Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cherryblossom - Die Zeitwandler (German Edition)

Cherryblossom - Die Zeitwandler (German Edition)

Titel: Cherryblossom - Die Zeitwandler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mina Kamp
Vom Netzwerk:
Ein Trugbild, verursacht durch Nervosität, weiter nichts. Es waren höchstwahrscheinlich die Folgen des Alkohols, gepaart mit irgendeiner Stresssymptomatik. Und einen Gehirntumor hatten die Ärzte der Klinik ja schließlich ausgeschlossen. Also war ich guter Dinge, als Henry in der Krankenzimmertür auftauchte, um mich mit nach Hause zu nehmen. Er hasste Krankenhäuser und war froh, dass er jetzt erstmal keines mehr von innen zu sehen bekam.
     
    Henry hatte mein Zimmer schön hergerichtet und half mir beim Auspacken. Auf meiner kleinen roten Kommode standen zwei Blumensträuße. Ein prächtiger mit Veilchen und anderen Sommerblumen und ein kleinerer mit roten und weißen Rosen. »Die Blumen sind von deinem Vater.« Henry nickte flüchtig zur Kommode.
    »Beide?«
    »Beide?«, fragte er für einen Moment verwirrt zurück und kniff sich in die Nasenwurzel. Das tat er öfter, wenn er versuchte, seine Gedanken zusammenzuhalten.
    »Nein, den mit den Rosen hat hier so ein Junge abgegeben. Da ist eine Karte bei. Liebes, ich bin sehr froh, dass du wieder hier bist.« Henry kam auf mich zu. Etwas unbeholfen stand er da und drückte mich dann überschwänglich an seine Brust. Mir blieb kurz die Luft weg von so viel Nähe. Ich hing irritiert mit von mir gestreckten Armen in seinem Griff, bis er mich auch schon wieder zügig freigab. Ich lächelte ihm unschuldig in sein etwas beschämt aussehendes Gesicht und knuffte ihn an die Schulter.
    »Na, du wolltest mich ja schon den ersten Tag wieder mitnehmen. Warum hast du dich nicht einfach durchgesetzt?«, feixte ich vergnügt.
    »Wieder mitnehmen?«, fragte er etwas unsicher.
    »Du hast doch mit den Ärzten gestritten, weil du mich mitnehmen wolltest. Oder nicht?« Ich hielt inne und sah aufmerksam in sein verdutztes Gesicht.
    »Das hast du mitbekommen?« Er nahm den leeren Koffer vom Bett und verstaute ihn auf dem Kleiderschrank.
    »Nun ja, ich war nicht die ganze Zeit im Tiefschlaf, weißt d u? Ich habe nur gehört: unverantwortlich , vielleicht was Ernstes und mit nach Hause nehmen .«
    Er schüttelte abwesend den Kopf und verzog den Mund zu einem Strich, bevor er weitersprach. »Nein, Hanna. Das war anders. Dominik – dein Vater – wollte, dass ich dich mit nach Hause nehme. Er war der Meinung, hier würde es dir besser gehen. Und er hält nicht viel von den Ärzten hier. Er meinte, wenn du wirklich etwas hättest, würde er dich nach Amerika holen und dich von seinen Ärzten untersuchen lassen. Verrückte Idee.« Er lachte freudlos auf.
    »Seit wann weiß Dominik, was gut für mich ist!?«, spie ich zornig hervor. Ich hatte einen bitteren Geschmack auf der Zunge und es sammelten sich Tränen der Enttäuschung und Wut in meinen Augen über die fehlende Präsenz meines Vaters. Schnell wandte ich mich ab und begann, meine Sachen vom Bett in den Schrank zu räumen. Er hatte mich nicht einmal im Krankenhaus angerufen und erdreistete sich, über mich entscheiden zu wollen.
    »Henry, ich will nicht, dass er über mich entscheidet.« Meine Stimme bebte leicht.
    »Ich weiß ...«, kam es leise zurück.
    »Henry, es tut mir leid, dass ich dir … Probleme …«
    E r unterbrach mich : »Es ist gut, Hanna. Dominik hat sich schnell wieder beruhigt. Du bist ja kein kleines Mädchen mehr. Du musst schließlich auch irgendwann erwachsen werden.«
    Überrascht sah ich ihn an. Er schien seltsam aufgewühlt und verließ ausweichend hastig mein Zimmer. Machte er sich Sorgen, mich zu verlieren, wenn ich erwachsen werden würde? Wenn ich irgendwann nicht mehr mit ihm zusammenleben woll t e?
    Oder war da etwas anderes?
     
    Ich sah aus dem Fenster, drückte meine Stirn an das kühle Glas, beobachtete das Geschehen auf der Straße. Es war stürmisch draußen. Der Wind riss an Bäumen und Menschen, die auf dem Fußweg vorübereilten. Einer Nachbarin, die ihren Müll an die Straße stellen wollte, riss der gelbe Beutel und unzählige weiße Styroporflocken flogen wie aufgewirbeltes Herbstlaub auf der Straße umher.
    Verträumt sah ich ihnen zu, wie sie wild und ungestüm umhertanzten, während ich die Karte aus den Blumen in meinen Händen drehte und die Kanten des Papiers nachf uhr . Der Sommer ging seinem Ende zu und ich fühlte eine leichte Melancholie, denn ich liebte diese Jahreszeit. Abwesend nahm ich mir eine Rose aus dem Strauß und drehte sie unter meiner Nase hin und her. Die Blume duftete weich und zart nach Sommer und verströmte ihren Geruch im ganzen Zimmer. Vor mir erschien ein Bild:

Weitere Kostenlose Bücher