Chicagoland Vampires 03 - Mitternachtsbisse
Fleischwunde.«
Ich warf einen Blick auf die Regalbretter unterhalb der Theke und schnappte mir einen Stapel gefalteter weißer Handtücher. Ich nahm ein Handtuch herunter, hob ihren Arm (was mit einem Fauchen quittiert wurde) und drückte die restlichen Tücher auf die klaffende Wunde. Das lose Handtuch benutzte ich, um die behelfsmäßige Bandage zu umwickeln, und zog es genügend fest, um Druck auf die Wunde auszuüben, ohne dabei die Durchblutung zu stoppen. Sie war nun mal eine Kellnerin; den Arm würde sie vermutlich noch brauchen.
»Ich hab schon Schlimmeres erlebt«, sagte sie gereizt, blieb aber ruhig sitzen, während ich die Enden verknotete.
»Mir egal«, sagte ich und zeigte mit einem Finger auf sie, als sie mir widersprechen wollte. »Du blutest, und ich habe Fangzähne. Lass es nicht darauf ankommen.«
Sie ließ ihren Mund mit einem deutlich hörbaren Klacken zufallen.
Ich setzte mich wieder hin, und die stechenden Schmerzen der Kugeln in meinem Körper kehrten zurück, als die Welt begann, sich wieder langsamer zu drehen.
Bevor ich zwinkern konnte, war Ethan vor mir und suchte meinen Körper nach Verwundungen ab.
Ich hörte, wie neben mir Metall auf dem Boden aufschlug, und sah hinab. Eine Kugel rollte über den Boden; ihr Ende war flachgedrückt. Ich hatte ein Loch in meiner Hose, auf der Höhe des Oberschenkels, und die Haut darunter war blutverschmiert. Sie sah aber gesund und rosig aus – eins zu null für vampirisches Fleisch, das superschnell heilt.
Ich sah auf und spürte Ethans Blick auf mir. Er hielt mir eine weitere Kugel auf seiner Hand hin.
Angesichts des Stechens in meiner Schulter hatte ich dort vermutlich einen zweiten Treffer hinnehmen müssen.
Du hättest getötet werden können.
Das bezweifle ich. Sie aber.
Er sah mich einen Augenblick besorgt an. Dann veränderte sich sein Gesichtsausdruck, und an die Stelle von Angst trat Stolz. Dass ich Berna geholfen hatte, hatte ihm Angst gemacht, aber er war auch stolz darauf, dass ich es getan hatte.
Er hatte natürlich auch den Helden gespielt. Danke, dass du mich am Fenster beschützt hast, sagte ich ihm.
Er nickte, und seine perfekt geformten Wangen liefen rot an. Ich knabberte an meiner Lippe, denn der Beschützerinstinkt in seinem Blick ließ tief in mir etwas erwachen. Er sagte nichts, nickte aber, als ob er mir die Gefühle in seinem Blick eingestand.
Ich hatte keine Ahnung, was ich damit anfangen sollte.
Bedeutungsschwangere Sekunden vergingen, bevor ich mich wieder den Formwandlern zuwandte.
Adam und Robin hielten noch ihre Waffen in der Hand, aber sie hatten Gabriels Befehl befolgt, das Feuer nicht zu erwidern. Jason kroch auf Händen und Füßen zur Tür am anderen Ende der Bar, vielleicht um herauszufinden, ob sich uns eine Fluchtmöglichkeit bot.
Das Adrenalin in meinen Adern wich nackter Furcht, und der Gedanke an eine Flucht war plötzlich sehr verlockend. Natürlich war der Schütze da draußen, und wir waren hinter einer soliden Eichenholztheke. Aber was sollte ihn daran hindern, den direkten Kontakt zu suchen und die Theke zu stürmen? Ja, ich hatte bewiesen, dass ich die starke Hüterin spielen konnte, wenn es denn notwendig war, aber der Gedanke, gerettet zu werden, schien mir jetzt sehr verlockend.
Ich dachte über Noahs Angebot und die Tatsache nach, dass ich mit Jonah einen Partner hätte, wenn ich der Roten Garde beitreten würde. Verstärkung wäre sicherlich praktisch, doch ich hatte meine Zweifel, ob die Formwandler von dem Gedanken begeistert wären, eine geheime Vampirarmee herbeizurufen, um ihre Probleme in den Griff zu kriegen.
Glücklicherweise musste ich nicht noch mehr Zeit darauf verwenden, mir über Noahs Angebot Gedanken zu machen – die Schüsse hörten plötzlich auf, und das tiefe Brummen eines Motorrads bewies uns, dass der Schütze flüchtete.
Stille trat ein … bis das laute Fluchen begann.
Adam streckte als Erster den Kopf hoch und kontrollierte die Vorderseite der Bar und die Straße.
»Alles sauber«, sagte er, und der Rest folgte ihm. Ich half Berna auf die Beine und bereitete sie auf eine Fahrt im Krankenwagen vor, dessen lautes Heulen näher kam und den sicherlich jemand aus der Nachbarschaft gerufen hatte, als die Schießerei begann.
Es war mir fast peinlich, Ethan anzusehen, denn das, was mitten im Angriff zwischen uns geschehen war, war zu persönlich, als dass ich es vor Fremden eingestehen wollte. Trotz unserer unterschiedlichen Positionen hatte er mich, ohne zu
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