Chicagoland Vampires: Drei Bisse frei (German Edition)
Menschen verwandelt?«
Es musste triftige, vermutlich finanzielle Gründe dafür geben, und ich ging davon aus, dass wir das schon bald herausfinden würden. In der Zwischenzeit folgten wir Tabithas Aufforderung und durchschritten das Vorzimmer.
Seth Tate hatte das Aussehen eines unverbesserlichen Playboys. Zerzauste kohlrabenschwarze Haare, blaue Augen, lange dunkle Wimpern. Frauen gerieten in Verzückung, wenn sie ihn sahen, und dank seiner zweiten Amtszeit besaß er neben seinem guten Aussehen auch reichlich politische Erfahrung. Das alles erklärte, warum er als einer der heiratswürdigsten Junggesellen Chicagos galt und zum begehrenswertesten Politiker des Landes erklärt worden war.
Er begrüßte uns in seinem Büro, einem lang gestreckten, niedrigen Raum, der vom Boden bis zur Decke vertäfelt war. Am einen Ende stand ein riesiger Schreibtisch mit einem Polstersessel aus rotem Leder, der durchaus als Thron durchgehen konnte.
Sowohl Schreibtisch als auch Thron befanden sich unter einem ominösen, einen Meter fünfzig breiten Gemälde. Der größte Teil der Leinwand lag in Dunkelheit, aber die Umrisse einer Misstrauen erweckenden Männergruppe waren zu erkennen. Sie standen um einen Mann in der Gemäldemitte herum, der seine Arme über den Kopf erhoben hatte und sich vor den Männern duckte, die auf ihn hinabzeigten. Es schien, dass sie ihn für etwas verurteilten. Nicht gerade ein erbaulicher Anblick.
Tate, der in der Raummitte stand, streckte Ethan die Hand entgegen – eine Geste, die ohne jedes Zögern erfolgte. »Ethan.«
»Herr Bürgermeister.« Männliches Händeschütteln folgte.
»Wie stehen die Dinge im Haus?«
»Ich würde behaupten, die Stimmung ist … abwartend. Wenn man Demonstranten vor der Haustür hat, dann erwartet man eigentlich immer nur die nächste Hiobsbotschaft.«
Nachdem sie einen vielsagenden Blick getauscht hatten, wandte Tate sich mir zu, und ein Lächeln machte sich auf seinem Gesicht breit. »Merit«, sagte er in einem sanfteren Tonfall. Er ergriff meine Hände, beugte sich vor und küsste mich sanft auf die Wange. Der Duft von süßer Zitrone umgab ihn. »Ich habe gerade mit deinem Vater gesprochen.«
»Wir haben ihn auf dem Weg nach draußen getroffen.«
Er ließ meine Hände los und lächelte, aber als er mich genauer betrachtete, verschwand das Lächeln. »Ist alles in Ordnung?«
Anscheinend sah ich immer noch etwas durcheinander aus; das kann einem Mädchen passieren, wenn es mit einer Schusswaffe bedroht wird. Aber bevor ich antworten konnte, vernahm ich Ethans Warnung.
Erwähne McKetrick nicht! befahl er lautlos. Nicht, bis wir mehr über seine Verbündete wissen.
»Es gab eine Protestdemonstration vor unserem Haus«, sagte ich daher pflichtschuldigst. »Sich da durchzukämpfen war nervenaufreibend. Es hagelte Vorurteile und wüste Beschimpfungen.«
Tate bedachte mich mit einem mitfühlenden Blick. »Bedauerlicherweise können wir den Demonstranten ihr Recht auf den ersten Zusatzartikel nicht absprechen, aber sollte die Lage eskalieren, können wir jederzeit eingreifen.«
»Wir hatten die Situation unter Kontrolle«, versicherte ich ihm.
»Gabriel Keenes Bekanntmachung, dass es auch Formwandler gibt, hat eure Beliebtheit nicht gerade gesteigert.«
»Das hat sie nicht«, gab Ethan zu. »Aber er hat sich beim Kampf vor unserem Haus auf unsere Seite geschlagen, als wir mit dem Rücken zur Wand standen. An die Öffentlichkeit zu gehen und damit seine Version der Dinge zu präsentieren, war noch die beste Möglichkeit aus einer Reihe dürftiger Optionen, um sein Volk zu beschützen.«
»Dem möchte ich nicht unbedingt widersprechen«, sagte Tate. »Wenn er nicht an die Öffentlichkeit gegangen wäre, hätten wir jeden einzelnen Formwandler wegen Körperverletzung und Landfriedensbruch ins Gefängnis werfen müssen. Wir hätten sie nicht ohne Begründung gehen lassen können. Seine Bekanntmachung hat uns aber genau diese Begründung geliefert, sodass die Bevölkerung halbwegs nachvollziehen konnte, warum sie sich an dem Kampf beteiligt und wir sie trotzdem nicht auf der Stelle verhaftet haben.«
»Ich bin sicher, dass sie Ihr Verständnis zu schätzen wissen.«
Tate warf ihm einen skeptischen Blick zu. »Ich glaube kaum, dass derartige Dinge sie überhaupt interessieren. Die Formwandler scheinen mir nicht gerade die politisch aktivsten Wesen zu sein.«
»Das sind sie bestimmt nicht«, pflichtete Ethan ihm bei. »Aber Gabriel ist klug genug, um es zu
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