Chicagoland Vampires 03 - Mitternachtsbisse
schlichten Bewegungen schnitten durch die Magie in der Luft. Ich atmete tief ein und spürte, wie sich der Druck löste. Er war wirklich der Anführer.
»Dass wir keine offizielle Vertretung hier haben«, fuhr Gabriel fort, »bedeutet nicht, dass wir nicht von der Lage betroffen sind. Die Vampire haben sich geoutet. Sie stehen jetzt wohl oder übel im Rampenlicht, und wir können nicht davon ausgehen, dass die Menschen sich mit der Vorstellung zufriedengeben, die Blutsauger wären die einzigen Übernatürlichen auf der Welt.«
»Das ist also dein Standpunkt?«, fragte Jason. »Du holst uns hierher, um was zu machen? Uns öffentlich zu machen?« Er schüttelte den Kopf. »Da mache ich nicht mit. Die Vampire haben sich geoutet, und die Folge waren Aufstände und Anhörungen im Kongress. Wenn wir uns outen, was wird dann mit uns geschehen?«
»Sie werden Experimente an uns durchführen«, sagte der vierte und letzte Formwandler, der Robin sein musste, Anführer des Nordamerika-West-Rudels.
Er war der mit der dunklen Sonnenbrille. »Wir werden in Militäreinrichtungen eingesperrt, irgendwohin verschleppt, damit sich irgendwelche Generäle Gedanken machen, wie sie uns als Waffen einsetzen können.« Er hob eine Hand und klappte seine Sonnenbrillengläser hoch. Sein Anblick ließ mich fast zusammenzucken – seine Augen waren milchig blau und starrten ausdruckslos in unsere Richtung. War er blind?
»Nein, danke«, sagte er leise und ließ die Brillengläser wieder herunterklappen. »Rechne nicht mit mir und auch nicht mit dem Rest des Nordamerika-West-Rudels. Daran haben wir kein Interesse.«
»Ich weiß es zu schätzen, dass du meine Absicht erraten hast und bereit bist abzustimmen«, sagte Gabriel trocken. »Aber das hier ist nicht die Versammlung, und ich habe keinen Antrag zur Abstimmung gestellt. Da keiner von uns Wahrsager ist, sollten wir unsere Meinung vorläufig für uns behalten.«
Mehrstimmiges Schnauben folgte, aber kein offener Widerspruch.
»Was ich will«, fuhr Gabriel fort, »ist, die Frage zu stellen und an die Rudel weiterzutragen. Das ist meine Absicht. Bleiben wir hier und stellen uns dem nahenden Sturm?« Er schaute hoch und sah Ethan an. Ihre Blicke trafen sich, und Gabriels Gesichtsausdruck war eine Mischung aus Angst, Macht und Zorn, denn der »nahende Sturm« hatte definitiv mit den Vampiren zu tun. »Oder verabschieden wir uns von hier?«
»Welche Entscheidung ist sicherer?«, fragte Tony.
»Und welche«, warf Jason ein, »ist unverantwortlicher?«
»Instabilität«, sagte Robin. »Tod. Krieg. Und das nicht mal zwischen Formwandlern oder zwischen den Rudeln. Die Angelegenheiten der Vampire sind nicht unsere Angelegenheiten. Das waren sie noch nie.«
Genau da liegt das Problem, teilte mir Ethan gedanklich mit. Ihre fehlende Bereitschaft, den entscheidenden Schritt nach vorne zu machen.
Nein, ihre fehlende Bereitschaft, sich und ihre Familien für uns zu opfern, korrigierte ich ihn, behielt den Gedanken aber für mich. Das war eine Entscheidung, die sie schon früher getroffen hatten, während der Zweiten Säuberungen. Und obwohl den getöteten Vampiren mein Mitgefühl galt, verstand ich das Bedürfnis der Formwandler, vor dem nahenden Chaos Schutz zu suchen. Ich würde den Philosophen die Entscheidung überlassen, ob ihre Handlungen moralisch verwerflich gewesen sind.
»Das Überleben dieser Welt ist unsere Angelegenheit«, sagte Gabriel. »Die Rudel sind riesig. Soziale Netzwerke, Geschäfte, finanzielle Interessen waren vor zweihundert Jahren überhaupt kein Thema, aber heute sind sie es.«
Tony legte eine Karte mit einem entschlossenen Schnappen auf dem Tisch ab und nahm sich eine neue aus dem Talon. »Wie viel von deiner neuen Freundlichkeit hat mit unseren Schwert tragenden Freunden zu tun?« Er sah mich verächtlich an, mit Hass und einer perversen Gier im Blick. »Vor allem mit der Tussi da?«
Gabriel ließ ein leises Knurren hören, dass sich mir die Nackenhaare aufstellten. Ich packte mein Katana fester und starrte Tony drohend an.
»Weil du ein Gast in dieser Stadt bist«, sagte Gabriel, »werde ich dir die Gelegenheit geben, dich bei Merit, mir und Tonya zu entschuldigen.«
»Entschuldigung«, schnauzte Tony.
Gabriel verdrehte die Augen, ließ es ihm aber durchgehen, vielleicht wegen seines Status. Er sah zu Robin hinüber. »Wenn wir die Kindereien mal ignorieren, verstehe ich deinen Standpunkt sehr gut, Bruder. Ich werde diese Frage an die Rudel nur herantragen. Sie
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