Cherryblossom - Die Zeitwandler (German Edition)
dunkle Augen, die mich interessiert anglänzten und so viele Gefühle widerspiegelten. Meine Finger strichen den Rosenstiel entlang. Unerwartet zuckte ich zusammen. Ein Dorn hatte sich in meinem Finger gebohrt und ein dicker dunkelroter Blutstropfen perlte an ihm herunter. Fasziniert beobachtete ich, wie er eine lange Spur über meine Hand zog und auf den Boden tropfte. Endlich riss ich mich aus meiner Starre. Ich ging zum Bad hinüber, spülte die Wunde mit Wasser aus und verzog mich mit der Karte auf mein Bett. Mit einer ungeduldigen Bewegung riss ich den Umschlag der Karte auf, zog den Brief heraus und begann zu lesen.
Liebe Hanna!
Ich hoffe sehr, dass es dir bald wieder besser geht.
Diese Rosen sollen zeigen, wie viel du mir bedeutest.
Lass uns reden.
Dein Mark
Was hatte ich erwartet?
Die nächsten Wochen nach dem Krankenhausaufenthalt waren geprägt von Unbehagen und Anspannung, aber vor allem von Peinlichkeit. Zu meiner Bestürzung befand ich mich im Zentrum des allgemeinen Interesses, was mich so gar nicht glücklich machte. Am ersten Tag in der Schule durfte ich freundlicherweise gleich eine Klausur und einen Hausaufsatz nachschreiben. Frau Clausen war unglaublich stolz auf sich, dass sie das koordinieren konnte. Und ich musste – mehrfach auf den Abend im Pandora angesprochen – immer wieder beteuern, dass ich wirklich gesund sei. Ich war froh, als ich den Schultag endlich hinter mir hatte.
Maike und Evi hatten schon früher Schulschluss gehabt und ich war auf mich alleine gestellt, inmitten einer Meute sensationshungriger Teens. Nun schlenderte ich gemächlich in Richtung Bushaltestelle, als ich hinter mir plötzlich das schnelle Klappe n von sich nähernden Turnschuhschritten hörte. Ich versuchte, mich kleinzumachen und überlegte, ob, wenn ich die Augen schloss, ich mich dann in Luft auflösen konnte. Als Kind war ich beim Versteckspielen immer der unumstößlichen Meinung gewesen, dass, wenn ich die Augen geschlossen hätte, ich auch nicht zu sehen sei . Wenn Onkel Henry mich gefunden hatte, brachte er sein Gesicht dann immer ganz dicht vor meines. Ich hatte dann seinen Atem und seinen Bart gespürt, der mich kitzelte. Da ich die Lider immer noch fest zusammengekniffen hatte, war ich mir sicher, dass er mich noch nicht gefunden haben konnte. Irgendwann hatte ich dann immer losprusten und die Augen öffnen müssen. Onkel Henry sagte dann stets, dass er meinem Duft folgen könnte, da einer seiner Vorfahren ein Jagdhund war. Ich hatte ihn dann gefragt, ob er deshalb so zottelig aussehe.
Nun, ich denke, das mit dem Unsichtbarmachen funktionierte nicht wirklich, und als ich meinen Namen hörte, war ich mir sicher. Mark holte mich schneller ein, als mir lieb war.
»Hanna, hast du meine Blumen bekommen?« Er lächelte mich unsicher an.
»Ja, vielen Dank. Ich habe gehört, dass es dir auch wieder besser geht. Das ist … großartig!« Ich kaute angespannt auf meiner Lippe herum.
»Ja, danke, es ging mir eigentlich sofort wieder gut. Ich weiß nicht, was los war, so was ist mir noch nie passiert. Einfach umfallen …«, er schnalzte mit der Zunge und zog eine Grimasse. »Hast du mir das aus Solidarität versucht nachzumachen?«, scherzte er.
Ich schluckte und mein Blick huschte von ihm zur Bushaltestelle und wieder zurück. »Sehr witziger Einfall, Mark, aber ich nehme keine Drogen.«
Er runzelte die Stirn und schob sich eine blonde Haarsträhne zurück, die ihm die Sicht versperrte . »Ich auch nicht, das müsstest du doch wissen.« Er wirkte etwas ärgerlich.
»Ich weiß nicht wirklich viel über dich, Mark. Nur, dass auf der Liste der zehn Dinge, die du am besten kannst, mit mir Schluss machen steht, dicht gefolgt von Scheiße labern . Wie war ich denn eigentlich so im Bett? Ich hab gehört, wir sind dort gelandet.«
Mark schaute zu Boden und ließ einen Kiesel über den Asphalt hüpfen. Ich verspürte einen kleinen Triumph über seine Verlegenheit. »Ich hab nichts dergleichen erzählt. Aber ich glaube, Lea war ziemlich sauer, als ich gesagt habe, dass ich gerne wieder mit dir zusammenkommen möchte und ich nehme an, sie hat …«
Jetzt war ich sauer. »Na, das entschuldigt natürlich so einiges! Und wie lange gedenkst du, mit mir zusammen zusein ?« Ich malte Gänsefüßchen in die Luft. »Bis zu den nächsten Ferien, oder bis zum Abschlussfest?« Mit zusammengekniffenen Augen fixierte ich ihn bewusst kühl und wartete darauf, dass er aufgeben würde.
»Man, Hanna, du willst
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