Chasm City
können, bis sie ihm zeigte, wie das Schiff angetrieben wurde, um dann festzustellen, ob es sie womöglich schneller nach Journey’s End bringen konnte als die Santiago. Er hätte sogar erwägen können, einen Teil der Santiago-Besatzung hierher in den All-Bau zu holen – die Maden zu zwingen, Luftzusammensetzung und Temperatur den menschlichen Verhältnissen anzupassen, um dann in den endlosen Tunneln zu hausen. Wie viele Menschen mochte das Alien-Schiff wohl fassen – Dutzende vielleicht, oder Hunderte? Womöglich sogar die Momios, wenn man sie weckte? Eventuell mussten man einige davon an die Helfer-Larven verfüttern, um die bei Laune zu halten, aber damit hätte er leben können.
Stattdessen beschloss er, das Schiff zu zerstören.
Es war die einfachste Lösung. Sie ersparte es ihm, mit der Made zu verhandeln; befreite ihn von dem Ekel, der ihn überkam, wenn er deren Einsamkeit spürte. Und er brauchte nicht mehr zu befürchten, dass der All-Bau jemals den anderen Flottillenschiffen in die Hände fallen könnte.
»Lass uns gehen«, befahl er Furchtloser Reisender. »Öffne uns einen Weg zur Oberfläche nahe der Stelle, an der wir hereingekommen sind.«
Mit tiefen Glockenschlägen wurden Gänge verlegt; Luftschleusen öffneten und schlossen sich. Ein Luftzug strich über das rote Wasser.
»Jetzt könnt ihr gehen«, sagte die Made. »Es tut mir Leid, dass es Meinungsverschiedenheiten gab. Kommt ihr bald wieder?«
»Verlass dich darauf«, sagte Sky.
Wenig später legten sie mit dem Shuttle ab. Gomez hatte immer noch keine Ahnung, was geschehen war; konnte sich nicht erklären, wieso die Gegner beim Anflug einfach explodiert waren.
»Was habt ihr in diesem Schiff vorgefunden?«, fragte er. »Hat sich irgendetwas von dem bestätigt, was Oliveira sagte, oder war er einfach wahnsinnig?«
»Ich denke, er war wahnsinnig«, sagte Sky. Norquinco äußerte sich nicht; seit dem Zwischenfall am See hatten sie kaum ein Wort miteinander gesprochen. Vielleicht dachte Norquinco, Sky würde einfach vergessen, was geschehen war, wenn er es nicht mehr erwähnte – es war doch verständlich, wenn einem unter diesem Druck die Nerven versagten. Aber Sky spielte den Sturz im Geist immer wieder durch; sah, wie die rote Flut sich über sein Helmvisier her machte; fragte sich, wie viele Moleküle tatsächlich durchgeschlüpft sein mochten.
»Was ist mit medizinischen Geräten – hast du etwas entdeckt? Und hast du eine Ahnung, was mit dem Rumpf passiert ist?«
»Wir haben das eine oder andere in Erfahrung gebracht«, sagte Sky. »Aber jetzt nichts wie weg von hier, ja? Maximalschub.«
»Aber was ist mit dem Triebwerksbereich? Ich muss mir den Sicherheitsbehälter ansehen, um festzustellen, ob wir die Antimaterie…«
»Tu einfach, was ich sage, Gomez.« Er versuchte es mit einer tröstlichen Lüge. »Wegen der Antimaterie kommen wir ein anderes Mal zurück. Die läuft uns nicht weg.«
Der All-Bau entfernte sich. Gomez flog eine Schleife zur unversehrten Seite, dann schaltete er die Schubdüsen zu. Aus zwei- oder dreihundert Metern Entfernung war nicht mehr zu erkennen, dass das Schiff – zum letzten Mal nannte Sky es in Gedanken Caleuche: das Gespensterschiff – etwas anderes war, als es zu sein vorgab. Sie waren einem Irrtum erlegen, einem katastrophalen Irrtum. Doch das konnte ihnen niemand verdenken – schließlich war die Wahrheit noch um vieles unheimlicher.
Natürlich würde es Ärger geben, wenn sie zur Flottille zurückkehrten. Eins von den anderen Schiffen hatte ihnen seine Shuttles hinterher geschickt, Sky musste also mit Vorwürfen rechnen, vielleicht stellte man ihn sogar vor Gericht. Aber das hatte er eingeplant, und er wusste, dass er mit der nötigen Gerissenheit alles zu seinem Vorteil wenden konnte. Sobald die falsche Spur aufgedeckt wurde, die er mit Norquinco gelegt hatte, würde alles darauf hindeuten, dass Ramirez mit Unterstützung von Constanza die Expedition zur Caleuche arrangiert hatte. Sky erschiene als das ahnungslose Werkzeug eines größenwahnsinnigen Captains. Ramirez würde seinen Posten verlieren, würde vielleicht sogar hingerichtet. Constanza müsste mit einer schweren Strafe rechnen. Und, das verstand sich von selbst, kaum jemand hätte noch Zweifel, wer als Einziger als Ramirez’ Nachfolger infrage kam.
Sky wartete noch eine Minute, länger wagte er es nicht. Womöglich hatte Furchtloser Reisender Verdacht geschöpft und versuchte zu verhindern, was jetzt kam. Dann zündete er
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