Chicagoland Vampires: Drei Bisse frei (German Edition)
damit, mich widerstandslos meinen widerstreitenden Gefühlen zu überlassen. Es dürstete mich nicht nach Blut, ich verzehrte mich nicht nach Freundschaft, weder Politik noch Strategien vermochten mich zu interessieren. Nichts hatte für mich Bedeutung, außer den Gefühlen, die in mir tobten und den Erinnerungen, die sie befeuerten.
Die Nacht war schlimm für mich, doch der Tag war noch schlimmer.
Wenn die Sonne aufging, wollte ich einfach nur vergessen, und mein Körper sehnte sich nach Erholung, aber ich konnte diese Gedanken nicht aus meinem Kopf vertreiben, die sich ständig wiederholten. Ich konnte nicht aufhören, an ihn zu denken. Und weil ich trauerte, weil ich ihn so sehr vermisste, wollte ich es auch gar nicht. Es waren so viele Erinnerungen, die sich vor meinem geistigen Auge abspielten – als ich ihn im Erdgeschoss des Hauses Cadogan zum ersten Mal gesehen hatte; als er mich zum ersten Mal in einem Kampf besiegt hatte; sein Gesichtsausdruck, als ich Blut von ihm trank; der Zorn in seinen Augen, als er beinahe einen Formwandler angegriffen hätte, um mich vor möglichem Schaden zu bewahren.
Es war wie ein Film, der ständig ablief. Ein Film, den ich nicht abstellen konnte, so erschöpft ich auch war.
Ich konnte Malik nicht gegenübertreten. Mir war nicht klar, wie viel er gewusst hatte, als er Ethan in dieser Nacht auf das Universitätsgelände gefolgt war, aber ich konnte mir nicht vorstellen, dass er sich über diese seltsame Aufgabe – oder ihren Ursprung – keine Gedanken gemacht hatte. Ich würde ihm nicht das Recht absprechen, das Haus so zu führen, wie er es für angebracht hielt, aber ich war nicht bereit, ihm den Treueeid zu leisten, sodass er Autorität über mich bekam. Nicht, ohne mehr zu wissen. Nicht ohne die Gewissheit, dass er selbst keinen Anteil an dem Plan gehabt hatte, mich an den Meistbietenden zu verschachern. Meine Wut tröstete mich ein bisschen, denn sie war wenigstens keine Trauer.
Sieben Nächte lang schlief Mallory auf dem Fußboden meines Zimmers und wollte mich nicht allein lassen. Ich war mit Mühe in der Lage, ihre Anwesenheit zur Kenntnis zu nehmen, zu mehr hatte ich keine Kraft. Aber in der achten Nacht hatte sie offensichtlich die Nase voll.
Als die Sonne hinter dem Horizont verschwunden war, schaltete sie das Licht an und riss mir die Decke weg.
Ich setzte mich auf und blinzelte im hellen Licht. »Was soll das?«
»Du hattest jetzt eine Woche. Es ist an der Zeit, zu deinem Leben zurückzukehren.«
Ich legte mich wieder hin und starrte die Wand an. »Ich bin noch nicht so weit.«
Das Bett senkte sich neben mir, und sie legte mir eine Hand auf die Schulter. »Doch, du bist so weit. Du trauerst um ihn, und du bist wütend, aber du bist einsatzfähig. Lindsey hat mir gesagt, dass dem Haus eine Wache fehlt, seit Luc zur Nummer Eins ernannt wurde. Du solltest da unten sein und ihnen helfen.«
»Ich bin noch nicht so weit«, protestierte ich und ignorierte ihre Argumente. »Und ich bin nicht wütend.«
Sie sah mich ungläubig an. »Nicht? Das solltest du aber. Du solltest stinksauer sein, dass Ethan mit deinem Vater unter einer Decke gesteckt hat.«
»Das kannst du nicht wissen.« Diese Worte sagte ich aus Gewohnheit. Mittlerweile hatten mich meine Trauer und meine Wut so sehr erschöpft, dass es mir egal war. Ich fühlte mich wie betäubt.
»Du etwa? Du warst ein Mensch, Merit. Und du hast dieses Leben – wofür aufgegeben? Damit irgendein hergelaufener Vampir sich noch mehr Kohle in die Tasche stecken konnte?«
Ich sah auf, als sie vom Bett aufstand und die Arme hob. »Sieht es hier vielleicht so aus, als hätte er das Geld dringend gebraucht?«
»Hör au f !«
»Nein. Hör du auf, den Kerl zu betrauern, der dir deine Menschlichkeit genommen hat. Der mit deinem Vater gekungelt hat – deinem Vater , Merit – , um dich zu töten und nach seinen Vorstellungen wiederauferstehen zu lassen.«
Zorn begann unter meiner Haut zu kribbeln und weckte meine Lebensgeister, Wut auf Mallory. Ich wusste, was sie tat – sie versuchte mich ins Leben zurückzuholen – , aber das machte mich trotzdem nicht glücklich.
»Das hat er nicht getan.«
»Wenn du das glauben würdest, dann wärst du da draußen und würdest dich nicht in dieser muffigen Bude verstecken und apathisch rumliegen. Wenn du glauben könntest, dass er unschuldig ist, dann würdest du wie jede normale Person mit den anderen Bewohnern des Hauses gemeinsam trauern, statt dich in diesem Zimmer
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