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Chiara Fontana - Das Möbiusband (German Edition)

Chiara Fontana - Das Möbiusband (German Edition)

Titel: Chiara Fontana - Das Möbiusband (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Bergmann
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nicht allein“, sagte eine Stimme, die klang, als käme sie direkt aus einer Hochdruckpresse.
    „Das ist Elena Parello, eine Freundin. Bitte lassen Sie uns hinein, Signore. Wir müssen dringend mit Ihnen sprechen.“
    Sie verstand nicht, wovor er so große Angst hatte, doch sie spürte sie – und die Überwindung, die es ihn kostete, ihrer Bitte Folge zu leisten. Er entriegelte die Kette und öffnete die Tür.
    Ein mittelgroßer Mann stand vor Chiara. Ein Italiener. Ein echter Vanetti. Vielleicht ein Nachfahre Guidos. Für einen Moment hielt auch sie den Atem an.
    Vanetti ließ die Frauen eintreten. Sie waren beide hübsch, sehr hübsch – und obwohl er sich nach wie vor in hochgradiger Panik befand, lächelte er sie an und gab ihnen die Hand.
    „Entschuldigen Sie meine Vorsicht“, sagte er. „Aber Sie sehen ja, dass ich einen Grund dafür habe.“
    Er wies mit einer leicht theatralischen Geste auf das Chaos hinter ihm. Sie gingen ein paar Schritte weiter in die Wohnung.
    „Mamma mia!“ stieß Elena hervor. Sie verfügte ebenfalls über einen gut entwickelten Sinn für Dramatik.
    „Wer hat das getan?“ fragte Chiara.
    Vanettis Zwischenhoch zerbröckelte binnen Sekunden.
    „Ich weiß es nicht. Aber das ist noch nicht das Schlimmste. Sie haben Herrn Vasik getötet. Unseren Hausmeister. Er liegt immer noch im Gang. Ich muss endlich die Polizei rufen. Ich muss ...“
    „Gar nichts musst du!“
    Sie fuhren herum. In der Tür stand der große Schwarzbärtige mit der weißen Kappe. Die fremdartige Kopfbedeckung stand in eigenartigem Kontrast zu dem konservativen dunklen Anzug, dem weißen Hemd und der dunkelgrauen Krawatte. Er hatte die Zähne entblößt, als ob er lächelte oder sie vor Genugtuung fletschte. Ein leuchtendes, kräftiges Gebiss. Ein Raubtiergebiss. In der Hand hielt er eine Waffe, deren Mündung sich langsam hin und her bewegte, als könne sie sich nicht zwischen ihren möglichen Zielen entscheiden. Es war eine große, fleischige, auf dem Handrücken dicht behaarte Hand. Sie wirkte auf Chiara noch abstoßender als die Pistole, die zur Hälfte in ihr verschwand. Der Bewaffnete war nicht allein. Zwei weitere Männer schoben sich in die Wohnung. Einer noch größer als sein Boss, dünn, ausgemergelt, mit schütterem blondem Haar, das ihm in Stirn und Nacken hing. Blassblaue Augen mit ausgeprägten violetten Ringen darunter betonten das Maskenhafte des bleichen Gesichts. Er trug ein weißes Sakko. Vanetti erkannte es wieder. Die langen weißen Arme, die ihn vorhin in seine Wohnung ziehen wollten. Der andere Typ war kleiner und kräftiger, in Jeans und schwarzer Lederjacke. Seine Stupsnase verlieh ihm etwas Kindliches, die unruhigen, stark geröteten Augäpfel dagegen etwas Manisches. Er trug eine dunkle Stoppelfrisur und erschien neben seinen schon äußerlich auffälligen Komplizen wie ein eher durchschnittlicher Ganove. Nach einem prüfenden Blick machte er das, was Vanetti beim Anblick von Chiara und Elena vergessen hatte. Sorgfältig schloss er die Tür.
    „Ich habe nicht abgesperrt!“, dachte der Astronom in tiefster Verzweiflung. „Sie bringen mich wirklich immer um den Verstand!“
    Womit er seinen weiblichen Besuch meinte und darüber hinaus Frauen und Weiblichkeit ganz allgemein. Laut und mit heftig schwankender Stimme sagte er: „Ich weiß nicht, was Sie in meiner Wohnung zu suchen haben, aber Sie sollten wirklich gehen. Die Polizei kann jeden Moment eintreffen.“
    Nun lachte der Große tatsächlich.
    „Rein mit euch. Schnell!“
    Er sprach ein vollkommen steriles Hochdeutsch, was naturgemäß nur Vanetti auffiel. Mit Sicherheit kein Wiener. Sie gehorchten und gingen ins verwüstete Wohnzimmer. Auch die beiden anderen Eindringlinge zogen Waffen. Auf einen Wink ihres Anführers verschwanden sie in den angrenzenden Räumen, wohl um festzustellen, ob die Luft rein war. Vanettis Blässe leuchtete wie weißes Neon, seine Knie trugen ihn nicht mehr. Er sank in einen Sessel. Die Männer kehrten zurück und schüttelten stumm die Köpfe. Der Boss richtete seine Aufmerksamkeit auf Chiara und Elena.
    „Wer seid ihr? Was macht ihr hier?“
    „Was fragt der Blödmann?“ erkundigte sich Elena gereizt. Chiara hoffte, dass keiner der Männer Italienisch verstand. Der Blick, den der Anführer Elena zuwarf, sprach dagegen. Rasch mischte sie sich ein.
    „Wir sind mit Signor Vanetti befreundet. Wir sind gerade angekommen, um ihn zu besuchen.“
    Der Schwarzbärtige wandte sich von Elena ab und

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