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Chasm City

Chasm City

Titel: Chasm City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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Stattdessen führten wir unseren Krieg über Jahrhunderte mit Fußsoldaten, Panzern, Düsenjets, chemischen Waffen und primitiven Atombomben; nur selten wagten wir uns mit vereinzelten Teilchenstrahlwaffen oder nanotechnisch gesteuerten Systemen in höhere Regionen vor.
    Kein Wunder, dass uns die Ultras mit kaum verhohlener Verachtung begegneten. Sie betrachteten uns als primitive Wilde und – was am schwersten zu ertragen war – wir wussten, dass sie Recht hatten.
    Wir dockten im Innern der Orvieto an.
    Das Mutterschiff war eine sehr viel größere Ausgabe des Shuttles, ein Labyrinth von gewundenen, pastellfarbenen Gängen von penetranter Sterilität. Die Ultras sorgten für künstliche Schwerkraft, indem sie Teile ihres Schiffes innerhalb der Außenhülle rotieren ließen; die Schwerkraft war etwas höher als auf Sky’s Edge, aber das empfand man nur etwa so, als schleppte man ständig einen schweren Rucksack mit sich herum. Das Lichtschiff diente auch zur Personenbeförderung: im Frachtraum waren Tausende von Kälteschlaftanks untergebracht. Die ersten Passagiere kamen bereits an Bord: hellwache Aristokraten, die sich lauthals über die schlechte Behandlung beklagten. Den Ultras schien das egal zu sein. Die Aristokraten hatten sicher Unsummen für das Privileg bezahlt, von der Orvieto an ihr nächstes Ziel gebracht zu werden, wo immer das auch sein mochte, aber für die Ultras waren auch sie nur Wilde – lediglich etwas reinlicher und wohlhabender als der Durchschnitt.
    Man brachte uns zum Captain.
    Der saß auf einem riesigen, elektrisch gesteuerten Thron am Ende eines Teleskoparms mit vielen Gelenken, auf dem er sich in drei Dimensionen durch den gewaltigen Brückenraum bewegen konnte. Andere hochrangige Besatzungsmitglieder steuerten ihre ähnlich gebauten Sitzgelegenheiten misstrauisch von uns weg, sobald wir eintraten, und ließen sich vor Bildschirmen mit komplizierten Schaltplänen nieder, die in die Wand eingelassen waren. Cahuella und ich standen auf einem ausziehbaren Laufsteg mit niedrigem Geländer, der etwa bis in die Mitte der Brücke ragte.
    »Mister… Cahuella«, sagte der Mann auf dem Thron an Stelle einer Begrüßung. »Willkommen an Bord meines Schiffes. Ich bin Captain Orcagna.«
    Captain Orcagna beeindruckte mich kaum weniger als sein Schiff. Er war von Kopf bis Fuß in glänzend schwarzes Leder gekleidet, seine Beine steckten bis zu den Knien in spitzen schwarzen Stiefeln. Die Hände in den schwarzen Handschuhen hatte er dachförmig unter dem Kinn zusammengelegt. Sein Kopf erhob sich wie ein Ei aus dem Stehkragen seiner schwarzen Tunika. Anders als seine Crew hatte er nicht nur einen vollkommen kahlen Schädel, sondern auch keinerlei Gesichtsbehaarung. Das faltenlos glatte, nichtssagende Gesicht hätte einem Kind gehören können – oder einem Leichnam. Die Stimme war hoch, fast weibisch.
    »Und Sie sind…?«, fragte er und nickte zu mir hin.
    »Tanner Mirabel«, antwortete Cahuella, bevor ich zu Wort kam. »Mein persönlicher Sicherheitsexperte. Wo ich hingehe, da geht auch Tanner hin. Das steht…«
    »…nicht zur Diskussion. Ja, das dachte ich mir.« Orcagna starrte zerstreut ins Leere, auf etwas, das nur für ihn sichtbar war. »Tanner Mirabel… richtig. Ehemaliger Soldat, wie ich sehe – bevor Cahuella Sie einstellte. Eine persönliche Frage: fehlt Ihnen jedes ethische Empfinden, Mirabel, oder haben sie nur nicht die leiseste Ahnung, für wen Sie eigentlich arbeiten?«
    Wieder antwortete Cahuella für mich: »Ich habe ihn nicht eingestellt, damit er schlaflose Nächte verbringt, Orcagna.«
    »Aber würde er es trotzdem tun, wenn er Bescheid wüsste?« Wieder sah Orcagna mich an, aber sein Gesicht verriet nicht viel. Wir hätten auch mit einer Marionette reden können, die von einer virtuellen Intelligenz aus dem Computernetz des Schiffes beseelt war. »Sagen Sie, Mirabel… ist Ihnen bekannt, dass Ihr Arbeitgeber in einigen Kreisen als Kriegsverbrecher gilt?«
    »Alles Heuchler, die nur zu gerne Waffen von ihm kaufen, so lange er sie an niemand anderen verkauft.«
    »Zwei gleich starke Gegner sind doch immer noch die beste Alternative«, sagte Cahuella. Einer seiner Lieblingsaussprüche.
    »Aber Sie verkaufen nicht nur Waffen«, sagte Orcagna. Wieder schien er eine für uns unsichtbare Information aufzurufen. »Sie stehlen und morden auch, um sie zu bekommen. Sie sind erwiesenermaßen in mindestens dreißig Morde auf Sky’s Edge verwickelt, die alle mit dem Schwarzmarkt für

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