Chicagoland Vampires: Drei Bisse frei (German Edition)
Schlimmer könnte es für uns ja nicht werden.«
»Das könnte sein«, räumte er ein.
Ich zwang mich, nach vorne zu sehen und die Gesichter neben meinem Fenster zu ignorieren. Ich wünschte mir, ich könnte mich unsichtbar machen oder hinter der Lederpolsterung verschwinden, um dem Geschrei der Menschen zu entgehen und ihrem Hass nicht mehr zuhören zu müssen. Es schmerzte mich mehr, als ich es mir hätte vorstellen können, von Menschen umgeben zu sein, die mich gar nicht kannten und trotzdem unbedingt wollten, dass ich verschwand und nicht länger ihre Nachbarschaft verunzierte.
»Es wird mit der Zeit leichter zu ertragen«, sagte Ethan.
»Ich will nicht, dass es leichter zu ertragen wird. Ich möchte als das akzeptiert werden, was ich bin.«
»Bedauerlicherweise weiß nicht jeder deine besonderen Eigenschaften zu schätzen, aber einige von uns tun das.«
Wir kamen an einer Familie vorbei – Vater, Mutter und zwei kleine Söhne. Sie hielten ein handbemaltes Schild hoch, auf dem HYDE PARK HASST VAMPIRE stand.
»Dafür habe ich allerdings wenig Verständnis«, knurrte Ethan. »Kinder sollten so lange von dieser Debatte ausgeschlossen sein, bis sie sich eine eigene Meinung über Vampire bilden können. Sie sollten definitiv nicht unter den Vorurteilen ihrer Eltern leiden müssen.«
Ich nickte zustimmend, verschränkte die Arme vor der Brust und machte mich so klein, wie es nur ging.
Nach etwa dreißig Metern dünnte sich die Menschenmenge aus. Das Verlangen, uns zu beschimpfen, schien proportional zur Entfernung zum Haus abzunehmen. Wir fuhren in nordöstlicher Richtung nach Creeley Creek, was in Chicagos historischem Viertel Prairie Avenue lag. Ich fühlte mich furchtbar.
Ich sah zu Ethan hinüber. »Haben wir mal über eine Kampagne oder sonst eine Möglichkeit nachgedacht, wie wir dem Hass entgegenwirken können? Eine öffentliche Ankündigung, ein Tag der offenen Tür? Irgendetwas, womit wir ihnen zeigen können, dass wir nicht ihr Feind sind?«
Er schmunzelte. »Höre ich da die Vorsitzende des Party-Ausschusses heraus?«
Da ich Ethan unerlaubt zum Kampf herausgefordert hatte, hatte er mir zur Strafe diesen Posten aufgebrummt – auch wenn ich zu dem Zeitpunkt unter einer Art Persönlichkeitsstörung gelitten hatte. Er betrachtete das als die angemessene Bestrafung für ein Mädel, das deutlich mehr Zeit auf seinem Zimmer verbrachte als mit anderen Vampiren. Ich musste zugeben, dass ich eine Leseratte war – immerhin hatte ich vor meiner Wandlung englischsprachige Literatur studiert – , aber ich hatte durchaus schon ein paar Vorstöße gemacht. Allerdings hatte der Formwandlerangriff natürlich auch meine Pläne für ein gemeinsames Barbecue, bei dem sich die Mitglieder der Häuser besser kennenlernen könnten, zunichtegemacht.
»Ich bin nur eine Novizin, die ihre Nächte unbeschadet überstehen möchte – und möglichst ohne all diesen Hass. Ernsthaft, wir sollten darüber nachdenken.«
»Julia kümmert sich bereits darum.«
»Julia?«
»Sie ist die Leiterin unserer Presse- und Öffentlichkeitsabteilung.«
Aha. Ich wusste nicht mal, dass wir so etwas hatten.
»Vielleicht sollten wir eine Art Lotterie abhalten, bei der ein Platz unter den Initianten des nächsten Jahrs verlost wird«, schlug ich vor. »Vielleicht kriegen wir die Menschen ja dazu, sich als Vampir Cadogans zu bewerben?«
»I’ve got a golden ticket« , fing Ethan zu singen an und kicherte dann.
»Ja, auch ich musste an Willy Wonka denken. Allerdings ergibt sich dadurch natürlich die Möglichkeit, dass sich ein Saboteur ins Haus einschleicht.«
»Und ich glaube, dass wir in letzter Zeit reichlich genug Sabotage erlebt haben.«
Ich nickte, denn das Haus hatte zwei Vampire aus seinen Reihen verloren – Verräter. »Da stimme ich dir voll und ganz zu.«
Ich hätte rasch auf Holz klopfen sollen, um uns gegen den Fluch zu schützen, den ich mit der Erwähnung von Sabotage auf uns herabbeschwor … denn auf einmal sah es so aus, als hätten die Demonstranten noch weitere Manöver angeleiert.
Das Licht unserer Scheinwerfer wurde plötzlich von zwei Geländewagen reflektiert, die vor uns quer auf der Straße standen. Sechs kräftige Männer warteten davor, alle in schwarzen T-Shirts und Cargohosen.
»Halt dich fest!«, schrie Ethan und riss das Lenkrad herum. Der Sportwagen brach nach rechts aus, die Reifen quietschten, und wir drehten uns einmal im Uhrzeigersinn, ehe wir wieder im rechten Winkel zu den Geländewagen zum
Weitere Kostenlose Bücher