Chicagoland Vampires
der Grund, warum man sich einen Schutzgeist aussucht, der über viel Macht verfügt – damit man ihn dafür benutzt, die eigene zu vergrößern.«
»Hören Sie«, sagte Paige, »ich möchte auf keinen Fall unhöflich sein, und ich möchte auch nicht das Chaos herunterspielen, dem Chicago ausgesetzt war. Aber ich bin eine magische Realistin, und ich bevorzuge niemanden. Das Universum zu kontrollieren hat nichts mit hübschen Lichtern und Farben zu tun oder damit, den Zorn der Menschen auf sich zu ziehen. Es geht darum, das Universum zu kontrollieren . Und wenn wir streng nach Lehrbuch gehen, dann ist ihre bisherige Leistung kaum der Rede wert.«
»Irgendeine Idee, welchen Zauberspruch sie beim nächsten Mal einsetzen könnte?«, fragte Ethan.
Paige schüttelte den Kopf. »Das weiß ich wirklich nicht. Ich habe das Maleficium tatsächlich niemals gelesen. Nicht, weil ich nicht neugierig wäre, aber es gehört zum Eid, den ich leisten musste, um hier dienen zu dürfen. Wer nicht kostet, gerät auch nicht in Versuchung.«
»Eine sehr vernünftige Herangehensweise«, sagte Ethan ausdruckslos. »Schade, dass niemand Mallory darüber informiert hat.«
»Könnte sie es mit einem weiteren Schutzgeist-Zauberspruch versuchen?«, fragte Paige.
Ethan schüttelte den Kopf. »Das erscheint mir unwahrscheinlich. Die einzige andere Asche eines Vampirs in Chicago war die von Celina. Es genügt wohl zu sagen, dass sie sich nicht mehr in Chicago befindet.«
Paige nickte. »Sie könnte es natürlich immer wieder mit dem Schutzgeist versuchen, mit etwas – oder jemand – anderem. Abgesehen davon gibt es Millionen Zaubersprüche auf der Welt, die allesamt irgendwo auf der Skala zwischen Gut und Böse einzuordnen sind. Sie könnte sich irgendeinen beliebigen Spruch aussuchen, der mehr in Richtung Böse geht.«
»Wo wir schon vom Bösen sprechen«, sagte Ethan, »Mallory ist nicht die Einzige, die es auf das Maleficium abgesehen hat.«
Ethan berichtete Paige von unserem kurzen, aber unerfreulichen Aufeinandertreffen mit Tate und von seinem Ziel, das Böse in der Welt freizusetzen. Als er damit fertig war, hatte Paige ihre Teetasse abgesetzt, sich auf ihrem Sofa zurückgelehnt und die Arme verschränkt. Sie starrte Ethan an.
»Und was für ein Wesen ist Tate nun genau?«
»Wir hatten eigentlich gehofft, dass Sie das wissen könnten«, sagte ich.
Sie stand mit einem Stirnrunzeln vom Sofa auf, ging in den Flur mit den Büchern und überflog die Buchrücken. »Bedauerlicherweise gibt es da sehr viele Möglichkeiten, und wir verfügen nicht über ausreichende Informationen, um eine vernünftige Diagnose zu stellen. Halbgott? Dschinn? Fee?« Sie zog ein Buch heraus, blätterte kurz in ihm und stellte es dann wieder an seinen Platz zurück. »Vielleicht ein Inkubus?«
»Zu den anderen Möglichkeiten kann ich nichts sagen«, merkte ich an, »aber er gehört nicht zu den Feen.«
»Wir arbeiten mit ihnen zusammen«, erklärte Ethan, da Söldnerfeen für uns Haus Cadogan bewachten. Aber das hatte ich nicht gemeint.
»Ich habe Claudia, ihre Königin, kennengelernt.«
Paiges Augen wurden groß. »Sie haben die Feenkönigin getroffen?«
Ich nickte und dachte an die groß gewachsene, kurvenreiche Frau mit ihren rotblonden Haaren. »Als Ethan bedauerlicherweise noch tot war. Wir wollten herausfinden, warum sich der Himmel rot verfärbte. Sie sind als die Herrscher des Himmels bekannt, also haben wir sie aufgesucht. Sie haben uns einige unbedeutende Informationen gegeben, ich habe beinahe einen von ihnen gebissen, blablabla. Immerhin haben wir herausgefunden, dass sie mit der farblichen Veränderung nichts zu tun hatten.«
»Man kann nicht einfach so eine Fee beißen«, sagte Paige.
»Das geht schon, wenn die Feenkönigin Feenblut vergießt und damit den Vampir in dir weckt. Kleiner Hinweis für die Zukunft: Feenblut wirkt äußerst anziehend auf Vampire.«
»Ist notiert«, sagte sie, zog ein weiteres Buch heraus und nahm es zum Sofa mit.
»Wo wir gerade über Tate sprechen« sagte ich, »ich glaube … dass er sich verändert hat.«
»Was meinen Sie damit?«, fragte Paige.
»Er ist nicht mehr derselbe. Jahrelang hat er sich für Armutsbekämpfungsmaßnahmen eingesetzt und als ›Politiker für ein neues Chicago‹ positioniert, und auf einmal versorgt er Vampire mit Drogen?« Ich schüttelte den Kopf. »Das finde ich merkwürdig.«
»Er ist ein Schauspieler«, betonte Ethan. »Und ein Zauberer noch dazu. All das war nur
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