Chicagoland Vampires: Drei Bisse frei (German Edition)
ich die Befehlskette ignorierte und Tate direkt ansah. »Woher haben Sie das?«
Tate erwiderte meinen Blick. »Cook-County-Gefängnis. Das stammt aus der Vernehmung eines Mannes, der wegen Drogenbesitzes verhaftet worden war. Die Polizistin konnte nicht feststellen, ob er betrunken oder gestört war … oder ob er wirklich etwas gesehen hatte, dem wir unsere Aufmerksamkeit widmen sollten. Glücklicherweise ist sie mit dem Protokoll zu ihrem Vorgesetzten gegangen, der es an meinen Stabschef weitergegeben hat. Die Opfer, von denen Mr Jackson gesprochen hat, müssen noch gefunden werden – bei den Vermisstenanzeigen gibt es keine passende Beschreibung – , aber wir gehen dieser Anschuldigung selbstverständlich nach.«
»Wo ist das geschehen?«, fragte Ethan ruhig.
Tate wandte sich Ethan zu und durchbohrte ihn mit seinen Blicken. »Er sagte, in West Town, und er hat bis auf das ungefähre Gebiet keine genaueren Angaben gemacht. Da wir bislang weder einen Tatort noch die Opfer haben feststellen können, ist es möglich, dass er die Gewaltanwendung übertrieben hat. Allerdings scheint er felsenfest davon überzeugt, wie man am Protokoll erkennen kann, dass Vampire aus unserer schönen Stadt für einen Angriff auf Menschen verantwortlich sind. Einen Angriff, der drei unschuldigen Menschen das Leben gekostet hat.«
Tate schwieg für einen Augenblick, lehnte sich zurück, verschränkte die Hände hinter dem Kopf und fing an im Sessel zu schaukeln. »Ich bin nicht gerade begeistert, dass dies in meiner Stadt geschieht. Ich bin nicht erfreut über den Angriff auf Ihr Haus und die Feindschaft, die es zwischen Ihnen und dem Rudel zu geben scheint, und ich bin nicht begeistert davon, dass meine Bürger solche Angst vor Vampiren haben, dass sie vor Ihrem Haus kampieren und gegen Ihre Anwesenheit demonstrieren.«
Tate lehnte sich wieder nach vorn und wirkte plötzlich wütend. »Aber wissen Sie, was mich wirklich sauer macht? Der Umstand, dass die Aussage von Mr Jackson Sie gar nicht zu überraschen scheint. Die Tatsache, dass ich herausgefunden habe, dass Sie sehr wohl über die Partys Bescheid wissen, über diese sogenannten ›Raves‹, bei denen menschliches Blut getrunken wird.«
Mir wurde ganz flau im Magen. Normalerweise war Tate immer beherrscht, diplomatisch, achtete auf jedes einzelne Wort und gab sich stets optimistisch, was seine Stadt anging. Diesen Tonfall jetzt erwartete man eher in einem verrauchten Hinterzimmer oder einer finsteren Sitzecke in einem billigen Restaurant. Ein Tonfall, wie man ihn zu Al Capones Zeiten in Chicago gehört hatte.
Das war der Seth Tate, der seine Feinde vernichtete. Und jetzt standen wir auf seiner Abschussliste.
»Wir haben Gerüchte gehört«, sagte Ethan schließlich, wie immer ein Meister der Untertreibung.
»Gerüchte über Blutorgien?«
»Über Raves«, gab Ethan zu. »Kleine Versammlungen, bei denen Vampire gemeinschaftlich von Menschen trinken.«
Raves wurden in der Regel von Abtrünnigen organisiert – Vampiren, die zu keinem Haus gehörten und sich daher nicht den traditionellen Hausregeln beugten. Für die meisten Häuser galt die Regel, dass Menschen grundsätzlich nicht als Imbiss dienten, ob sie nun damit einverstanden waren oder nicht. Cadogan erlaubte das Trinken von Menschen, aber nur mit ihrer ausdrücklichen Zustimmung, und ich kannte kein einziges Haus, das Mord billigte.
Die Raves wären vor einigen Monaten beinahe ans Licht der Öffentlichkeit geraten, aber wir hatten sie nach einigen Recherchen von unserer Seite zum Glück geheim halten können. Ich nahm an, dass mit diesem Gespräch die Zeit der Unschuld hinter uns lag.
»Wir haben Augen und Ohren offen gehalten«, fuhr Ethan fort, »um die Verantwortlichen der Raves und ihre Methoden zu identifizieren und wie sie die Menschen auf sich aufmerksam machen.«
Das war Maliks Aufgabe – sein Stellvertreter und Nachfolger, sollte Ethan jemals nicht mehr Meister sein. Als wir damals erpresst wurden, bekam er den Auftrag, die Raves genauer unter die Lupe zu nehmen.
»Und was haben Sie herausgefunden?«, fragte Tate.
Ethan räusperte sich. Ah, das universelle Geräusch der klassischen Hinhaltetaktik.
»Wir haben in den letzten zwei Monaten von drei Raves erfahren«, sagte er. »Drei Raves, bei denen maximal ein halbes Dutzend Vampire anwesend war. Es handelte sich um kleine, sehr intime Treffen. Es wird dabei sicherlich Blut vergossen, aber weder haben wir von einer Gewaltanwendung erfahren, wie sie Mr
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