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Chiara Fontana - Das Möbiusband (German Edition)

Chiara Fontana - Das Möbiusband (German Edition)

Titel: Chiara Fontana - Das Möbiusband (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Bergmann
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seien Sie froh. Ich weiß, wovon ich rede. Ist alles in Ordnung bei Ihnen?“
    „Nein“, hätte sie gerne geantwortet. „Weil ich nicht weiß, wer die Macht hat, Tatsachen und sogar Erinnerungen in diesem Ausmaß zu manipulieren. Weil ich nicht weiß, warum es mir nicht genauso ergangen ist. Oder bin ich die Manipulierte?“

104___
    Wächter, Eintrag 731.436
    Ja und nein, meine Liebe. Du bist jedenfalls das erste Individuum deiner Rasse, dem sich ein Schöpfer in seiner natürlichen Gestalt gezeigt hat. Ich weiß nicht, ob du Grund hast, dich darüber zu freuen, denn ich kenne nur einen Bruchteil ihrer Pläne und weiß nie mehr als sie mich wissen lassen. Es ist aber klar, dass etwas ganz Besonderes dahinter steckt. Auch er hat schließlich dich gewählt und dir den Vorzug gegeben vor diesem vielgestaltigen Amerikaner.
Signora Dragani kann sich natürlich nicht mehr an mich erinnern. Dafür habe ich gesorgt. Aber ich glaube, ich werde mich in einem zweiten Anlauf, den sie für den ersten halten wird, mit ihr anfreunden. Ja, das würde mich jetzt wirklich reizen. Menschenfrauen von ihrem Schlag haben durchaus etwas Amüsantes. Speziell wenn man die letzten 300 Jahre in einer Nische hinter einer Kellermauer verbracht hat.
     

EPILOG
     
    Fünf Tage nach dem furiosen Finale von Sistiana erhielt Chiara einen Brief von Vanetti. Nach ihren Erfahrungen mit Mike hatten sie verabredet, zunächst auf Telefonate und E-Mails zu verzichten. Er schrieb:
     
    Liebe Chiara,
    ich glaubte zu träumen. Als ich in meine zerstörte Wohnung kam, erwartete mich ein sehr ernsthafter Kriminalbeamter. Zufällig, wie er sagte, der Witzbold. Aber er machte keine Anstalten, mich zu verhaften. Er brachte mir bei, dass sich während meiner ‚urlaubsbedingten Abwesenheit‘ schreckliche Dinge in meiner Wohnung und im Haus zugetragen hätten. Ich wollte ihm versichern, dass niemand das besser wüsste als ich selbst. Eine glückliche Eingebung hielt mich davon ab. Von meinem Urlaub wusste ich gar nichts. Gerda, die ich später fragte, ist jedenfalls felsenfest davon überzeugt, dass ich persönlich und spontan deswegen im Institut angerufen hätte. Sie war nicht sehr erfreut darüber. Hat Mike vor seinem abrupten Ende die Fäden gezogen? Kann ich mir kaum vorstellen.
    Der Mann erzählte mir, dass es Tote gegeben habe, offenkundig eine blutige Auseinandersetzung zwischen Mitgliedern rivalisierender Banden, bei der auch unser Hausmeister ermordet worden sei. Er fügte hinzu, dass die Polizei aufgrund der Spurensicherung und von Informationen, deren Quellen er mir leider nicht näher erläutern dürfe ... Dass die Polizei jedenfalls alles geklärt habe. Von mir erbat er eine Liste der fehlenden Gegenstände. Nachdem der Einbruch so eskaliert sei, fehle möglicherweise gar nichts, die Täter hätten wohl nur noch Flucht im Sinn gehabt. Aber irgendwann werde das ohnehin zu einer reinen Versicherungsfrage.
    Ich schwöre Dir, in diesem Moment hat er mir zugezwinkert. ‚Dr. Vanetti’, hat er mir zugezwinkert, ‚wir alle kennen die Versicherungen. Es sind Gauner. Also tun Sie sich nichts an bei Ihrer Bestandsaufnahme.’
    Das war glatte Anstiftung zum Betrug! Ich habe einen Tag lang aufgeräumt, Gerda hat mir geholfen. Du würdest sie mögen. Ein Gauner von der Versicherung hat alle Schäden aufgenommen. Gefehlt hat wirklich nichts. Abgesehen von einem Steak-Messer. Wenig überraschend, oder? Ich will es nicht zurück.
    Es klingt furchtbar, aber seit ich diesen Typen samt seinem Boot in die Luft geschleudert habe, fühle ich mich befreit. Es ist wohl eine andere Art von Wahnsinn, aber viel netter, in gewisser Weise, wie Du Dir denken kannst. Wann darf ich Dich besuchen?
    Alles Liebe
    Dein Ernst
     
    Was für ein leichtsinniger Idiot, dachte Chiara – aber immerhin einer mit intakter Erinnerung, was sie ihm hoch anrechnete. Sie dachte auch an den Rollstuhlfahrer Jakob. An die grenzenlos freien, glücklichen Seelen aus dunklem Licht. Und an das sonderbare Phänomen, dass sich plötzlich niemand mehr für den A-Grav interessierte. Keine finsteren Fanatiker, keine smarten Agenten, keine kriminellen Biker ...
    Er thronte auf einem Podest auf ihrem Schreibtisch, einem kunstvoll verzierten, ziemlich peinlichen Erbstück mütterlicherseits. Einem sakrosankten Erbstück.
    Den A-Grav schien es nicht wirklich zu berühren. Wenn sie über seine glatte Oberfläche strich oder ihn auch nur betrachtete, reagierte er mit seinen geheimnisvollen Lichtmustern,

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