Cherryblossom - Die Zeitwandler (German Edition)
ja wohl nicht allen Ernstes einen Heiratsantrag, oder?« Er grinste verschlagen.
» Ich weiß nicht, ob ich überhaupt noch irgendetwas von dir will«, blaffte ich viel zu angefasst zurück, was mich vermutlich wie einen beleidigten Teenager klingen ließ. Ich versuchte mich zu sammeln und räusperte mich.
Etwas mehr Haltung, Hanna , sagte ich mir tadelnd. Er sollte nicht denken, dass es mich noch tangieren würde, dass wir kein Paar mehr waren.
»Würdest du morgen Abend mit mir ausgehen? Ich hol’ dich so um sieben ab. Dann können wir in Ruhe reden.« Langsam trat er rückwärts. »Ich muss jetzt los.« Weg war er. Und ich hatte das Gefühl, von einer Dampfwalze überfahren worden zu sein.
Also fand ich mich den nächsten Abend im Park wieder, mit Mark an meiner Seite. Ich wusste, dass Maike und Evelyn nicht sonderlich begeistert waren und sich vielsagende Blicke über meinen Kopf hinweg zuwarfen. Mir hingegen war die Ablenkung und jede Form von Normalität recht. Auch wenn es für einige seltsam aussah, dass Mark und ich wieder etwas unternahmen und ich mir selbst nicht sicher war, was ich mir davon versprach. Wir waren Eisessen und sprachen uns aus. Wobei ich ihm das Reden überließ und mir das Eisessen. Gemütlich schlenderten wir Seite an Seite im Park nebeneinander her. Es war ziemlich menschenleer, obwohl es einer der letzten wärmeren Septembertage war. Ich hatte es sogar gewagt, eines meiner Sommerkleider anzuziehen. Mark versuchte zaghaft, mir seinen Arm um die Schultern zu legen. Doch ich tauchte unter ihm durch und tat so, als hätte ich einen interessanten Stein gefunden. Er stöhnte empört auf und schnappte mich an den Hüften, um mich im Kreis zu drehen. Wie vor dem Sommer, als alles noch unbefangen war. Ich jauchzte und ein glucksendes Lachen sprudelte aus mir heraus.
Ich hatte ganz vergessen, wie unbeschwert es mit Mark sein konnte. Mit ihm war alles so leicht. Er machte sich nie einen Kopf um irgendetwas und nahm die Dinge meistens so, wie sie kamen. Wenn er vor seinen Trottelfreunden nicht gerade den Macho mimte oder selber zum Trottel wurde, konnte er echt süß sein. Vor lauter Dreherei ließen wir uns lachend auf eine Wiese mit Pusteblumen fallen. Jetzt lagen wir nebeneinander und beobachteten die Schäfchenwolken. Er tastete immer wieder tollkühn nach meiner Hand, mit der ich ihm wieder und wieder lachend auf die Finger schlug.
Es dämmerte langsam und die Wolken bekamen einen tiefroten Schimmer. Wir saßen Rücken an Rücken und erzählten uns witzige Anekdoten aus dem Sommer, wobei er peinlichst darauf bedacht war, Lea Winter nicht zu erwähnen.
Ich saß in Blickrichtung auf ein kleines Wäldchen und zupfte an einem späten Gänseblümchen, als ich eine merkwürdige Frau entdeckte. Sie kam aus der Richtung des Waldes und hatte lange, fast weiße Haare, die ihr ins Gesicht fielen und es beinahe verdeckten. Ihr weißes Kleid sah sehr altmodisch und verschlissen aus, und ihre ganze Haltung, die Art, wie sie sich bewegte, ließ mich sie anstarren. Ich hatte das Gefühl, sie sei traurig, als sie mit gesenkten Schultern in unsere Richtung kam. Jetzt konnte ich auch erkennen, dass ihr anmutiger und feiner Körper leicht bebte, als würde sie weinen und von Schluchzern geschüttelt werden. Mein Herz zog sich zusammen und ein Schmerz sammelte sich hinter meinen Augen , die sich mit heißen Tränen füllten. An meinen Rücken gelehnt hörte ich Mark erzählen, aber meine Aufmerksamkeit war völlig auf diese Frau gerichtet. Sie ging ungefähr fünf Meter vor mir an uns vorbei, als sie ihr Gesicht hob und mich traurig und ernst zugleich ansah. Beim Anblick ihrer Augen erstarrte ich, denn ihre Iris war leuchtend rot. Wie bei einer Albinokatze , dachte ich noch, als meine Gefühle aufwirbelt en wie trockenes Herbstlaub und jetzt ungebremst durch mich hindurchstoben, bis sich ein Gefühl durchsetzte: Angst. Angst vor dem Tod. Aber warum?
Ihre Augen waren ernst und unendlich traurig. Seitdem ihr Blick mich berührt hatte, fühlte ich mich benommen und schwer, nicht in der Lage, mich zu rühren. Langsam wandte die Frau sich wieder ab, verschwand lautlos wie ein Geist hinter einer Baumgruppe und ließ mich mit einem tiefen Unbehagen zurück. Mein Herz klopfte bis zum Hals. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich den Atem angehalten hatte. Eine Träne lief mir übers Gesicht. Ich fühlte mich weit weg, als Mark mich ansprach.
»Hanna? Hanna, du sagst ja gar nichts mehr.« Mark drehte sich zu
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