Chicagoland Vampires: Drei Bisse frei (German Edition)
Hauses gefährden könnte. Ich fühlte mich zu ihm hingezogen, das war mir selbst nur zu klar, aber das hieß noch lange nicht, dass ich blindlings denselben Fehler wiederholen würde. Ich blieb misstrauisch und vorsichtig.
»Hüterin«, sagte er. Diesen Titel hatte er mir verliehen, eine Art Wächterin des Hauses. »Sie verhalten sich heute überraschend ruhig.«
»Das ist wahr«, stimmte ich ihm zu. Wir hatten einige Tage lang laute Gesänge ertragen müssen, einschließlich der üblichen Schilder und Bongotrommeln, bis den Demonstranten wohl klar wurde, dass wir den Krach tagsüber gar nicht wahrnahmen und die Anwohner von Hyde Park ihren Krach des Nachts nur begrenzt tolerierten.
Eins zu null für Hyde Park.
»Eine nette Abwechslung. Wie sieht es bei uns aus?«
»Wir machen Fortschritte«, sagte ich und wischte einen fehlgeleiteten Tropfen des Beizmittels ab. »Aber ich werde sehr froh sein, wenn wir das hinter uns haben. Ich glaube, Baustellen sind einfach nicht meine Art der Selbstverwirklichung.«
»Ich werde mir das für zukünftige Projekte merken.« Belustigung schwang in seiner Stimme mit. Ich atmete einmal tief durch, um meine Selbstbeherrschung zu stählen, dann drehte ich mich zu ihm um. Ethan trug heute Jeans und ein farbverschmiertes T-Shirt, die schulterlangen goldenen Haare hatte er nach hinten gebunden. Er war vielleicht leger gekleidet, aber das änderte nichts an der Aura aus Macht und Selbstvertrauen, die ihn zu einem Fürsten unter den Vampiren machte.
Die Hände in die Hüften gestemmt, inspizierte er seine Leute. Männer und Frauen arbeiteten auf dem Rasen an Tischen und Sägeböcken. Sein Blick wanderte von Arbeiter zu Arbeiter, um einen Eindruck von ihren Fortschritten zu gewinnen. Seine smaragdgrünen Augen strahlten Ruhe aus, aber die verspannten Schultern ließen erahnen, dass er sich der ständigen Gefahr vor dem Tor bewusst war.
Während Ethan seine vampirischen Brüder und Schwestern kritisch betrachtete, sah er in Jeans und Sportschuhen trotzdem großartig aus.
»Wie läuft es drinnen?«, fragte ich.
»Es geht voran, wenn auch langsam. Es würde schneller gehen, wenn wir menschliche Bauarbeiter anstellen dürften.«
»Wenn es keine Menschen im Haus gibt, gibt es auch keine Sabotage durch Menschen.«
»Außerdem senkt das die Wahrscheinlichkeit, dass einer der Trockenbauer zum Gute-Nacht-Häppchen wird«, bemerkte er. Aber als er mich wieder anblickte, war die Sorgenfalte auf seiner Stirn nicht zu übersehen.
»Was ist los?«, fragte ich ihn.
Ethans Antwort war seine Spezialität: eine hochgezogene Augenbraue.
»Ich meine natürlich, abgesehen von den Demonstranten und der Tatsache, dass wir ständig in Gefahr schweben«, ergänzte ich.
»Tate hat angerufen. Er hat ein Treffen mit uns beiden verlangt.«
Diesmal hob ich eine Augenbraue. Seth Tate, Chicagos Bürgermeister in zweiter Amtszeit, vermied in der Regel den Kontakt mit den drei Meistervampiren der Stadt, so gut es nur ging.
»Weswegen will er sich mit uns treffen?«
»Ich nehme an, deswegen«, sagte er und deutete auf die Demonstranten.
»Glaubst du, er will mich dabeihaben, weil er und mein Vater Freunde sind, oder weil mein Großvater für ihn arbeitet?«
»Beides ist möglich, aber es kann natürlich auch daran liegen, dass der Bürgermeister bis über beide Ohren in dich verknallt ist.«
Ich verdrehte die Augen, konnte aber nicht verhindern, dass sich meine Wangen röteten. »Er ist nicht in mich verknallt. Er liebt es nur, wiedergewählt zu werden.«
»Er ist verknallt, und das kann ich nur zu gut verstehen. Und dabei hat er dich noch nicht mal kämpfen sehen.« Ethans Tonfall war freundlich. Hoffnungsvoll.
Schwer zu ignorieren.
Er war in den letzten Wochen sehr aufmerksam und charmant gewesen.
Nicht, dass er nicht zwischendurch bissige Kommentare abgeben konnte; er war immer noch Ethan, immer noch ein Meistervampir mit einem Haus voller Novizen, die ihn nicht immer erfreuten. Und als wäre das nicht mühsam genug, näherten wir uns langsam dem Ende einer monatelangen Renovierungsaktion. Solche Baumaßnahmen brauchten in Chicago immer ihre Zeit, und da es sich bei dem Gebäude um eine dreistöckige Vampirbehausung handelte, dauerte alles noch viel länger. Das Haus war sicherlich ein architektonisches Juwel, aber nichtsdestotrotz galt es doch als Behausung lichtscheuen Blutsaugergesindels (und so weiter, bla, bla), und unsere menschlichen Lieferanten ließen es zuweilen an Hilfsbereitschaft
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