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Chasm City

Chasm City

Titel: Chasm City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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Kraft. Sehen konnte ich es nicht, die Auflösung war zu schlecht, aber ich hatte den Verdacht, dass an der Außenseite tatsächlich Arbeitstrupps in Raumanzügen mit Schneidbrennern und Sprengladungen hantierten. Die Schläferringe wurden mit brutaler Gewalt aus ihrer Verankerung gerissen.
    »Sie können trotzdem nicht gewinnen«, prophezeite ich Armesto.
    Er würdigte mich einer Antwort, obwohl ich halb und halb damit gerechnet hatte, dass die anderen Schiffe von jetzt an Funkstille halten würden. »Wir können und wir werden gewinnen.«
    »Sie sagten doch selbst, Sie haben nicht so viele Tote wie wir. Und wenn Sie noch so viele abstoßen, es wird nicht reichen.«
    »Wir werden einen Weg finden.«
    Erst später erriet ich, wie seine Strategie aussehen könnte. Was immer geschah, Journey’s End war nur noch zwei oder drei Monate entfernt. Wenn man die Vorräte sorgfältig rationierte, konnte man einige Kolonisten vorzeitig wecken. Die reanimierten Momios konnten, wenn auch unter kaum noch menschenwürdigen Bedingungen, zusammen mit der Besatzung auf dem Schiff leben, und damit ließe sich der Unterschied ausgleichen. Für jeweils zehn vorzeitig geweckte Kolonisten könnte man einen Schläferring abstoßen, und die damit erreichte Verringerung der Schiffsmasse ermöglichte eine steilere Bremsparabel.
    Es wäre ein langwieriges und gefährliches Verfahren – nach meiner Schätzung wäre bei einer Reanimierung unter suboptimalen Bedingungen mit einem Verlust von zehn Prozent der betroffenen Schläfer zu rechnen –, aber es könnte den Massenunterschied knapp aufwiegen.
    Und dann wären sie zwar nicht im Vorteil, hätten aber immerhin gleichgezogen.
    »Ich weiß, was Sie vorhaben«, erklärte ich Armesto.
    »Das bezweifle ich sehr«, antwortete der alte Mann.
    Aber bald sah ich, dass ich Recht hatte. Nachdem die erste Wolke von Schläferringen davongeschwebt war, spielte sich ein Muster ein: etwa alle zehn Stunden ein Abwurf. Das entsprach genau meinen Erwartungen: zehn Stunden dauerte es, um alle Kolonisten in einem Ring aufzutauen. Jedes Schiff hatte nur eine Handvoll Leute mit den dafür erforderlichen Fachkenntnissen, sie mussten also in Schichten arbeiten.
    »Das wird Sie nicht retten«, sagte ich.
    »Ich denke doch, Sky… ich denke doch.«
    Da wusste ich, was ich zu tun hatte.

Achtunddreißig
    »Was heißt, du hast sie getötet?«, fragte Zebra. Wir standen immer noch alle fünf vor dem bizarren Stillleben mit der toten Dominika.
    »Das sagte ich nicht«, gab ich zurück. »Ich sagte, Tanner Mirabel hätte sie getötet.«
    »Und wer sind Sie?«, fragte Chanterelle.
    »Ich bin nicht sicher, ob Sie mir glauben würden, wenn ich Ihnen das erzählte. Ehrlich gesagt, fällt es mir selbst nicht so ganz leicht.«
    Pransky, der mitgehört hatte, hob jetzt die Stimme und sprach mit feierlichem Ernst. »Dominika ist noch warm. Und die Totenstarre hat noch nicht eingesetzt. Wenn Sie – wie ich vermute – nachweisen können, wo Sie sich in den letzten Stunden aufgehalten haben, dürften Sie kaum zu den Hauptverdächtigen gehören.«
    Zebra zupfte mich am Ärmel. »Was ist mit den beiden Personen, die hinter dir her waren, Tanner? Laut Dominika benahmen sie sich wie Fremdweltler. Sie könnten sie doch getötet haben, weil sie von ihr verpfiffen wurden.«
    »Ich weiß nicht einmal, wer sie sind«, sagte ich. »Zumindest bin ich nicht sicher, jedenfalls, was die Frau angeht. Bei dem Mann habe ich einen gewissen Verdacht.«
    »Und wer könnte es sein?«, fragte Zebra.
    Quirrenbach unterbrach. »Ich finde wirklich, wir sollten uns hier nicht allzu lange aufhalten; sonst fallen wir womöglich noch unserer so genannten Obrigkeit in die Hände. Und glauben Sie mir, das steht nicht unbedingt ganz oben auf meiner Wunschliste.«
    »So ungern ich ihm zustimme«, sagte Chanterelle. »Aber in diesem Punkt hat er tatsächlich Recht, Tanner.«
    »Ich glaube, Sie sollten mich nicht mehr so nennen«, sagte ich.
    Zebra schüttelte zweifelnd den Kopf. »Und wie willst du dann angesprochen werden?«
    »Jedenfalls nicht als Tanner Mirabel.« Ich deutete mit einem Nicken auf Dominikas Leichnam. »Es muss Mirabel gewesen sein, der sie ermordet hat. Der Mann, der mich verfolgt, ist Mirabel. Er hat das getan, nicht ich.«
    »Das ist Wahnsinn«, sagte Chanterelle und alle nickten, doch keiner schien allzu glücklich über die Entwicklung. »Wenn Sie nicht Tanner Mirabel sind, wer sind Sie dann?«
    »Ein Mann namens Cahuella«, sagte ich, aber

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