Chicagoland Vampires
für die Jahreszeit, denn die Kälte war gerade kühl genug, um erfrischend zu sein. Im späten November konnte es sonst häufig passieren, dass einem die Zehen abfroren. Paige führte uns um das Bauernhaus herum auf das dahinterliegende Feld. Das Gras war kurz gemäht und vergilbt. Der Mond stand blendend hell hoch am Himmel.
»Also, Paige«, sagte ich, »wenn Sie die Einzige hier draußen sind, wie behalten Sie da den Überblick?«
»Ich habe Freunde. Hier draußen in der Prärie gibt es vielleicht keine weiteren Hexenmeister, aber das heißt nicht, dass es keine anderen Übernatürlichen gibt. Ich verfüge außerdem über zahlreiche Zaubertränke. Haben Sie schon mal etwas von Schlaftee gehört? Ich habe das Gegenteil erfunden – ein magisches Stärkungsmittel, das ich Muntermachertee nenne. Er verleiht mir die Energie, mit der ich alles im Auge behalte.«
»Haben Sie das gestern getrunken?«
»Nein, das war tatsächlich Schlaftee. Ich habe mir den Tag freigenommen, da Sie nun auch hier sind. Es fühlte sich gut an, dass außer mir noch jemand im Haus war, selbst wenn Sie ohnmächtig waren. Ich habe erstmals seit Tagen geschlafen.«
Ich war beeindruckt, wie gut sie nach so wenig Schlaf aussah. Ich hätte wie ein Pestopfer nach einem Friseurunfall ausgesehen. »Sie sehen großartig aus.«
»Nicht alle können Vampire mit zeitloser Haut sein. Wir tun, was wir können. Manchmal auch mit Zauberkraft.«
Paige führte uns einen festgetretenen Pfad entlang, über eine kleine Weide und durch eine Lücke in einem Holzbretterzaun. Das anschließende Feld war frisch gepflügt, und es waren nur noch die Überreste gelblicher Maisstängel zu sehen.
»Sie bauen hier Mais an?«, fragte Ethan.
»Um den Schein zu wahren«, sagte Paige. »Dort ist der Eingang zum Silo.« Mitten in dem Feld, das etwa dreihundert Quadratmeter groß sein musste, erhob sich ein kleiner Betonwürfel. »Die Raketenschachttüren befinden sich unter der Erde.«
»Der Orden hat sich eindeutig für einen schwer zugänglichen Standort entschieden«, sagte Ethan.
»Ursprünglich haben die Streitkräfte diese Entscheidung getroffen. Wir sind genau in der Landesmitte«, sagte Paige. »Hier war die ideale Lage für die Raketenabwehr, wenn man das Land vor dem Feind optimal schützen wollte.«
Der gefrorene Boden knirschte unter unseren Füßen, als wir uns dem Siloeingang näherten. Es schien sich um nicht viel mehr als einen Betonwürfel mit einer Sicherheitstür zu handeln. Paige schloss sie auf und öffnete sie. Dahinter war eine kleine Metallplattform zu erkennen.
»Rauf mit Ihnen«, sagte Paige. Als sie ihre Mütze auszog, kam ihr roter Lockenschopf zum Vorschein. »Der Bunker liegt in etwa zehn Meter Tiefe. Die Plattform befindet sich auf einer Scherenhebebühne, die uns nach unten bringt.«
Die »Plattform« bestand aus einer Metallplatte, durch die man nach unten sehen konnte und die von einem schmalen Geländer umgeben war – unter uns war nur Dunkelheit zu erkennen.
Paige trat neben mich und Ethan drückte auf den roten Knopf eines riesigen Metallkastens, der an dem Geländer hing. Langsam und unter ohrenbetäubendem metallischen Kreischen fuhren wir nach unten.
Mir gefielen dunkle, enge Räume gar nicht. Ich merkte, wie meine Klaustrophobie allmählich Besitz von mir ergriff. Das schwache Licht unter uns änderte nichts am Eindruck, dem Untergang geweiht zu sein.
Nach wenigen Sekunden erreichten wir die untere Ebene. Die Plattform blieb mit einem Ruck stehen und gab den Blick auf einen langen Betonflur frei.
»Untergeschoss«, sagte Paige, »Damenabteilung einschließlich Strumpfwaren.«
Wir folgten ihr von der Plattform in den Flur. Kälte und Stille empfingen uns sowie das stetige Brummen unsichtbarer Maschinen. Die Luft war warm und roch muffig, als ob seit der Erbauung des Silos ständig dieselbe Luft wiederaufbereitet würde. Die Wände waren in den typisch glänzenden, blassen Krankenhausfarben gestrichen und wurden hin und wieder durch weitere Sicherheitstüren unterbrochen.
Paige deutete auf unserem Weg den Flur entlang auf die einzelnen Türen. »Das sind alles Unterkünfte. Als das Silo noch in Betrieb war, war es das ganze Jahr über besetzt, und das von mindestens zwei Männern – und damals waren es auf jeden Fall Männer.«
»Möge Gott uns davor bewahren, dass eine Frau PMS-bedingt eine Rakete abfeuert«, ätzte ich.
»Richtig«, stimmte mir Paige trocken zu. »Wir sind zwar stark genug, um Kinder zu bekommen,
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