Chicagoland Vampires 03 - Mitternachtsbisse
die Beine aus und wandte sich wieder der Kücheninsel zu, besah sich das Chaos und nahm dann einen Glasbehälter hoch, der mit Birkenrinde gefüllt zu sein schien.
»Könntest du mir was holen? Auf dem Beistelltisch im Wohnzimmer liegt ein kleines schwarzes Notizbuch, mit einem goldenen Schriftzug auf dem Einband.«
»Wirst du mir damit etwas von deiner Magie zeigen?«
»Wenn du noch rechtzeitig deinen Hintern hochbekommst, bevor ich dich in einen Frosch verwandle, dann ja.«
Ich sprang von meinem Stuhl herunter. »Wenn du mich in einen Frosch verwandelst, dann hättest du mir ja schon deine Magie gezeigt.«
»Deine Intelligenz ist einfach nicht gut für dich«, rief sie mir hinterher, aber ich war schon auf halbem Wege durch den Flur. Das Haus sah noch ziemlich genauso aus wie vor ein paar Wochen, als ich das letzte Mal hier gewesen war, abgesehen von einigen Hinweisen auf einen männlichen Mitbewohner – vereinzelte Kassenbelege, die in der Gegend herumlagen; ein Paar abgetragene Sportschuhe; eine Ausgabe von Men’s Health auf dem Esszimmertisch; Teile einer Stereoanlage in einer Ecke.
Während ich also in Richtung Wohnzimmer ging, bereitete ich mich seelisch darauf vor, noch weitere typisch männliche Sachen vorzufinden. Zusammengerollte Socken vieleicht oder halb leere Bierdosen. Was immer Catcher auch trank.
Ich war nicht auf einen leeren Raum vorbereitet … der eben noch voller Möbel gewesen war.
»Heilige Scheiße!«, fluchte ich, stemmte die Hände in die Seiten und sah mich im Zimmer um.
Malory, rief ich. »Komm her! Ich glaube, du bist ausgeraubt worden.«
Aber wie hatten sie ein ganzes Zimmer voller Möbel und Krimskrams ausräumen können – ohne dass wir es merkten?
»Schau nach oben!«
»Nein, ernst jetzt – komm her! Ich mach keine Witze!«
»Merit«, brüllte sie zurück. »Verflucht noch mal, sieh nach oben!«
Das tat ich. Mir klappte die Kinnlade herunter. »Heilige Scheiße!«
Der Raum sah aus wie in Poltergeist. Alle Sachen – von der Couch über den Beistelltisch bis hin zur Spielekonsole und dem Fernseher – hingen an der Decke. Alles stand genau an seinem Platz, nur auf den Kopf gestellt. Es wirkte so, als ob ich unter einem Spiegel stünde – ein Spiegelbild dessen, was vorher gewesen war.
Es machte den Eindruck, als ob die Schwerkraft gerade in Urlaub sei. Ich sah das kleine schwarze Buch, das ich für Malory holen sollte, aber es lag auf (unter?) dem Beistelltisch, der nun gut einen Meter über mir hing.
»Ich könnte wohl danach springen«, murmelte ich mit einem schwachen Lächeln und sah dann instinktiv zur Tür. Sie stand im Türrahmen, die Arme vor der Brust verschränkt, die Beine gekreuzt, und schenkte mir ein selbstzufriedenes Lächeln.
»Weißt du, du siehst aus wie Catcher, wenn du da so stehst.«
Malory, das Mädel, das die Schwerkraft zur Diskussion gestellt hatte, streckte mir die Zunge heraus.
»Wie es scheint, hast du ein paar Sachen gelernt.«
Sie zuckte mit den Achseln und stieß sich dann von der Tür ab.
»Wie hast du das gemacht?«, fragte ich und ging mit dem Kopf im Nacken durch das Zimmer, um es genauer zu betrachten.
»Der erste Schlüssel«, sagte sie. »Zaubermacht. Es gibt Energien im Universum, die auf uns alle einwirken. Diese Energien habe ich bewegt, die Ströme ein wenig umgeleitet, und schon rückte das Universum ein wenig zur Seite.«
Nun, es kam mir fast so vor, als ob Ethan zumindest zum Teil recht gehabt hatte. »Es ist also so was wie die Macht?«
»Das ist tatsächlich kein schlechter Vergleich.«
Meine beste Freundin konnte das Universum zur Seite rücken. So viel zum Thema, wie knallhart ich war. »Das ist einfach … grandios.«
Sie kicherte und sah dann zur Decke. »Das Problem ist, dass ich es nicht besonders gut draufhabe, das Zeug wieder runterzubekommen.«
»Und was machst du in dem Fall? Lässt du Catcher das erledigen?«
»Oh mein Gott, nein! Er hat das diese Woche schon dreimal wieder in Ordnung gebracht. Ich werde einfach mein Bestes geben.« Sie räusperte sich, hob die Arme und sah mich kurz an. »Du solltest vieleicht aus dem Weg gehen. Es könnte ein wenig chaotisch werden.«
Ich nahm mir ihre Warnung zu Herzen, flitzte zur Schwele zwischen Ess- und Wohnzimmer und drehte mich dann um, um ihr zuzusehen.
Malory schloss die Augen, und ihre Haare erhoben sich in die Luft, als ob sie eine Hand auf eine Teslaspule gelegt hätte. Ich spürte, wie mein eigener Pferdeschwanz in die Höhe gezogen wurde, als
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