Chasm City
mit etwas zusammengestoßen.«
»Atomexplosion?«
»Nein. Sie hatten keine Hafenbrecher an Bord.«
»Gut. Du bleibst, wo du bist.«
»Sky – was, zum Teufel, geht da drin vor?«
»Das möchtest du lieber nicht wissen, Gomez – glaube mir.«
Die nächste Frage war so leise, dass er sie kaum verstand. »Hast du – wie hieß er noch? – Lago? Hast du ihn gefunden?«
»O ja. Lago haben wir gefunden. Nicht wahr, Lago?«
Jetzt schaltete sich Norquinco ein. »Sky. Hör zu. Wir sollten jetzt abziehen. Es ist nicht nötig, auch die anderen Besatzungen zu töten. Wir wollen doch keinen Krieg zwischen den Schiffen anzetteln.« Er hob die Stimme, sein Helmlautsprecher ließ die Worte über den roten See schallen. »Du kannst uns auch auf andere Weise beschützen, nicht wahr? Du könntest uns, das Schiff – den ganzen All-Bau in Sicherheit bringen? Sodass uns die Shuttles nicht mehr erreichen können?«
»Nein«, sagte Sky. »Ich will, dass diese Shuttles zerstört werden. Wenn sie einen Krieg zwischen den Schiffen wollen, können sie ihn haben. Wir werden ja sehen, wie lange sie durchhalten.«
»Um Himmels willen, Sky.« Norquinco streckte die Arme aus, als wollte er nach ihm greifen. Sky wich zurück und kam auf dem harten, glatten Boden ins Rutschen. Plötzlich kippte er hintenüber und fiel in die rote Brühe. Er landete auf seinem Rucksack, versank zur Hälfte in den Fluten. Die rote Flüssigkeit schwappte mit unheimlichem Eifer über sein Helmvisier, als suchte sie einen Weg in seinen Anzug. Aus dem Augenwinkel sah er zwei Helfer-Larven auf sich zu schwimmen. Er schlug um sich, aber er fand nirgendwo genügend Halt, um sich ans Ufer zu ziehen oder gar aufzustehen.
»Norquinco. Hol mich raus!«
Norquinco trat vorsichtig an den Rand des roten Sees. »Vielleicht sollte ich dich lassen, wo du bist, Sky. Vielleicht wäre das für uns alle das Beste.«
»Hol mich raus, du Bastard!«
»Ich bin nicht hierher gekommen, um ein Verbrechen zu begehen, Sky. Ich wollte der Santiago – und vielleicht auch dem Rest der Flottille nur helfen.«
»Ich habe den Hafenbrecher.«
»Aber ich glaube nicht, dass du den Mut hast, ihn zu zünden.«
Jetzt hatten ihn die beiden Larven erreicht – dann kam eine dritte dazu, die er noch nicht gesehen hatten. Sie berührten mit verschieden geformten Anhängseln seinen Anzug, drückten und kneteten daran herum. Er schlug um sich, aber die rote Flüssigkeit wurde immer dicker, half mit, ihn festzuhalten.
»Hol mich raus, Norquinco! Das ist die letzte Warnung…«
Norquinco stand immer noch vor ihm, war aber dem Rand nicht näher gekommen. »Du bist krank, Sky. Ich hatte es schon immer geahnt, aber jetzt sehe ich es ganz deutlich. Und ich weiß nicht, wozu du noch fähig bist.«
Dann geschah etwas, womit Sky nicht gerechnet hatte. Er hatte aufgehört, um sich zu schlagen, die Anstrengung ging fast über seine Kräfte. Nun wurde er aus der roten Flüssigkeit gehoben. Die Flüssigkeit selbst schien ihn zu tragen, und die Larven schoben vorsichtig mit. An allen Gliedern zitternd fand er sich am Ufer wieder. Die letzten Spuren des roten Safts liefen an ihm ab.
Sprachlos starrte er Furchtloser Reisender an. Er wusste, dass die Made seine Aufmerksamkeit spürte.
»Du glaubst mir, nicht wahr? Du wirst mich nicht töten. Denn du weißt, was dann geschehen würde.«
»Ich will dich nicht töten«, sagte Furchtloser Reisender. »Denn dann wäre ich wieder so einsam wie vorher, ehe du kamst.«
Sky verstand, und das war ihm ein Gräuel. Das Wesen schätzte seine Gesellschaft, obwohl er ihm Schmerzen bereitet, obwohl er einen Teil von ihm ermordet hatte. Es war in seiner Einsamkeit so verzweifelt, dass es sogar die Nähe seines Folterers ersehnte. Er dachte an den kleinen Jungen, der schreiend in tiefer Dunkelheit stand, verraten von einem Freund, der nie wirklich existiert hatte, und – obwohl die Schwäche des Wesens seinen tiefen Hass erregte – dann verstand er.
Und das fachte seinen Hass noch mehr an.
Er musste noch eine Larve töten, bevor Furchtloser Reisender sich bereit fand, die anfliegenden Shuttles zu zerstören, und diesmal war es nicht nur der Mord an der Larve, der dem Wesen Qualen bereitete. Auch die Erzeugung des Netzes war offenbar schmerzhaft, so als könnte die Made die Schäden des Schiffes spüren.
Doch da war es schon vorüber. Er hätte bleiben, hätte die Made so lange foltern können, bis sie ihm alles sagte, was sie wusste. Hätte sie unter Druck setzen
Weitere Kostenlose Bücher