritte Möglichkeit gibt.«
    »Dann hast du auch kein moralisches Recht, dich über die Existenz des Traumfeuers aufzuregen.«
    »Ich rege mich doch gar nicht darüber auf, du lästiger Zwerg. Ich will nur wissen, warum das Zeug nicht leichter zu kriegen ist, obwohl wir es so dringend brauchen. Es ist von Monat zu Monat schwerer aufzutreiben; von Monat zu Monat muss ich diesem Gideon – wer immer das sein mag – ein wenig mehr für sein kostbares Elixier bezahlen.«
    »Das ist eben das Gesetz von Angebot und Nachfrage.«
    »Soll ich ihn für dich verprügeln?«, fragte Chanterelle eifrig. »Es macht keinerlei Umstände.«
    »Danke für das Angebot.« Zebra war sichtlich froh, endlich einen Punkt gefunden zu haben, über den sie sich mit Chanterelle einig war. »Aber ich glaube, im Moment nützt er uns noch mehr, wenn er bei Bewusstsein ist.«
    Ich nickte. »Zumindest, bis er uns zu dieser Produktionsanlage gebracht hat. Chanterelle? Wollen Sie uns immer noch begleiten?«
    »Sonst wäre ich am Bahnhof geblieben, Tanner.«
    »Ich weiß. Aber es wird gefährlich. Einige von uns könnten auf der Strecke bleiben.«
    »Er hat Recht«, sagte Quirrenbach. Er hoffte wohl immer noch, mir mein Vorhaben ausreden zu können. »Ich würde mir das an Ihrer Stelle gründlich überlegen. Wäre es nicht sinnvoller, später wiederzukommen? Mit einer ordentlich ausgerüsteten Truppe; und wenigstens den Ansätzen einer Strategie?«
    »Was, obwohl Sie uns gerade jetzt Ihre ungeteilte Aufmerksamkeit schenken?«, fragte ich. »Die Stadt ist groß, Quirrenbach, und der Rostgürtel noch größer. Wer sagt mir denn, dass ich Sie jemals wiedersehe, wenn wir unseren kleinen Ausflug heute verschieben?«
    Er zog beleidigt die Nase hoch. »Sie können mich trotzdem nicht zwingen, Sie dort hinzubringen.«
    Ich lächelte. »Sie würden sich wundern, wozu ich Sie zwingen könnte, wenn ich nur wollte. Wenn man die Nervendruckpunkte kennt, ist vieles möglich.«
    »Soll das heißen, Sie würden mich foltern?«
    »Sagen wir, ich könnte sehr überzeugende Argumente vorbringen.«
    »Mirabel, Sie sind ein Bastard.«
    »Warum fahren Sie nicht einfach weiter?«
    »Und pass auf, wohin du fährst«, sagte Zebra. »Wir sind viel zu tief unten, Quirrenbach.«
    Sie hatte Recht. Wir überflogen soeben den Rand des Mulch, nur etwa hundert Meter über den Dächern der höchsten Slums – und da es in dieser Höhe nur wenige Kabel gab, sackte die Gondel immer wieder so heftig ab, dass einem übel werden konnte.
    »Ich weiß schon, was ich tue«, sagte Quirrenbach. »Also halt den Mund und genieß die Fahrt.«
    Plötzlich glitten wir an einem einzigen langen Kabel nach unten, das am Ende einer Schneise in den Slums im trüben, karamellbraunen Wasser verschwand. In den baufälligen Hütten zu beiden Seiten brannten Feuer, Dampfboote machten keuchend und

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