Chasm City
Partei in ein revisionistisches Licht zu rücken. Cahuella wurde inzwischen tatsächlich von vielen Beobachtern als Kriegsverbrecher betrachtet. In hundert Jahren würde man ihn womöglich als Helden feiern… und mich als seinen getreuen Gefolgsmann.
Es hatten schon erstaunlichere Kehrtwendungen stattgefunden.
Um dem Ausgang dieses Terroristenangriffs etwas Positives abzugewinnen, musste man sich allerdings schon große Mühe geben. Nicht mehr als eine Woche nach dem Überfall war mit den geraubten Waffen eine Aristokratenfamilie in Nueva Santiago fast völlig ausgerottet worden.
»Ich weiß nicht mehr, wie die Familie hieß.«
»Reivich oder so ähnlich«, sagte Cahuella. »Aber hören Sie zu. Diese Terroristen waren Tiere, zugegeben. Wenn ich könnte, würde ich mit ihrer Haut die Wände tapezieren und ihre Knochen zu Möbeln verarbeiten. Aber das heißt nicht, dass mir das Mitgefühl für Reivichs Clan das Herz zerreißen würde. Die Leute waren reich genug, um auswandern zu können. Dieser Planet ist ein einziges Dreckloch. Wenn sie in Sicherheit leben wollen, wartet da draußen eine ganze Galaxis auf sie.«
»Wir haben einige Informationen, die für Sie interessant sein dürften«, sagte Orcagna. »Der jüngste Sohn – Argent Reivich – hat überlebt, und er hat geschworen, sich an Ihnen zu rächen.«
»Ein Racheschwur! Wo sind wir eigentlich? In einem Schmierentheater?« Cahuella streckte die Hand aus. »He, sehen Sie, wie ich zittere?«
»Die Sache ist völlig harmlos«, sagte ich. »Ich dachte, es lohnt sich nicht, Sie damit zu behelligen, sonst hätten Sie schon davon erfahren. Schließlich bezahlen Sie mich unter anderem auch dafür, dass Sie sich nicht um jeden Spinner kümmern müssen, der sauer auf uns ist.«
»Allerdings glauben wir nicht, dass der Mann ein Spinner ist, wie Sie sich auszudrücken belieben.« Orcagna betrachtete seine Finger in den schwarzen Handschuhen und zog einen nach dem anderen in die Länge, bis es leise knackte. »Nach unseren Informationen hat sich der Herr von derselben Miliz, die seine Familie ermordet hat, Waffen zurückgeholt. Schwere Teilchenstrahl-Artillerie – stark genug, um eine Festung zu stürmen. Wir haben Signaturen entdeckt, die darauf schließen lassen, dass die Systeme noch funktionsfähig sind.« Der Ultra hielt inne und fügte dann wie nebenbei hinzu: »Sie finden es vielleicht komisch, aber die Signaturen führen durch die Länge der Halbinsel nach Süden, genau auf das Reptilienhaus zu.«
»Geben Sie mir die Positionen«, sagte ich. »Dann gehe ich dem Jungen entgegen und frage ihn, was er will. Vielleicht will er nur über weitere Waffen verhandeln – vielleicht hat er Sie noch gar nicht als Lieferanten identifiziert.«
»Wie denn auch«, sagte Cahuella. »Ich handle ja schließlich mit Wein. Vergessen Sie es, Tanner. Glauben Sie, ich brauche jemanden von Ihrem Kaliber, um mit einer Laus wie Reivich fertig zu werden? Man schickt einem Amateur doch keinen Profi auf den Hals.« Und an Orcagna gewandt: »Er ist also nördlich von hier, sagen Sie? Wie weit, in welchem Gebiet?«
»Diese Informationen könnten wir Ihnen natürlich zur Verfügung stellen.«
»Verdammter Blutsauger.« Cahuellas Gesicht wurde ausdruckslos, doch dann deutete er lächelnd mit dem Finger auf den Ultra. »Sie sind mir sympathisch, ganz ehrlich. Auch wenn Sie ein Vampir sind. Nun nennen Sie schon Ihren Preis. Ich brauche nicht einmal seine exakte Position. Es genügt mir, wenn ich weiß, wo er sich im… äh… im Umkreis von ein paar Kilometern aufhält. Sonst macht es doch auch keinen Spaß, oder?«
»Was, zum Teufel, fällt Ihnen ein?« Die Frage war mir herausgerutscht, bevor ich mir auf die Zunge beißen konnte.
»Reivich mag ein grüner Junge sein, aber das heißt nicht, dass er nicht gefährlich wäre – besonders, wenn er Waffen hat, wie sie die Miliz gegen seine Familie eingesetzt hat.«
»Dann wird es eben ein sportlicher Wettkampf. Eine richtige Safari. Vielleicht fangen wir dabei auch eine Hamadryade.«
»Sie sind ein Sportfreund«, sagte Orcagna und nickte verständnisvoll.
Jetzt verstand ich. In anderer Gesellschaft hätte Cahuella sich nie so aufgeführt. Wären wir allein im Reptilienhaus gewesen, dann hätte er getan, was logisch war: er hätte mit der gleichen Selbstverständlichkeit, mit der er die Toilettenspülung betätigte, mir oder einem meiner Untergebenen den Auftrag erteilt, Reivich zu erledigen, denn er hätte es für unter seiner Würde
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